Banker wissen zwischen Sparbuchzinsen und Anlagerendite zu differenzieren. Weinsammler tun sich dagegen schwer, zwischen Trinkweinen und Investment-Weinen zu unterscheiden. Viele sind überzeugt, sie hätten gute Investments in ihrem Keller. Unerschütterlich glauben sie, dass alles, was einmal viel Geld gekostet hat, auch viel Geld einbringen wird, wenn es irgendwann einmal zur Weinauktion gegeben wird. Ein teurer Irrtum.
Weinauktionen
Weinauktionen gibt es, seit Wein in Flaschen gefüllt und verkorkt wird. Das Londoner Auktionshaus Christie’s versteigerte erstmals im Jahre 1766 einen Posten feiner Bordeaux- und Madeira-Weine. Bis vor wenigen Jahren waren Weinauktionen Marktplätze für den Handel mit reifen Weinen – von wenigen Ausnahmen abgesehen. So wurden die Weine des großen Jahrgangs 1847 in Bordeaux erstmals gezielt als Spekulationsobjekt eingesetzt. Die Senkung der Zölle auf französische Weine durch die britische Regierung ließ die Nachfrage und damit die Preise in ungeahnte Höhen schnellen. Die zweite große Spekulationswelle setzte 1959 ein, als der französische Franc abgewertet wurde und Händler aus den USA erstmals massiv Bordeaux-Weine aufkauften. Erst 1972 brach der Weinmarkt in Bordeaux zusammen, nachdem der schlechte 72er-Jahrgang zu viel zu hohen Preisen gekauft worden war. Ein paar Jahre war Ruhe. Dann kam der Wunderjahrgang 1982, der die Spekulation erneut anheizte. Sie hat bis heute angehalten.
Die Renditen
Die Renditen, die mit Wein erzielt werden, liegen mal bei null, mal bei 100 Prozent pro Jahr. Sie werden heute nicht mit reifen, sondern mit jungen Weinen erzielt. Um einen 100-Prozent-Treffer zu landen, sind allerdings Glück, gute Beziehungen zum Weinhandel und die Lektüre des Infobriefs »The Wine Advocate« des amerikanischen Weintesters Robert Parker nötig. Ein Wein, der bei ihm mit 99 oder 100 Punkten bewertet wird, verdoppelt sich innerhalb weniger Wochen im Preis. Wer ihn dann nicht schon im Keller hat (bzw. im Besitz von Futures auf ihn ist), muss gute Kontakte zu Händlern oder Brokern besitzen, um noch einige Flaschen zu einem günstigen Preis erwerben zu können. Um eine Flasche des berühmten Château Pétrus zu bekommen, reicht Geld nicht aus. Die wenigen Flaschen, die verfügbar sind, werden guten, langjährigen Kunden angeboten. Oder es werden Koppelgeschäfte gemacht: Wer für 5000 Euro andere, weniger rare Weine kauft, erhält im Gegenzug eine Flasche Pétrus.
Kultweine
Die professionelle Weinspekulation ist auf ein paar rote Kultweine beschränkt. Die meisten sind Premiers Grands Crus oder Deuxièmes Grands Crus aus Bordeaux. Nur wenige Weine anderer Anbaugebiete und Länder sind ebenfalls zur Spekulation und damit als Kapitalanlage geeignet. Daneben gibt es weltweit ein paar Dutzend Kennerweine, die nur in Kleinstmengen vorhanden sind und einen sehr begrenzten Markt haben. Das Risiko ist jedoch hoch. Gemeinsam ist allen diesen Weinen, dass sie nicht in beliebiger Menge verfügbar sind. Bordeaux-Weine werden meist gekauft, wenn sie noch im Fass reifen. Dann sind sie gewöhnlich am preiswertesten. Das Recht, eine Kiste eines bestimmten Weins nach dessen Freigabe zu erhalten, wird »Future« genannt. Wenn der Wein (nach zweieinhalb Jahren) endlich freigegeben wird, kann der Future bereits mehrfach den Besitzer gewechselt haben – im günstigen Fall zu einem höheren Preis. Weinauktionen sind dazu gar nicht mehr nötig. Das Geschäft besorgen Broker.
Jahrgangs-Spekulation
Oft sind es nur bestimmte Jahrgänge, die das Interesse der Spekulanten auf sich ziehen. So haben die Premiers Grands Crus des berühmten 82er-Jahrgangs (seit 1985, als sie in den Handel kamen) innerhalb von zehn Jahren um 700 bis 1000 Prozent im Preis zugelegt. Das sind bis zu 100 Prozent Wertzuwachs pro
Jahr. Der 83er-Jahrgang brachte dagegen jährlich nur 15 Prozent. Außerdem kann es passieren, dass ein 100-Punkte-Wein von Parker nachträglich herabgestuft wird. Sofort verliert er an Wert. (Umgekehrt kann ein Wein aber auch heraufgestuft werden.) Von den Kurssteigerungen abzuziehen sind außerdem die Auktionsspesen. Die großen Auktionshäuser verlangen sowohl vom Erwerber als auch vom Verkäufer eine Prämie zwischen zehn und 15 Prozent vom Zuschlagspreis. Dazu kommen Abwicklungsgebühren, Lotgebühren, Speditionsgebühren sowie die Kosten für die Versicherung. Diese Spesen schmälern allesamt die Rendite.
Tipps & Tricks: Wertsteigernde Faktoren
Wertsteigernd ist es, wenn Weine in Originalkisten oder -kartons angeboten werden. Besonders begehrt sind Großflaschen von 1,5 bis maximal 12 Liter Inhalt. Sie sind rar. Außerdem reift der Wein in ihnen besser. Bei alten Weinen wird auf die Unversehrtheit der Kapsel ebenso Wert gelegt wie auf ein unbeschädigtes Etikett. Das gilt besonders für die Weine von Château Mouton-Rothschild, die wegen ihrer Künstleretiketten ein beliebtes Sammlerobjekt sind. Ganz wichtig ist der Füllstand der Flasche. Je höher der Pegel ist, desto geringer ist das Risiko für die Qualität des Weins.
DIE 30 BLUE CHIPS UNTER DEN WEINEN
- Château Mouton-Rothschild/ Bordeaux
- Château Lafite-Rothschild/ Bordeaux
- Château Latour/Bordeaux
- Château Leoville Las-Cases/ Bordeaux
- Château Pichon Lalande/Bordeaux
- Château Margaux/Bordeaux
- Château Haut Brion/Bordeaux
- Château d’Yquem/Bordeaux
- Château Ausone/Bordeaux
- Château Cheval Blanc/Bordeaux
- La Mondotte/Bordeaux
- Valandraut/Bordeaux
- Château Pétrus/Bordeaux
- Le Pin/Bordeaux
- Château l’Eglise Clinet/Bordeaux
- Château Lafleur/Bordeaux
- Domaine Romanée Conti/Burgund
- Hermitage La Chapelle/Rhône
- Vega Sicilia/Spanien
- Pingus/Spanien
- L’Ermità/Spanien
- Sassicaia/Italien
- Ornellaia/Italien
- Grange/Australien
- Hill of Grace/Australien
- Opus One/Kalifornien
- Dominus/Kalifornien
- Harlan Estate/Kalifornien
- Screaming Eagle/Kalifornien
- Bryant Family/Kalifornien