Dieses Buch ist wie ein guter Wein. Es ist über die Jahre vorzüglich gereift und hat doch die Frische und Spritzigkeit eines jungen Jahrgangs. Jens Priewes Standardwerk, „Wein – Die große Schule“, in seiner neuesten, überarbeiteten Ausgabe, zeigt, dass große Bücher, genau wie exzellente Weine, nicht altern, sondern an Tiefe und Charakter gewinnen.
Ausschnitt aus dem Buch „Wein – Die große Schule“
Priewe, ein Meister seines Fachs, hat sich der Herausforderung gestellt, die Fülle und Vielfalt der Weinwelt in ein Buch zu gießen. Und er hat es vollbracht – mit Eleganz, Präzision und einem Blick für das Wesentliche. In dieser Ausgabe kombiniert er klassisches Weinwissen mit den Entwicklungen und Trends der Gegenwart. Hier treffen die Traditionsweine aus Bordeaux, der Toskana und der Champagne auf aufstrebende Regionen wie Bierzo, Jura und das Burgenland – ein erfrischender Dialog zwischen Alt und Neu.
Doch was dieses Buch wirklich bemerkenswert macht, ist sein Ton. Priewe schreibt mit der Sicherheit eines Connaisseurs, aber ohne die Arroganz eines Besserwissers. Er nimmt den Leser mit auf eine Reise, bei der selbst komplexe Themen wie Terroir, Gärmethoden oder die Herstellung von Orange Wines nie trocken oder belehrend wirken. Seine Sprache hat die Klarheit eines gut dekantierten Weins – schnörkellos, zugänglich und doch voller Nuancen.
Besonders hervorzuheben sind die Kapitel, die sich den Trends widmen. Der Rosé-Boom, Pét Nat und alkoholfreie Weine: Priewe geht auf all das ein, ohne sich von der Mode vereinnahmen zu lassen. Stattdessen bietet er Orientierung – für den Neuling ebenso wie für den erfahrenen Weinliebhaber. Dieses Buch ist kein Lehrbuch im strengen Sinne, sondern ein lebendiges Kompendium, das Lust macht, Wein nicht nur zu trinken, sondern ihn zu verstehen.
Natürlich bleibt Priewe seinem Fokus auf den europäischen Weinregionen treu, aber auch das wird nicht zum Nachteil. Statt sich in der globalen Weinwelt zu verlieren, konzentriert er sich auf das, was er am besten kann: die europäische Weinkultur in all ihrer Tiefe zu porträtieren. Diese Entscheidung wirkt wohltuend entschleunigt, fast nostalgisch, und doch zeitgemäß.
Gibt es Kritik? Kaum. Vielleicht vermisst der eine oder andere eine noch stärkere Hinwendung zu außereuropäischen Weinen. Doch das wäre, mit Verlaub, so, als würde man von einem Bordeaux erwarten, wie ein Shiraz zu schmecken. „Wein – Die große Schule“ bleibt seiner Linie treu – und das ist gut so.
Am Ende bleibt nur ein Fazit: Jens Priewes Buch ist ein Genuss. Es ist kein Schnellschuss, sondern ein Werk mit Substanz, das Leser über Jahre begleiten kann – immer bereit, neue Nuancen preiszugeben. „Wein – Die große Schule“ ist, um im Bild zu bleiben, ein Grand Cru unter den Weinbüchern.