Wein-Bestseller Pelofino: Der Coup der Elisabetta Geppetti

Elisabetta Geppetti
Italien kriselt. Doch der Pelofino aus dem Weingut Le Pupille in der Maremma ist einer der best verkauften Rotweine in diesen Zeiten. Sein Erfolg hat drei Gründe: Der Wein ist technisch perfekt. Er überfordert die Weintrinker nicht. Und er schmeckt teurer als er kostet. Der Winzerin Elisabetta Geppetti ist ein Coup gelungen. Von Jens Priewe

Ita­li­en kri­selt. Doch der Pelo­fi­no aus dem Wein­gut Le Pupil­le in der Marem­ma ist einer der best ver­kauf­ten Rot­wei­ne in die­sen Zei­ten. Sein Erfolg hat drei Grün­de: Der Wein ist tech­nisch per­fekt. Er über­for­dert die Wein­trin­ker nicht. Und er schmeckt teu­rer als er kos­tet. Der Win­ze­rin Eli­sa­bet­ta Geppet­ti ist ein Coup gelun­gen. Von Jens Priewe

Elisabetta GeppettiPelo­fi­no heißt Flaum. Fei­nes, dün­nes Haar, das die zar­te Haut bedeckt. Der Name steht in Ita­li­en für einen Wein, der fein ist und leicht und spie­le­risch über den Gau­men läuft, obwohl er gar nicht leicht, son­dern voll­mun­dig ist. In der Qualitäts-Hierarchie des Wein­guts Le Pupil­le, das ihn erzeugt, steht er ganz unten, in der Umsatz­sta­tis­tik jedoch ganz oben. „Wun­der­bar fri­sche und schmei­cheln­de Aro­men“, jubeln Händ­ler in Deutsch­land (ita­lia­vi­ni). Und: „Ein Wein mit Sucht­po­ten­zi­al“ (c-und-d).

Le Pupil­le heißt das Wein­gut von Eli­sa­bet­ta Geppet­ti. Es liegt in der Marem­ma. So heißt der süd­lichs­te Teil der Tos­ka­na um die Stadt Gros­se­to. Dut­zen­de von Wein­gü­tern aus dem Chi­an­ti clas­si­co, aus Mon­tal­ci­no und ande­ren renom­mier­ten Zonen der Tos­ka­na haben in den 1990er Jah­ren dort Land gekauft und Wein­ber­ge ange­legt. Ihr Ziel: Sangiovese-Reben anzu­bau­en, um Wei­ne zu erzeu­gen, die genau­so gut oder bes­ser sind wie eine Chi­an­ti clas­si­co Riser­va oder ein Bru­nel­lo di Montalcino.

Das Ziel wur­de ver­fehlt. Nur ganz weni­ge Sangiovese-Weine aus der Marem­ma kön­nen heu­te den gro­ßen Wei­nen der klas­si­schen Tos­ka­na das Was­ser rei­chen. Einer davon kommt aus dem Wein­gut Le Pupil­le. Er heißt Pog­gio Valen­te: ein Wein einer beson­ders hoch­wer­ti­gen Ein­zel­la­ge. Die ande­ren Wei­ne von Le Pupil­le ent­hal­ten neben der Sangiovese-Traube immer auch ande­re Sor­ten wie Syrah, Caber­net Sau­vi­gnon, Mer­lot, Ali­can­te. Oder sind ganz aus die­sen „alter­na­ti­ven“ Sor­ten gewon­nen. Eli­sa­bet­ta Geppet­ti war zehn Jah­re frü­her als ande­re in die Marem­ma gekom­men und erkann­te schnell, dass es – von weni­gen Aus­nah­men abge­se­hen – in der süd­li­chen Tos­ka­na zu warm ist, um aus der Sangiovese-Traube struk­tu­rier­te, fei­ne Wei­ne zu pro­du­zie­ren. San­gio­ve­se ergibt dort in der Regel herz­haf­te, aber ein­fa­che Wei­ne. Sel­ten mehr.

Ohne ideo­lo­gi­sche Scheu­klap­pen pflanz­te sie „alter­na­ti­ve“ Reb­sor­ten. Mit ihrem Saf­fre­di, einer hoch­klas­si­gen Bordeaux-Cuvée mit Syrah und Ali­can­te, fei­er­te (und fei­ert) sie ihre größ­ten Erfol­ge. San­gio­ve­se, die auto­chtho­ne tos­ka­ni­sche Reb­sor­te und der Lieb­ling aller ita­lie­ni­schen Wein­kri­ti­ker und Som­me­liers, ist in die­sem Wein nicht ent­hal­ten. Als sich 2001 die Kri­se der teu­ren tos­ka­ni­schen Wei­ne zuspitz­te, ent­schloss sie sich einen ein­fa­chen, preis­wer­ten Rot­wein zu pro­du­zie­ren, der jung getrun­ken wird und nicht mit Mas­sen von Tan­nin und Bar­ri­que, son­dern mit fei­ner, aus­drucks­vol­ler Frucht bril­liert. Ihre For­mel: 55 Pro­zent San­gio­ve­se, 35 Pro­zent Caber­net Sau­vi­gnon und Caber­net franc, 15 Pro­zent Mer­lot. Sein Name: Pelofino.

Unter­stützt wur­de sie in dem Vor­ha­ben von ihrem öno­lo­gi­schen Bera­ter Chris­ti­an Le Som­mer. Der Fran­zo­se war jah­re­lang Direk­tor von Cha­teau Latour und fühl­te sich kei­ner tos­ka­ni­schen Tra­di­ti­on, son­dern nur der guten Qua­li­tät ver­pflich­tet. Neue Wein­ber­ge wur­den ange­legt, der Kel­ler aus­ge­baut, um die 90 000 Fla­schen, die von dem Wein pro­du­ziert wer­den soll­ten, auf­neh­men zu können.

Der ers­te Jahr­gang des Pelo­fi­no, der 2006er, wur­de gleich ein gro­ßer Erfolg. Ein fruchtig-weicher Rot­wein für rund acht Euro End­ver­kaufs­preis – so etwas gibt es inzwi­schen nur noch sehr sel­ten in der Tos­ka­na, und schon gar nicht von einem bekann­ten Wein­gut. Da der Wein völ­lig unkom­pli­ziert zu trin­ken ist und kei­ne gro­ßen Erklä­run­gen braucht, ent­wi­ckel­te er sich schnell zum Lieb­ling der Wein­händ­ler. Kei­ne umständ­li­chen Terroir-Erläuterungen, kei­ne geschwol­le­nen Beschrei­bun­gen sei­nes Geschmacks, son­dern end­lich ein Wein, der sich selbst erklärt.

Auch für Le Pupil­le und Eli­sa­bet­ta Geppet­ti hat sich die Inves­ti­ti­on in die Basis­qua­li­tät gelohnt. Sie unter­liegt beim Pelo­fi­no – einem ein­fa­chen Marem­ma IGT – kei­nen stren­gen Ertrags­be­gren­zun­gen, und sie kann ihn aus­schließ­lich im Stahl­tank aus­bau­en. Das spart Kosten.

Gera­de ist der 2009er erschie­nen, und es scheint, als tref­fe er wie­der den Nerv der Wein­trin­ker. Bei vie­len Händ­lern ist der Wein schon knapp gewor­den, weil die Kun­den ihn nicht fla­schen­wei­se, son­dern kar­ton­wei­se bestel­len. Die Marem­ma, so lehrt die Erfolgs­sto­ry die­ses Weins, ist – par­don – das idea­le Ter­ro­ir für ein­fa­che Wei­ne – aber nicht für Brunello-Kopien.

Kommentar hinzufügen

Antwort schreiben