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Weingut Manincor: gesunde Reben, überzeugende Weine

Schon in vorrömischer Zeit wurde oberhalb des Kalterer Sees Wein angebaut. Auf 300 Jahre Geschichte kann das mit 50 Hektar Weinbergsfläche größte Weingut Südtirols zurückblicken. Das aktuelle Kapitel wurde im Jahr 1991 aufgeschlagen. Michael Graf Goëss-Enzenberg übernimmt Manincor („Hand aufs Herz“) von seinem Onkel, nachdem er Weinbau studiert und in Kalifornien praktiziert hatte. Er erweckt das Gut aus einem wahren Dornröschenschlaf – aber anders als im Märchen nicht mit einem Kuss, sondern mit viel Fleiß und Schweiß.

Fokus auf die Reben

In den ersten fünf Jahren konzentriert sich Graf Michael voll auf die Weinberge, setzt unter anderem Reben wie Tempranillo, Petit Verdot und Petit Manseng. 1996 keltert er seine Trauben erstmals selbst und das auf seine, in Südtirol bis dato nicht unbedingt übliche Weise. Die Moste vergären überwiegend „spontan“, also mit den weinbergseigenen Hefen und auch leichte Weißweine reifen eine bestimmte Zeit im Holzfass.

(©Alex Filz)

Zeit im Holz

„Die Zeit im Holz gibt dem Wein Struktur und Leben. Man muss das Holz aber sehr gezielt einsetzen“, erklärt der Graf. Von Anfang an setzt er auf Formate mit 300 bis 600 Liter Volumen und mehr und nicht auf Standard-Barriques mit 225 Litern. Spektakulär und unscheinbar zugleich ist der 2004 fertiggestellte Neubau des Kellers. 40000 Kubikmeter Schotter werden neben dem historischen Haupthaus ausgehoben, der neue Keller wieder bedeckt und mit Weinreben bepflanzt, sodass er kaum zu sehen ist. Hier unten werden die Weine nicht gepumpt, sonder ausschließlich schonend mit der natürlichen Schwerkraft bewegt.

Biodynamie

Ab dem Jahrgang 2006 arbeitet das Gut nach den Richtlinien der Biodynamie, die vom deutschen Anthroposophen Rudolf Steiner begründet wurde. Aus Pflanzenextrakten werden nun nach genauen Regeln Tees gerührt und fein dosiert im Weinberg versprüht: Brennnessel und Ackerschachtelhalm zur Belebung, Kamille zur Beruhigung der Reben. Präparate aus Bergkristall sollen Widerstandsfähigkeit der Reben und Photosynthese fördern, Hornmist den Boden beleben. Gedüngt wird, wenn überhaupt, nur mit Bio-Kompost aus Stallmist.

Ganzheitlicher Blick

Im Jahr 2008 kommt Helmuth Zozin als Gutsdirektor an Bord, zuvor 20 Jahre lang Kellermeister bei der Kellerei Kaltern. Bei Manincor hat er als Gutsdirektor alle Vorgänge in seinem ganzheitlichen Blick – vom Rebschnitt bis zur Flaschenfüllung. „Unsere Weine sollen mehr sein als gut, sie sollen Manincor als landwirtschaftliche Persönlichkeit schmeckbar machen“, erklärt er das Ziel seiner Arbeit. Und fährt fort: „Das gelingt vor allem, wenn die Rebe unsere ungeteilte Aufmerksamkeit und viel Zuwendung bekommt.“ Zozin schweift nicht in esoterische Sphären ab, wenn er seine Sicht der Natur, ihrer Gesetzen und Rhythmen darlegt. Letztlich sind es die Weine, die überzeugen müssen und es gelingt ihnen immer wieder aufs Neue.

Michael Graf Goess-Enzenberg und Gräfin Sophie mit vierbeinigen Mitarbeitern im Weinberg (© Alex Filz)

Verkostungsnotizen

2019 Moscato Giallo
Bei Manincor reift sogar der Goldmuskateller eine bestimmte Zeit im Holz. Das Ergebnis ist intensives, aber nicht lautes Bukett von Gewürzen und Zitrus und ein mineralisch frischer Abgang. Zu leichter Asiaküche und reifem (Hart-) Käse. 14,50 Euro.

2019 Réserve della Contessa
Klassische Terlaner Cuvée aus Weißburgunder, Chardonnay und Sauvignon blanc. Feiner Duft nach Früchten und Kräutern, am Gaumen harmonisch und belebend zugleich. Zu leichter Küche mit Fisch und hellem Fleisch. 15,70 Euro.

2018 Terlaner Sauvignon Tannenberg
Die Trauben aus einer Spitzenlage bei Terlan mazerierten vor der Pressung zwölf Stunden, was für besondere Tiefe und Struktur sorgt. Nach der Gärung im Holzfass mit weinbergseigenen Hefen reifte der Wein zehn Monate auf der Feinhefe. Der komplexe Duft (Zitrus, Steinobst) ist für die Rebsorte höflich verhalten und verbindet sich mit mineralischen Noten zu einem langen Nachhall. Zu Fisch und Meeresfrüchten. 23,90 Euro.

2019 La Rose de Manincor
Cuvée aus sieben roten Sorten von Lagen oberhalb des Kalterer Sees. Der Most wird nach 24 Stunden von der Maische abgezogen und vergärt im Holz. Ein saftiger, markanter und zugleich beschwingt-eleganter Wein. Zu sommerlicher Küche mit Pasta, Fisch und hellem Fleisch. 17,90 Euro.

2017 Réserve del Conte
Frucht, Würze, Frische, Finesse – diese Eigenschaften verbindet diese Vermählung von Lagrein, Merlot und Cabernet von besonders privilegierten Lagen in Seenähe. Zu beherzt gewürzter Pasta, gebratenem und gegrilltem Fleisch. 16,50 Euro.

2018 Blauburgunder Mason
Der Weinberg Mazzon liegt oberhalb des Weinguts am Fuß des Mendelkamms und wird zur Unterscheidung von den prominenten Blauburgunderlagen in Mazzon auf der anderen Seite des Etschtals Mason genannt. Die Höhe der Lage sowie die gute Durchlüftung der alten Rebstöcke sorgen für ein pikantes Frucht- und Säurespiel, Eleganz und Finesse. 29,50 Euro.

2018 Cassiano
Eigentlich eine klassische Merlot-Cabernet-Cuvée erhält der Cassiano durch kleinere Anteile von Tempranillo, Petit Verdot und Syrah noch mehr Komplexität. Frucht, Kräuterwürze und samtige Gerbstoffe verbinden sich zu einem einerseits aristokratischen Wein mit großem Reifepotenzial, der andererseits bereits zugänglich ist und schon jetzt großes Trinkvergnügen bietet. 29,50 Euro.

Bezug: www.manincor.com

Weinkenner-Leser erhalten bei Bestellungen im Manincor Onlineshop mit dem Gutschein Code WEINKENNER einen Rabatt von 5 Prozent.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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