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Wein wider alle Moden: Amarone della Valpolicella

Zugegeben: Der Amarone ist ein polarisierender Wein. Die ihn mögen, für die ist er heilig. Sie lieben seine Dichte, die Komplexität seines Geschmacks, die schokoladigen Noten, die er aufweist, seine Fülle und Kraft. Andere hinterlässt der Wein ratlos. Obwohl er nominell trocken ist, empfinden sie ihn als süß und oftmals überladen. Vor allem vermissen sie Frische. Zu Recht. Aber gerade das macht nun einmal die Besonderheit des Amarone aus, dass er nicht aus frischen, sondern aus geschrumpelten, auf Strohmatten oder in Holzkistchen angetrockneten Trauben erzeugt wird.

Im Gegensatz zum einfachen Valpolicella ist der Amarone von seinem Ursprung her ein feierlicher Wein. „Die Bauern legten sich früher ein Fässchen von ihm in den Keller, um einen Wein für besondere Gelegenheiten zu haben“  sagt Stefano Cesari vom Weingut Brigaldara, einer der Initiatoren der Famiglie dell’Amarone. Entsprechend rar war der Wein einst. Heute macht der Amarone bis zu 60 Prozent der Produktion eines Weinguts aus, während der gemeine Valpolicella fast völlig verschwunden ist. Grund dafür ist der allgemeine Trend zu höheren Qualitäten, die gestiegene Nachfrage und die besseren Renditen, die der Wein für die Erzeuger abwirft.

Die andere Seite des Amarone-Problems

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Die Entwicklung hat jedoch auch eine andere Seite. Die Ausweitung der Anbauzone und die Entwicklung neuer Methoden des appassimento (der Trocknung der Trauben) haben in den letzten Jahren zu einer massiven Erhöhung der Produktion und damit zum Preisverfall geführt.

Vor diesem Hintergrund haben sich 2009 zwölf Amarone-Produzenten zu einer Interessenvereinigung zusammengetan, die der Vermassung des Amarone Einhalt gebieten will. Ihr gehören unter anderem Masi, Tedeschi, Zenato, Tommasi an – Namen, die weltweit für die Qualität dieses schweren, wuchtigen Rotweins stehen. Sie verteidigen den traditionellen Amarone, der aus der historischen Hügelzone, dem Valpolicella classico, kommt und handwerklich erzeugt wird: Dessen Trauben zum Beispiel auf Strohmatten oder in Holzkistchen an hoch gelegenen, luftigen Orten natürlich getrocknet werden; der mindestens 15 Vol.% Alkohol und erhöhte Extraktwerte aufweist und frühestens 30 Monate nach der Lese auf den Markt kommt.

Immer rar und teuer

„Ein authentischer Amarone ist immer rar und teuer“, sagt Sandro Boscani, Masi-Inhaber und der Präsident der neuen Interessengemeinschaft. Der Wein müsse schließlich die Familie ernähren. Die Familie sei der Garant für die Authentizität des Amarone.

Hintergrund der Gründung der Interessengemeinschaft ist, dass sich die Amarone-Produktion von 6 Millionen Flaschen (Jahrgang 2004) auf 12 Millionen Flaschen (Jahrgang 2007) verdoppelt hat. Folge: Eine Großteil des Amarone wird inzwischen zu Preisen zwischen 10 und 12 Euro verkauft. „Zu diesen Preisen lohnt sich für die Familien der Aufwand nicht“, rechnet Boscaini vor.

Die Reaktion der Interessenvereinigung auf die Marktentwicklung des Amarone ist verständlich, auch wenn ihre Argumentation nicht  ganz stimmig ist. Ohne Zweifel aber repräsentieren ihre Mitglieder den hochklassigen Amarone. Jens Priewe hat 23 ihrer Weine verkosten können, und zwar aus den Jahrgängen 2006, 2005 und 2004, von denen zumindest der erste und der letzte als „große“ Jahrgänge gelten. Ein Großteil dieser Weine dieser Jahrgänge befindet sich derzeit auf dem Markt.

Amarone in Deutschland

Der Liebhaberkreis des Amarone ist in Deutschland allerdings überschaubar – im  Gegensatz zur Schweiz oder zu den USA, wo sich dieser wuchtige, schwere Wein wider allen zeitgeistigen Strömungen allergrößter Beliebtheit und entsprechender Nachfrage erfreut. Angesichts von Alkoholgehalten, die durchweg bei 16 Vol.% liegen, war die Degustation kein leichtes Unterfangen. Priewe hat die Weine bei verschiedenen Gelegenheiten in Mailand und Zürich verkosten können – jeden also zweimal. Eines lässt sich nach seiner Meinung zusammenfassend sagen: Es war kein einziger banaler, schwacher oder spannungsloser Wein dabei – egal wie man zum Amarone steht.

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