Korkgeschmack ist der bekannteste Weinfehler. Doch es gibt viele andere Fehltöne, die den Genuss eines Weins beeinträchtigen können. Ursache sind fast immer Fehler bei der Weinherstellung oder bei der Weinlagerung. Manche Fehltöne lassen sich im Nachhinein mildern. Einige sind keine Fehler, sondern verschwinden von selbst.
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Für fehlerhafte Weine gibt es kein Pardon. Sie gehören in den Ausguss. Nicht einmal zum Kochen sind sie mehr geeignet. Das gilt insbesondere für Weine mit Korkschmecker. Sie machen den größten Teil der fehlerhaften Weine aus. Zwar gilt offiziell nur ein Prozent der Weine als korkkrank. Doch die Dunkelziffer liegt irgendwo zwischen drei und acht Prozent – Tendenz steigend, wie viele Weinhändler versichern. Andere Weinfehler treten dagegen eher seltener auf. Die Erkenntnisse der modernen Weinwissenschaft sind auch in den letzten Keller vorgedrungen und haben die Methoden der Weinerzeugung von Grund auf verändert. Die gezielte, schnelle Lese, die kurzfristige Anlieferung und Verarbeitung der Trauben, die Kontrolle der Gärtemperatur, die Verfügbarkeit von Reinzuchthefen, die größere Hygiene im Keller – all das hat das Auftreten von Essigstich, Milchsäureton, Mercaptanböcksern und Fasstönen stark reduziert. Die Kellermeister sind in der Regel besser ausgebildet als früher. Die Kellertechnik ist ausgereifter. Und die Weintrinker sind anspruchsvoller. Unfrische, gar oxydierte Weine, vor 20 Jahren in vielen Gegenden Europas ein ständiges Ärgernis, sind heute nicht mehr verkäuflich. Die Konkurrenz auf dem Weinmarkt ist groß. Weintrinker können inzwischen überall Vergleiche anstellen.
Eigennote oder Fehlton?
Freilich steckt nicht hinter jeder Geschmacksirritation ein Weinfehler. Gerade bei hochklassigen Weinen kommt die Individualität des Bodens und des Klimas zum Ausdruck. Einige dieser Weine, egal ob sie von der Rhône oder aus Sardinien, aus der spanischen Estremadura oder aus Bordeaux stammen, können eigenwillige Geschmackstöne aufweisen: mal streng, mal chemisch, mal einfach nur ungewohnt. Solche Töne bereichern das Aroma des Weins. Sie sorgen dafür, dass er unverwechselbar wird. Anspruchsvolle Weintrinker suchen geradezu nach Weinen mit eigenem Geschmacksprofil. Eigennote und Fehlton liegen daher manchmal dicht beieinander.
Die häufigsten Weinfehler
Korkton
Ursache: Der Korkton entsteht durch die Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, die bei der Desinfektion der Korkrinde nicht getötet worden sind.
Diagnose: Weinfehler. Korkschmecker sind die häufigsten Weinfehler. Meist riecht bei einem Wein der korkt schon der Korken muffig.
Chemische Substanz: Trichloranisol.
Duft/ Geschmack: Muffig, dumpf, schimmelig.
Auftreten: In den letzten Jahren immer häufiger. Die Dunkelziffer schwankt zwischen drei und acht Prozent.
Behebung: Nicht möglich.
Schwefel
Ursache: Überschwefelung des Weins.
Diagnose: Weinfehler.
Chemische Substanz: Schwefeldioxyd.
Duft/Geschmack: Riecht wie abbrennende Streichhölzer, leicht prickelnd oder stechend in der Nase.
Auftreten: Tritt meist bei Weißweinen auf und kann das ganze Bouquet verfälschen. Selten bei Rotweinen, weil diese weniger stark geschwefelt werden.
Behebung: Durch »Lüften« des Weins, etwa durch Dekantieren, kann der Schwefelgeruch gemildert werden.
Fasston
Ursache: Wenn die Weinfässer leer stehen und nicht vor jeder neuen Befüllung mit heißem Wasser und Natriumcarbonat gereinigt werden, können sich in den Fugen Schimmelpilze ansiedeln, die den Wein verderben.
Diagnose: Fehlerhaft. Ist der Fasston schwach ausgeprägt, kann der Wein durchaus noch genießbar sein. Ansonsten gehört er in den Ausguss.
Chemische Substanz: 2-Ethylfenchol u.a.
Duft/ Geschmack: Modrig, unsauber, feuchte Erde, schimmelig.
Auftreten: Vorwiegend bei Rotweinen. Mangelnde Fasshygiene tritt bei großen und kleinen Kellereien gleichermaßen auf.
Behebung: Der modrige Fasston verschwindet nie aus dem Wein.
Mercaptan
Ursache: Die Ursachen sind vielfältig. Auslöser ist stets Hydrogensulfit, das bei Stickstoffmangel entweder durch bestimmte Hefen oder durch eine zu warme Gärung, aber auch durch Verwendung bestimmter Fungizide im Weinberg enstehen kann. Wird das Hydrogensulfit nach der Gärung nicht vom Kellermeister beseitigt, reagiert es mit Alkohol und bildet Ethylmercaptane, von denen dann die übelriechenden Düfte ausgehen.
Diagnose: Weinfehler.
Chemische Substanz: Hydrogensulfid.
Duft/ Geschmack: faule Eier, Stinktier, Zwiebel, Knoblauch, Blumenkohl.
Auftreten: Heute relativ selten.
Behebung: Einmal abgefüllt, besteht keine Möglichkeit mehr, den Fehlton zu eliminieren.
Mögliche Weinfehler
Oxydation
Ursache: Im Keller praktisch nur durch ungenügende Schwefelung möglich, so dass der Sauerstoff bestimmte Aromaträger im Wein oxydiert.
Diagnose: Im Frühstadium spricht man von »Firne«, später von Oxydation. Im letzten Fall ist der Wein hinüber.
Chemische Substanz: Äthylacetat
Duft/ Geschmack: Extrem unfrisch, schal, Walnuss-Aroma, maderisiert, ranzig
Auftreten: Kommt bei jungen Weinen sehr selten vor – eher bei alten Weinen, bei denen sich im Laufe der Jahre der Vorrat an freier schwefliger Säure bereits abgebaut hat.
Behebung: Nicht möglich. Übrigens oxydieren auch abgestandene Weine schnell.
Flüchtige Säure
Ursache: Durch eine zu schnelle Gärung mit zu hohen Gärtemperaturen entsteht vermehrt Essigsäure. Sie ist die wichtigste flüchtige Säure im Wein. Kommt der Wein nach dem Öffnen der Flasche mit Sauerstoff in Berührung, verfliegt sie sofort.
Diagnose: Ab einer Konzentration von 1,2 Gramm pro Liter ist die Säure deutlich schmeckbar, über 1,5 Gramm gilt sie als fehlerhaft. Weintrinker verschiedener Kontinente reagieren unterschiedlich auf flüchtige Säure.
Chemische Substanz: Äthylacetat.
Duft/ Geschmack: Nagellackentferner, Schellack, Lösungsmittel, Uhu-Klebstoff.
Auftreten: Rot- und Weißweine.
Behebung: Bei schweren, alkoholreichen Rotweinen wird flüchtige Säure eher toleriert als bei leichten Weißweinen.
Milchsäureton
Ursache: Durch ungenügende Schwefelung nach der alkoholischen Gärung entstehend. Das heißt: die Milchsäurebakterien, die den biologischen Säureabbau bewerkstelligen, sind weiterhin aktiv und bringen, neben der Milchsäure, andere Nebenprodukte hervor, zum Beispiel Diacetyl.
Diagnose: Unterschiedliche Bewertung. Ein leichter Milchsäureton stört die Reintönigkeit des Weins. Ein richtiger Milchsäurestich bewirkt, dass der Wein nicht verkehrsfähig ist.
Chemische Substanz: Diacetyl.
Duft/ Geschmack: Riecht nach Milchpulver, Molke, teilweise auch wie Sauerkraut.
Auftreten: Vor allem in Weißweinen anzutreffen.
Behebung: Meist ist der Wein irreparabel verdorben.
Keine Weinfehler
Reduktionsbouquet
Ursache: Typische Nebenprodukte der Gärung, die normalerweise durch »Belüftung« nach dem Abstich von der Hefe (bzw. nach dem Abzug von der Maische) verschwinden, jedoch im fertigen Wein teilweise auch noch vorhanden sein können und dann erst nach Öffnen der Flasche zu Tage treten.
Diagnose: Kein Weinfehler.
Chemische Substanz: Schwefel, Schwefelwasserstoff, Mercaptane, Thiole, Sulfide.
Duft/ Geschmack: Schweiß, Muff, Seife, Stallgeruch, Apothekenschrank.
Auftreten: Typisch für junge Rotweine, die nach dem Öffnen unangenehm bzw. erkennbar streng riechen.
Behebung: Wein dekantieren; Flasche eine halbe Stunde lang offen stehen lassen; Wein zehn Minuten im Glas stehen lassen.
Unfrische
Ursache: Zu viel Kontakt des jungen Weins mit Sauerstoff, etwa beim Umfüllen von einem Fass ins andere oder bei der Flaschenabfüllung. Auch durch ungenügende Schwefelung kann Acetaldehyd entstehen. Manchmal ist der Konsument Schuld an der Unfrische, etwa wenn eine Weinflasche einen Tag oder mehrere Tage offen steht.
Diagnose: Mehr oder minder starke Qualitätsminderung des Weins, wird offiziell jedoch nicht als Weinfehler angesehen.
Chemische Substanz: Acetaldehyd.
Duft/ Geschmack: Unfrisch, Aroma von faulendem Apfel, bei Rotwein Kamille-Duft.
Auftreten: Tritt sowohl bei Weiß- wie bei Rotweinen auf.
Behebung: Nicht möglich.
»Mäuseln«
Ursache: Eine bestimmte, in Weinbergen nicht selten vorkommende Gattung von Hefen, die Brettanomyces, gibt dem Weinen einen stinkigen Ton, wenn sie nicht durch Schwefelung unschädlich gemacht wird.
Diagnose: Kein eindeutiger Weinfehler. Moderne Weintrinker sind empfindlicher gegen das »Mäuseln« als traditionelle Weintrinker.
Chemische Substanz: Brettanomyces- und Dekkera-Hefen.
Duft/ Geschmack: Riecht metallisch-streng, oft auch nach Kuhstall, Mist, Gülle.
Auftreten: Kommt fast nur in Rotweinen vor.
Behebung: In kleiner Dosierung tolerabel. Ansonsten wenig delikat.
Überholzung
Ursache: Hervorgerufen durch zu lange Lagerung des Weins in kleinen, neuen Fässern aus Eichenholz (Barriques), auch durch zu starkes Toasten der Fässer vor dem Gebrauch.
Diagnose: Kein Weinfehler, aber Qualitätsverlust. Das natürliche Aroma des Weins wird »maskiert«. Er riecht und schmeckt nur noch nach Holz. Allerdings variiert die Toleranz gegenüber neuem Holz von Land zu Land und von Weintrinker zu Weintrinker.
Duft/ Geschmack: Intensiv süße Vanille, getoastetes Holz, frische Sägespäne.
Auftreten: Häufig bei Überseeweinen.
Behebung: Nicht möglich.
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