Wein aus der Mikrowelle – verboten oder gar nicht so schlimm?

Wein aus der Mikrowelle
Russen mischen Rotwein mit Cola, Chinesen Pétrus mit Yquem, Deutsche erwärmen kellerkühlen Rotwein in der Mikrowelle. Manche jedenfalls. Funktioniert alles. Die Frage ist nur, wie das, was sie hinterher im Glas haben, schmeckt. Jens Priewe hat acht Profis und Weinliebhaber gefragt, was sie von Wein aus der Mikrowelle halten.

Christina Hilker, selbstständige Sommelière in Stuttgart

Christina Hilker„Mir ist das The­ma, das der Rot­wein kel­ler­kalt ist und trotz­dem für den Ser­vice bereit sein muss, ver­traut. Ich käme aller­dings nie auf die Idee, ihn in die Mikro­wel­le zu packen, hand­war­mes Was­ser hal­te ich da für wesent­lich scho­nen­der, und um die even­tu­el­le War­te­zeit zu über­brü­cken wür­de ich mei­nen Gäs­ten lie­ber noch ein Glas Wein oder einen zwei­ten Ape­ri­tif vor­ab anbieten.“

Chris­ti­na Hil­ker hat als Restau­rant­fach­frau unter ande­rem in der „Kamin­stu­be“ des Hotels Bareiss in Bai­er­s­brunn und in der „Spei­se­meis­te­rei“ in Stutt­gart gear­bei­tet. 2005 wur­de sie vom Gault Mil­lau zur Som­me­liè­re des Jah­res“ gekürt. Seit 2008 ist sie Mit­ge­sell­schaf­te­rin der Agen­tur Som­me­lier Con­sult in Stuttgart.

 

Rakhshan Zhouleh, Sommelier aus München:

Rakhshan Zhouleh„Ich kann nicht beur­tei­len, wel­chen einen Ein­fluss die Strah­lung auf den Wein hat und wäre nicht auf so eine Idee gekom­men. Ich per­sön­lich leh­ne auch Mikro­wel­lenes­sen ab. Mei­ner Mei­nung nach braucht eine gute Fla­sche Wein Zeit, und man soll­te sich dem­entspre­chend orga­ni­sie­ren, allein aus Respekt vor dem Produkt.“

Rakhs­han Zhou­leh ist gebür­ti­ger Ira­ner und war in sei­ner Hei­mat Fuß­ball­pro­fi, bevor er 1985 nach Deutsch­land kam. Er hat in Deutsch­land eine Aus­bil­dung zum Restau­rant­fach­mann und zum Som­me­lier absol­viert und ist über Sta­tio­nen wie das „Hotel Frank­fur­ter Hof“ in Frank­furt, die Restau­rants „Ente vom Lehel“ in Wies­ba­den, „Haer­lin“ im Hotel Vier Jah­res­zei­ten in Ham­burg sowie den Restau­rants „Mar­gaux“ und „Vitri­um“ in Ber­lin nach Mün­chen gekom­men, wo er seit 2009 als Restau­rant­lei­ter im „Tan­tris“ fungiert.

Mady Olsen, Studentin aus Münster:

Mady Olsen„Ich habe eine Mikro­wel­le, benut­ze sie aber nur, um mal die Milch für den Kaf­fee warm zu machen. Wein trin­ke ich nicht so häu­fig, und wenn, dann muss er eigent­lich kalt sein. Ich mag nicht, wenn Wei­ne so labb­rig und halb­warm sind. Außer Rot­wei­ne. Aber die trin­ke ich noch sel­te­ner. Ich bin mir nicht sicher, ob man die in der Mikro­wel­le warm machen kann. Pro­bie­ren wür­de ich es aber. Man muss nur auf­pas­sen, dass hin­ter­her kein Glüh­wein rauskommt.“

Mady Olsen stu­diert in Müns­ter Anglis­tik und Poli­tik und jobbt neben­bei in einer Knei­pe, in der auch Wein aus­ge­schenkt wird.

Armin Faber, Fotograf in Düsseldorf:

„Ich bin ein  lei­den­schaft­li­cher Koch und ein unglaub­li­cher Geg­ner der Mikro­wel­le, obwohl ich ein sol­ches Gerät besit­ze. Aber da mache ich nur das Kis­sen mit den Kirsch­ker­nen warm, das mei­ne Frau manch­mal für ihren Rücken braucht. Ansons­ten mach ich nicht ein­mal die Sup­pe dar­in warm. Den Wein? Nie! Höchs­tens den von Aldi wür­de ich da reintun.“

Armin Faber ist der alt­ge­dien­tes­te Wein­fo­to­graf Deutsch­lands. Neu­er­dings macht er auch Wein­fil­me und Weinvideos.

 

Wolfgang Henn, Verlagsvertreter aus Niefern in Baden-Württemberg:

„Ich hat­te mal so einen Spontan­fall, dass Besuch in der Tür stand und der Wein aus dem Kel­ler fürch­ter­lich kalt war. Dar­auf­hin habe ich ihn in eine Karaf­fe umge­füllt und die­se in die Mikro­wel­le gestellt. Die Fla­sche selbst passt ja nicht hin­ein. Außer­dem hät­te ich Angst gehabt, dass der Kor­ken her­aus­schießt. Nach etwa 30 Sekun­den habe ich die Karaf­fe wie­der her­aus­ge­holt. Ein Desas­ter! Die Tem­pe­ra­tur war zwar auf 20°C gestie­gen, der Wein selbst aber war im Eimer. Geschmack weg und null Bou­quet. Nie wie­der mach ich das!“

Wolf­gang Henn, pas­sio­nier­ter Wein­trin­ker, ver­tritt meh­re­re Ver­la­ge in Baden-Württemberg, unter ande­rem den Ver­lag Zabert Sand­mann, in dem die Bücher von Jens Prie­we erscheinen.

Petra Mayer, Inhaberin einer PR-Agentur in Baden-Baden:

„Bis­lang bin ich noch nie auf die­sen Gedan­ken gekom­men. Abge­se­hen davon, dass es eine gefähr­li­che Ange­le­gen­heit ist, eine Fla­sche Wein in die Mikro zu packen, wür­de ich befürch­ten, dass mein Wein an Qua­li­tät, sowohl im Aro­ma als auch in der inne­ren Har­mo­nie, ver­liert. Wenn ich einen Rot­wein ser­vie­re, dann mit einer Tem­pe­ra­tur zwi­schen 18 und 20° C. Des­halb hole ich mei­nen Wein recht­zei­tig aus dem Kel­ler! Falls ich das nicht schaf­fe, dann mache ich die Fla­sche eben auf, gie­ße einen 1/2 Glas ein und stel­le die Fla­sche dann an ein war­mes Plätz­chen – ruhig an den Heiz­kör­per (auch nicht in einen kon­ven­tio­nel­len Back­ofen). Da die Zim­mer­tem­pe­ra­tur meist höher liegt, ist auch mein Wein recht schnell erwärmt, so dass er im Lau­fe der Zeit im Glas sein vol­les Aro­ma ent­fal­ten kann. Im äußers­ten Not­fall las­se ich etwas war­mes Was­ser über die Fla­sche lau­fen. Aber auch das ist sel­ten der Fall, denn im Wein­fach in der Küche liegt immer ein guter Trop­fen für Überraschungsgäste.“

Petra May­er stammt aus einer badi­schen Win­zer­fa­mi­lie, war 1988 Deut­sche Wein­kö­ni­gin und macht seit vie­len Jah­ren Wein-PR für Alo­is Lage­der sowie für die Wei­ne Südafrikas.

Boris Jakubczik, Schauspieler aus Berlin

Boris Jakubczik„Rot­wein in der Mikro­wel­le oder in hei­ßem Was­ser zu erwär­men, fin­de ich bar­ba­risch. Das leh­ne ich ab. Wenn der Rot­wein zu kühl ist, wür­de ich das Glas in bei­de Hän­de neh­men, um so den Wein durch die Hand­tem­pe­ra­tur zu wär­men. Nach ein paar Minu­ten kann man ihn dann meis­tens gut trinken.“

Boris Jakub­c­zik hat man­gels Zulas­sung zum Medi­zin­stu­di­um eine Aus­bil­dung als Kran­ken­pfle­ger gemacht und schon meh­re­re klei­ne Gast­rol­len in TV-Serien gehabt. Wein ist sein Hobby.

 

Hans-Bernd Brummer, Diplom-Kaufmann aus Kiel:

„Auf jeden Fall ist es bes­ser, den Rot­wein recht­zei­tig aus dem Kel­ler zu holen, damit er lang­sam auf Zim­mer­tem­pe­ra­tur kom­men kann. Wenn es dafür aber zu spät ist, weil plötz­lich Besuch kommt, wür­de ich die Fla­sche even­tu­ell in die Mikro­wel­le legen (wenn sie hin­ein­passt). Aber nur ganz kurz: 15 oder 20 Sekun­den. Denn es geht ja nur um ein paar Grad, die er wär­mer wer­den soll. Ich glau­be nicht, dass ihm das scha­det. Auf dem Trans­port ist er ver­mut­lich viel stär­ker durch­ge­schüt­telt wor­den und hat das auch unbe­scha­det überstanden.“

Hans-Bernd Brum­mer ist Geschäfts­füh­rer der Marketing-Agentur Ad-On in Kiel. Er bezeich­net sich als „Wochenend-Weinliebhaber“.

1 Kommentar

  • Mii­kro­wel­len­wein – 9 von 10 Exper­ten bie­ten alter­na­ti­ve Umgangs­me­tho­den an, umge­hen aber den Kern­satz. Ein­zig Herr Henn’s Aus­sa­ge ist in der gefrag­ten Hin­sicht ver­wert­bar – danke!
    Ger­ne hät­te ich Ihre Erfah­run­gen gehört in Bezug auf Behand­lung von Wein in der Mikro­wel­le Herr Priewe.
    Vin­at­zer Ger­hard – ech­ter Som­me­lier aus Vorarlberg

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