Sind Flaschen aus Aluminium oder Pappe eine Alternative zum Glas? Paula Redes Sidore und Stuart Pigott haben sich in einem Trendartikel für die Prowein darüber Gedanken gemacht.
Was passiert, wenn man das Thema Flasche komplett neu denkt? Anfang dieses Monats führte das frisch gegründete Weinunternehmen Element[al]wines eine bahnbrechende neue Verpackungsidee vor, die auf dem Sundance Film Festival Premiere hatte. Die nur 90 Gramm schwere Aluminium-Flasche ist 80 Prozent leichter als die durchschnittliche Glasweinflasche (570 Gramm) und kann zu 100 Prozent recycelt werden. „Dosenwein“ ist zwar nichts Neues. Doch in dieser Version hallt die traditionelle Form und die typische Füllmenge einer Weinflasche wider.
Aluminium ist 100 Prozent recycelbar
„Wir waren auf der Suche nach Möglichkeiten, unsere existierenden Glasflaschen leichter zu machen, und das führte uns schließlich zu einer radikalen Herangehensweise, zu der die Konsumenten unserer Meinung nach bereit sind“, sagt Jody Bogle, Vizepräsidentin für Kundenbeziehungen in dem Unternehmen. Das Design ist laut Pressemitteilung der Firma das Ergebnis aus drei Jahren intensiver Forschung. Dünnere Wände und keine Welle im Boden der Flaschen bedeuten, dass pro LKW-Ladung bis zu 43 Prozent mehr Kisten transportiert werden können (ungefähr 5.216 Kilogramm), während das Transportgewicht trotzdem 3 Prozent geringer ist als das von Glas. Die Metallbehälter können zu 100 Prozent recycelt werden, und das Deco-Design wird direkt auf die Flasche gedruckt, Etiketten sind also keine nötig. Das Sortiment umfasst derzeit vier Weine aus nachhaltigem Anbau in Kalifornien, darunter zwei fassgereifte Weine. „Wir glauben,” fügt Bogle vor kurzem in einem Gespräch hinzu, „dass Wein in Aluminium nicht für mindere Qualität steht und auch nicht nur für bestimmte Rebsorten geeignet ist.“ Element[al]Wines werden in den USA ab März 2024 im Einzelhandel erhältlich sein.
Außen Papier, innen Plastik
Allerdings sind nicht alle Menschen von der Vorstellung begeistert, Wein aus einer Leichtmetall-Dose zu trinken. Auch für Dosengegner hatte das Jahr 2023 eine Reihe an Alternativen parat, die auf dem Markt an Zugkraft gewinnen: Flachs zum Beispiel oder Faser. Das Highlight der Trend Talks des vergangenen Jahres war die spektakuläre Präsentation einer Papier-Weinflasche von Frugalpac. Im Herbst machte die drei Jahre alte britische Firma für nachhaltige Verpackungen nicht nur wegen ihres royalen Debüts zum Besuch des britischen Königspaares in Bordeaux von sich Reden, ihre Flaschen hatten auch eine Rolle im Netflix-Thriller „Bodies“, als „Wein der Zukunft“ in einem im Jahr 2053 angesetzten Handlungsstrang. Eine Zukunft, die man auf der ProWein im „Supermarktregal der Zukunft“ bereits jetzt erleben konnte.
Pappe in Flaschenform
Bei der nur 83 Gramm schweren Frugalpac-Flasche handelt es sich um eine lebensmittelechte Beutelverpackung, die außen von einer zu 94 Prozent recycelbaren Pappschicht überzogen ist. Laut einer aktuellen Pressemitteilung der Firma ist ihr CO2-Fußabdruck damit 84 Prozent geringer als der einer Glasflasche. Ähnlich wie die Aluminium-Flasche von Element[al]Wines fasst die Frugal-Flasche 750 Milliliter Wein und imitiert die Form der traditionellen Weinflasche. Frugal-Flaschen sind bereits jetzt in 25 Ländern erhältlich, mit einer deutlichen Präsenz in den großen Supermarktketten Großbritanniens.
Pappflaschen oder Verpackungsmaschinen?
Frugalpac plant, ihre Montagemaschinen in Weinregionen zu verkaufen, nicht die Flaschen an sich. Das bedeutet, dass der Transportbedarf und damit der CO2-Ausstoß noch weiter verringert werden. Die ersten beiden verkauften Maschinen, an die Monterey Wine Company in den USA und KinsBrae Packaging in Kanada, werden in der ersten Hälfte des Jahres 2024 anlaufen.
Vor zwei Jahren noch ein No Go
Von den fast 2.500 Produzenten, Handelsvertretern und Konsumenten, die für den ProWein Business Report 2022 befragt wurden, gaben 60 Prozent der Produzenten und 45 Prozent des Handels an, nicht zu planen, in den kommenden zwei Jahren etwas anderes als Glas anzubieten. Und das, obwohl sie wissen, dass bessere, effektivere und verantwortungsbewusstere Verpackungen möglich sind. Offenbar war für sie die Zeit noch nicht reif, die Vertrautheit und Tradition der Glasflaschen aufzugeben.
Die Meinungen über die Verpackung des Weins ändern sich schnell
In 2024 haben sich die Einstellungen bereits geändert. Es wird durchaus in Betracht gezogen, die vertrauten Verpackungen zu überdenken. Sprich: die Glasflasche. So würde eine deutliche Reduktion des CO2-Fußabdrucks möglich werden. Um die Einstellung der Konsumenten zu ändern, reicht es aber nicht, nur auf Qualität und Nachhaltigkeit der Verpackung zu achten. Die Qualität des Weins in dem entsprechenden Behältnis muss mit ebenso viel Sorgsamkeit und Bedacht sichergestellt werden. Denn was wird uns seit frühester Kindheit noch mit auf den Weg gegeben? „Auf die inneren Werte kommt es an!“
AUTOREN:
Paula Redes Sidore ist eine US amerikanische Weinjournalistin, die seit vielen Jahren in Deutschland lebt und für die Weinplattform Purple Pages von Jancis Robinson schreibt. Sie ist eine IHK-geprüfte Sommelière, Inhaberin der Wein-Übersetzungsagentur „Weinstory“ und Co-Gründerin des englischsprachigen Internet Magazins „Trink“, das sich mit deutschen, österreichischen, Südtiroler und Schweizer Weinen beschäftigt.
Stuart Piggott, 1960 in London geboren, ist Weinkritiker, Buchautor und einer der weltweit besten Kenner des deutschen Weins. Er lebt seit vielen Jahren in Deutschland und schreibt Tasting Reports für die internationale Weinplattform von James Suckling.