Die Verbesserung des Mostes (und damit des späteren Weins) durch Abscheidung von Wasser gehört zu den neuen önologischen Verfahren, die seit 1990 in großem Stil Einzug in die Keller insbesondere europäischer Weingüter gehalten haben. Das Prinzip der Mostkonzentration basiert auf einer einfachen Überlegung. Da der Wein zu etwa 80 Prozent aus Wasser besteht, genügt es, ihm einen Teil des Wassers zu entziehen, um automatisch eine höhere Konzentration der restlichen Inhaltsstoffe zu erhalten (wie sie in guten Jahren die Natur bewerkstelligt): v. a. des Zuckers, aber auch der Säuren sowie der Mineral- und der Gerbstoffe. Die Konzentration des Zuckers führt zu höheren Mostgewichten. Dadurch kann eine eventuelle Aufzuckerung des Mostes (Chaptalisation) vermieden werden. Durch die Konzentration der anderen Inhaltsstoffe kann der Wein, insbesondere der Rotwein, eine größere Dichte und damit eine höhere Qualität erhalten. Da dem Most kein weinfremder Stoff hinzugefügt, sondern nur Wasser entzogen wird, konnten weingesetzliche Bedenken gegen den Einsatz von mostkonzentrierenden Verfahren, die anfangs auftraten, schnell beseitigt werden. Heute gibt es drei technische Verfahren zur Mostkonzentration: die Umkehrosmose, die Vakuumverdampfung und die Cryo-Extraktion. Alle Verfahren erfordern einen hohen technischen Aufwand und sind teuer. Aber sie führen, richtig angewendet, zu positiven Ergebnissen. Deshalb wenden sie Spitzenerzeuger ebenso wie Großkellereien an, v. a. in solchen Anbaugebieten, in denen es aufgrund der klimatischen Verhältnisse in der Lesezeit häufig zu Niederschlägen und damit zu Qualitätseinbußen des Leseguts kommt. In Deutschland wurde die Befürchtung laut, dass mit Konzentrationsmaschinen beliebig Prädikatsweine hergestellt werden könnten und dass das deutsche Prädikatssystem auf diese Weise ausgehebelt werden könnte. In anderen Ländern basieren die Vorbehalte eher auf Wein-ethischen Bedenken, z. B. ob die Mostkonzentration der Einstieg in die industrielle Weinproduktion ist. Vielen dieser Bedenken liegt allerdings die falsche Vorstellung zugrunde, durch Mostkonzentration könne aus einem minderwertigen Most ein guter Wein werden. Ein minderwertiger Most wird dadurch noch minderwertiger, weil unreife Säure oder grüne Tannine noch deutlicher zutage treten als vorher. Positive Effekte treten nur dann auf, wenn der Ausgangsmost schon von hoher Qualität ist, aber durch klimatische Unbilden verwässert wurde, etwa durch plötzliche Niederschläge vor der Hauptlese. Damit sind die Einsatzmöglichkeiten für die Mostkonzentration naturgemäß begrenzt. In den Anbaugebieten auf der südlichen Erdhalbkugel, in denen es aufgrund des warmen, trockenen Klimas ein geringeres Wetterrisiko gibt, wird die Mostkonzentration praktisch nicht angewendet.
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