Großes Gewächs

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    In Deutschland durch die Prädikatsweingüter (VDP) neu eingeführte Bezeichnung für einen Wein der höchsten Qualitätsstufe. Er kommt aus dem (parzellengenau festgelegten) Herzstück einer Klassifizierten Lage und erfüllt strenge Qualitätsanforderungen. Dazu gehört, dass er mindestens Spätlese-Qualität besitzt und aus den Leitsorten des jeweiligen Anbaugebiets erzeugt ist: in allen Anbaugebieten Riesling, aber auch Silvaner (Franken), Weißer Burgunder (Baden, Franken, Pfalz, Saale-Unstrut), Grauburgunder (Baden) sowie Spätburgunder (Baden, Franken, Pfalz, Rheinhessen). Im Rheingau sind ebenfalls Riesling und Spätburgunder zugelassen, doch heißen die Spitzenweine dort Erstes Gewächs. Außerdem dürfen die Erntemengen 50 Hektoliter pro Hektar nicht überschreiten. Handlese ist ebenso vorgeschrieben wie die traditionellen Produktionsverfahren. Neue önologische Methoden sind ausgeschlossen. Ein Großes Gewächs darf nicht vor dem 1. September des auf die Lese folgenden Jahres vermarktet werden und ist in zwei Geschmacksrichtungen zulässig: »geschmacklich trocken« (im Zweifelsfall gilt die Formel »Säure plus 3«) und edelsüß. Die Bezeichnung Großes Gewächs hat noch keinen rechtlichen Status, d. h., sie darf noch nicht auf dem Hauptetikett genannt werden. Sie gilt vorerst nur für die im VDP organisierten Weinerzeuger in den genannten Gebieten (Ausnahme Rheingau: Dort war schon im Jahre 1999 die Bezeichnung Erstes Gewächs gesetzlich festgeschrieben worden). Ahr, Hessische Bergstraße, Mosel-Saar-Ruwer und Sachsen sind dem Großen Gewächs noch nicht beigetreten. Insbesondere an der Mosel wird über einen Beitritt kontrovers diskutiert. Die Erzeuger restsüßer Spätlesen fühlen sich durch die neue Regelung nicht gut repräsentiert und haben Zweifel, ob sich die trockene Geschmacksrichtung an der Mosel dauerhaft durchsetzen wird. Die Erzeuger trockener Spätlesen wünschen sich dagegen eine bessere Herausstellung eben dieser Geschmacksrichtung.

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    Jens Priewe
    Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.