Maischegärung

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    Methode bei der Rotweinbereitung. Saft und Schalen (samt Kernen) werden gemeinsam vergoren. Dabei werden die in den Schalen enthaltenen Farbstoffe, Tannine und andere phenolische Bestandteile extrahiert und gehen in den Rotwein über. Die Farbstoffe sind wasserlöslich und färben die Maische relativ schnell rot. Tannin wird hingegen erst mit dem entstehenden Alkohol aus der Schale bzw. aus den Kernen gelöst. Je nach Traubensorte, Jahrgang und Vorstellung des Kellermeisters kann die Maischegärung zwei Tage bis vier Wochen dauern. Sie findet meist in oben offenen Holzgärbottichen oder Edelstahltanks statt (offene Maischegärung). Das bei der Gärung entstehende Kohlendioxid kann so nach oben entweichen. Mit dem aufsteigenden Kohlendioxid werden die festen Traubenbestandteile an die Oberfläche gespült. Mehrmals täglich werden sie entweder in den Most hinuntergedrückt (Stoßen des Tresterhuts), oder dem Gärgefäß wird unten Wein entzogen, der oben wieder in das Gefäß zurückgepumpt wird. Dieses Umwälzen der Maische (in Frankreich remontage, in Italien rimontaggio, in den englischsprachigen Ländern pumping over genannt) führt dazu, dass die Schalen sich nicht zu einem Tresterhut verdichten, sondern wieder unter die Flüssigkeit gedrückt werden. Die Schalen müssen nämlich stets gut umspült sein, damit die Extraktion optimal vonstatten geht. Das Umwälzen der Maische ist eine der wichtigsten Operationen während der Maischegärung. Insbesondere in den ersten Tagen muss die Maische mehrmals am Tag gewendet werden. Die ersten Tannine, die in den Wein übergehen, sind die weichsten und feinsten im Wein. Später reicht ein einmaliges Umpumpen pro Tag aus. Wenn die Schalen ausgelaugt sind, wird der Wein gar nicht mehr umgewälzt, damit nicht hartes, unerwünschtes Tannin aus Stielresten und Kernen in den Wein gelangt. In kleinen Jahren, in denen die Schalen wenig phenolische Substanzen enthalten, wird die Maische weniger oft übergepumpt, in guten Jahren öfter. Die Häufigkeit des Umwälzens variiert auch von Rebsorte zu Rebsorte. Farbintensive Sorten wie Syrah und Cabernet Sauvignon müssen öfter bewegt werden als farbschwache. Neben der Dauer der Maischegärung hat insbesondere auch die Gärtemperatur Einfluss auf den späteren Tanningehalt des Weins. Viele moderne Önologen plädieren bei tanninhaltigen Maischen für eine kurze Fermentationsdauer (nur wenige Tage, im Extremfall sogar nur 36 Stunden). Die Fermentation muss dann aber bei hohen Temperaturen stattfinden: über 30 °C, manchmal sogar bis 35 °C. In dieser kurzen Zeit werden nur die leicht löslichen, weichsten Tannine extrahiert. Danach wird der angegorene Wein von den Schalen gezogen und kann in einem anderen Fass ohne Schalen langsam zu Ende fermentieren. Viele Rotweine aus dem Burgund werden so vinifiziert, die neue Generation der italienischen Barolo ebenfalls. Die Länge der Maischegärung besagt also nichts über die Tanninstärke des jeweiligen Weins.

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    Jens Priewe
    Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.