Website-Icon Weinkenner.de

Weinkrise in Griechenland: Santorins Winzer spüren den Druck

Die neueste Rabattaktion der griechischen Supermarktkette AB Vassilopoulos hat mich schockiert. Seit vergangener Woche bietet sie zwei Weißweine von der Insel Santorin im Sonderangebot an. Beide sind aus der Sorte Assyrtiko gekeltert. Sie ist eine der feinsten griechischen Rebsorten. Auf der Insel Santorin werden aus ihr unter schwierigen Bedingungen und in mühsamer Handarbeit erstklassige Weine produziert, die das besondere Terroir der Insel eindrucksvoll widerspiegeln. Diese Weine gehören zu den besten Weißweinen Griechenlands, vielleicht sogar Europas.

Der erste Wein ist einfach als „Assyrtiko Santorini“ etikettiert. Er kommt von Greek Wine Cellars, einem der mächtigsten Produzenten des Landes und dem größten Abfüller griechischer Rebensäfte. Dieser Wein wird derzeit mit 40 Prozent Rabatt für 4,30 € inklusive Mehrwertsteuer angeboten.

Die Verbraucher mögen sich über ein solches Schnäppchen freuen. Denn der Wein ist, obwohl er nicht zu den besten Assyrtikos gehört, typisch für die Rebsorte und das Anbaugebiet und mit Sicherheit von wesentlich besserer Qualität, als der Preis suggeriert.

Doch der Schaden, den eine derartige Dumpingpreis-Kampagne anrichtet, ist enorm. Die hohen Kosten machen es den Weinbauern von Santorin unmöglich, ihre Rebflächen zu bestellen, wenn der Wein zu einem derart niedrigen Preis angeboten wird. Auch andere Kellereien können mit dem Weinriesen Greek Wine Cellars nicht mithalten.

Was mich aber noch stärker beunruhigt als das Verschleudern guter Weine im Inland ist die Informationen, dass derselbe Assyrtiko offenbar auch in den USA zu einem ähnlichen Dumpingpreis auf den Markt kommen soll. Zu einer Zeit, in der griechische Weine endlich beginnen, international anerkannt zu werden, würde diese Politik alle Erfolge der Vergangenheit zunichtemachen. Mit Dumpingpreisen ist die griechische Weinwirtschaft noch nie in der Lage gewesen, ihre Exporte anzukurbeln. Im Gegenteil: Niedrige Preise haben das Image des griechischen Weins eher nach unten gezogen.

Momentan gibt Griechenland viel Geld aus, um das Image der griechischen Weine im Ausland zu verbessern. Ganze Berater-Stäbe werden engagiert, Weinjournalisten und Blogger ins Land geflogen, große Degustationen organisiert. Doch all diese Anstrengungen sind nutzlos, wenn der Assyrtiko von der Insel Santorin, eine der Perlen griechischer Weinkultur, von den Discountern zu Dumpingpreisen auf den Markt geworfen wird.

Der zweite preislich herabgesetzte Weißwein aus der Assyrtiko-Traube ist der Thalassitis vom renommierten Weingut Gaia. Dieser Wein, der in der letzten Ausgabe von Robert Parker’s Wine Advocate 91 Punkte erhalten hat, wird derzeit mit 15% Rabatt für 9,99 € angeboten, Mehrwertsteuer inklusive. Er ist einer der besten Assyrtikos überhaupt.

Ist dieses Sonderangebot etwa der Vorbote für einen neuen Preiskrieg? Ich weiß, dass Gaia hart daran arbeitet, in den Exportmärkten empfohlene Minimumpreise durchzusetzen. Die Tatsache, dass seine eigenen Weine in Griechenland mit Preisnachlässen angeboten werden, machte diese Bemühungen zunichte.

Sicher, die anhaltende Finanzkrise in Griechenland fordert ihren Tribut. Das verfügbare Einkommen der Verbraucher schmilzt zusammen. Besonders die Weingüter durchleben harte Zeiten. Der Cashflow ist zum kompletten Stillstand gekommen. Ich schätze, dass die Verkaufszahlen in den letzten Monaten zwischen 30 und 50 Prozent zurückgegangen sind. Die Exportmärkte verharren zwar noch auf stabilem Niveau. Doch in Anbetracht der Tatsache, dass rund 90 Prozent des Weins im eigenen Land verkauft wird, bietet das wenig Trost.

Markus Stolz ist ein Experte für griechische Weine und verantwortlich für das Internetportal www.elloinos.com. Es ist eine der zuverlässigsten Informationsquellen über griechische Weine.

Die mobile Version verlassen