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Weinbau Südafrika: Avantgarde in Sachen Nachhaltigkeit

Schonender Umgang mit Ressourcen und fairer Umgang mit den Menschen gehören hier zusammen

Nachhaltigkeit ist das Wort der Stunde – nicht nur in der Weinbranche und nicht nur in Südafrika. Doch im Land am Kap hat „Sustainabiliy“ einen ganz speziellen Klang und einen besonders hohen Stellenwert ­ – wegen seiner ökonomischen und sozialen Aspekte, die weit über einen schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen hinausgehen.

Ökologischer Weinbau, der augenfälligste  Aspekt beim Thema Nachhaltigkeit,  wird an der Südspitze Afrikas von den klimatischen und geologischen Voraussetzungen begünstigt. Es ist sonnig, vom Breitengrad her eigentlich zu warm für den Weinbau, aber da hilft der Cape Doctor, der Wind, der in den Winelands stets von irgendwoher weht, sei es vom Atlantik, dem Indischen Ozean oder von den Bergen. Er bringt kühle Luft und trocknet die Weinberge ab, sodass Pilzkrankheiten, der größte Schädling im Weinbau, keine große Chance haben.

Nützlinge wie Insekten oder Vögel werden gezielt in der Umgebung der Weinberge angelockt, wo der „Fynbos“, die Kap-Macchia, nicht nur erhalten, sondern vielerorts renaturiert wurde, auch mithilfe von Rodung der eingeführten Eukalyptusbäume, die den Wasserhaushalt empfindlich stören können.

Wassermanagement ist am Kap ein übergreifendes Thema das durch den Klimawandel noch befeuert wird. Die gesamte Region hängt davon ab, dass der Regen im Winter ausreicht, um Stauseen und Becken zu füllen. Der Slogan „Reduce, Reuse, Recycle“, wird hier zur Frage der (Über-) Lebensfähigkeit. Als Konsequenz setzten die Winzer zunehmend auf „dry land farming“, unbewässerte Weinberge. So rücken automatisch auch „old vines“ in den Fokus, alte Rebstöcke, die mindestens 35 Jahre alt sind und ein eigenes Zertifikat erhalten können.

Ein zentraler Teil der  Nachhaltigkeit, quasi eine südafrikanische Notwendigkeit, ist die Transformation, die umfängliche Integration der nicht-weißen Bevölkerungsgruppen. Das geschieht u. a. durch Bildungsprogramme für die Arbeiterfamilien, Stipendien und Kapitalbildung in Mitarbeitergesellschaften. Hinzu kommt die Ausrichtung der gesamten Weinerzeugung auf eine kontrollierte ethische Wirtschaftsweise, basierend auf transparenten Sozialstandards, wie beispielsweise WIETA und Fairtrade. So kommt auch der wachsende Anteil an Fair-Trade-Weinen zustande, die gerade auf dem deutschen Markt erfolgreich sind.

Biodiversität

2020 Circle of Life red, Waterkloof

Waterkloof Estate gehört seit 2008 zu den „WWF-Champions“, eine Auszeichnung, die die Umweltorganisation für besondere Verdienste um die Biodiversität vergibt. 50 Prozent der Farmfläche sind der südafrika-spezifische Fynbos, der mühsam von invasiven Arten befreit wurde und regelmäßig durch Feuer auf natürliche Weise revitalisiert wird. Nur drei Kilometer von der False Bay entfernt wachsen hier, nach Regeln der Biodynamie, Syrah, Merlot und Petit Verdot-Trauben für den Circle of Life. Ein Wein mit Frucht, Würze und fein dosierten, reifen Gerbstoffen. Um 13 Euro.

Dry Land Farming

2019 Elpidios, David & Nadia

Das Swartland ist seit einigen Jahren eine sehr angesagte Region. Und David & Nadia gehören klar zu den angesagten Weinerzeugern. In den Weinbergen an den Hängen des Paardebergs nördlich von Kapstadt, nicht zu weit vom Atlantik, stehen  vor allem rote Sorten von der Rhone, die nicht bewässert werden. Der Elpidios von David und Nadia Sadie besteht aus Grenache, Syrah, Carignan, Cinsault sowie Pinotage. Die einzelnen Partien vergären mit weinbergseigenen  Hefen in gebrauchten Holzfässern. Viel dunkle Frucht und Würze, kraftvoll am Gaumen und lang im Finish. Um 30 Euro.

Old Vines

2020 Chenin blanc The 1947, Kaapzicht

Kaapzicht gehört zu den ältesten Weingütern in Stellenbosch und es hütet einen Schatz: Alte Rebstöcke, darunter die zweitälteste Chenin blanc-Einzellage Südafrikas, die 1947 bepflanzt wurde. Die aus Frankreich stammende Sorte hat sich über die Jahre als sehr robust gegen Hitze und Trockenheit  erwiesen und erbringt an den richtigen Standorten Weine von großer Komplexität, Tiefe und großem Reifepotenzial.  Um 47 Euro.

Integration

2021 Signature Chardonnay, Spier

Spier ist eines der ältesten und größten Weingüter am Kap – aber noch weit mehr als das. Das Familienunternehmen ist seit langem ein Pionierbetrieb. Das gilt für das breite touristische und kulinarische Angebot mit Restaurants, Hotel und Schaugarten, als auch für ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsengagements. Neben großen Investitionen in Wasseraufbereitung und regenerative Energien engagiert sich das familiengeführte Unternehmen  vor allem für das sozial-ökonomische Transformation mit Bildungs- und Beteiligungsprogrammen für Farmarbeiter und deren Nachwuchs. Das Weinportfolio ist groß und bereitet auch im Einstiegsbereich viel Spaß fürs Geld, wie etwa mit dem fruchtig-frischen Signature Chardonnay. Um 8 Euro.

Bio und mehr

2020 Organic Shiraz Cabernet Sauvignon, Reyneke

Seit Johan Reyneke 1998 die Farm seiner Eltern übernahm verfolgt er den Weg der Biodynamie. Das ist doppelt schwierig, denn es gibt in Südafrika nach wie vor keine Bio-Zertifizierung, die von den globalen Handelsabkommen anerkannt ist. Jeder Wein muss im importierenden Land zertifiziert werden, was viele im Prinzip biologisch arbeitende Weingüter überfordert. Johan Reyneke hat sich nie von seinem Weg abbringen lassen, schon seine „einfacheren“ Weine zeichnen sich durch Authentizität und Finesse aus, wie die fein-fruchtige Cuvée aus Syrah und Cabernet Sauvignon, den meistangebauten roten Sorten Südafrikas. Um 10 Euro.

Transformation

2021 Sauvignon Blanc, Aslina by Ntsiki Biyela

Zum Wein kam Ntsiki Biyela durch ein Stipendium der South African Airlines. Der  Beginn einer bemerkenswerten Karriere.  Nach dem Studium wurde sie Weinmaker bei Stellekaya (Stellenbosch), wo sie 2009 als Woman Winemaker of the Year ausgezeichnet wurde. 2016 kam der ganz große Schritt in die Selbstständigkeit. Ohne Fremdkapital gelang es ihr, sich mit ihren Aslina-Weinen, benannt nach ihrer Großmutter, auf dem Markt durchzusetzen. Ihr Sauvignon blanc duftet typisch nach tropischen Früchten und Holunder, am Gaumen ist er animierend frisch. Um 12 Euro.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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