Nach einer Ifo-Erhebung sind die Deutschen auch dieses Jahr in ähnlicher Einkaufslaune wie 2010, als der Einzelhandel ein Rekordweihnachten registrierte. Sollte das auch für Wein gelten, wäre Aldi für das diesjährige Weihnachtsfest schlecht gerüstet. So bieder und brav war Weinangebot der Essener schon lange nicht mehr. Das gilt nicht nur für Aldi Nord. Im Handybereich weiß der Discounter zum Beispiel genau, was von ihm erwartet wird: zum Beispiel das Samsung Galaxy zum Schnäppchenpreis. Beim Wein fehlt den Essenern dagegen jegliche Inspiration. Überraschenderweise dieses Jahr auch den weinoffeneren Kollegen von Aldi Süd. Offenbar fahren sie mit ihrer Eigenmarke „Mario Collina“ und der „Edition Fritz Keller“ so gut, dass sie auf weitere Hightlights verzichten.
Viel schlichter Rotwein aus Deutschland
Viel schlichter Rotwein aus Deutschland, etwa die Hälfte im halbtrockenen Bereich, aus Bordeaux zwar Chateau-Wein, aber nur solcher unter 5 Euro, aus Italien immerhin für 6,99 Euro der solide „Villa Imperiale“ der Grafen Guerrieri Gonzaga, die mit ihrem (nicht bei Aldi erhältlichen) San Leonardo (3 Gläser im Gambero Rosso) immerhin bewiesen haben, dass sie von Wein etwas verstehen. Im Weißweinbereich füllt reichlich Gutedel, Müller-Thurgau, Riesling oder Silvaner in jeder Geschmacksrichtung die Regale, wobei nur ein Wein die 5-Euro-Grenze knackt (Baden Weißwein [intlink id=“17018″ type=“post“]„Edition Fritz Keller“[/intlink]). Bescheidenheit scheint angesagt zu sein: ein dünner Elsässer Riesling und ein unreifer Sauvignon Blanc aus Südafrika. Ansonsten viel Belangloses, Austauschbares, Unspektakuläres.
Prosecco-Trinker aufgepasst!
Von ernsthafter Qualität ist allerdings ein Prosecco Superiore D.O.C.G. aus der besten Zone von Conegliano und Valdobbiadene, der mit 4,99 Euro günstig ist. Er ist extra trocken ausgebaut, so dass er die traditionelle Aldi-Kundschaft möglicherweise nicht sehr begeistern wird, die Weinkenner dafür umso mehr. Natürlich gibt es auch wieder den Aldi-Champagner für 11,99 Euro, und schlechter als manche deutliche teurere Handelsmarken ist dieser Klassiker nicht.
Verdächtig billiger Barolo
Am Anfang noch nach Nebbiolo duftend, entwickelt er nach ein, zwei Stunden ein dumpfes Bouquet, büßt rasch an Frische ein und verliert sich im erdig-fruchtigen Niemandsland des Geschmacks. Dank des guten Jahrgangs 2007 ist das Tannin gesund und nicht zu hart. Aber jeder mittelmäßige Nebbiolo d’Alba (der im Fachhandel freilich das Doppelte kostet) ist besser als dieser Wein, der unerfahrene Weintrinker irritiert fragen lässt, worauf der Ruhm des Barolo eigentlich basiert.
Brunello di Montalcino für 11,99 Euro
Auch der Chateaufneuf-du-Pape versprüht keinen Charme
Mit 9,99 Euro ist dieser Châteauneuf-du-Pape von einem unbekannten Abfüller ziemlich kundenfreundlich kalkuliert. Aber man versteht auch, weshalb ein guter, klassischer Châteauneuf normalerweise das Doppelte kostet. So muß sich der Weintrinker die Frage stellen, ob er mit einem einfachen Côte-du-Rhône eines guten Erzeugers nicht besser bedient ist als mit einem harmlosen Châteauneuf-du-Pape eines anonymen Abfüllers (weinkenner.de hat in den letzten Monaten mehrere solcher Weine vorgestellt).
Fazit dieser weihnachtlichen Weinprobe: Aldi kann keine Wunder vollbringen. Qualität kostet immer Geld, und wer dieses Geld nicht ausgeben will, bekommt Enttäuschungen. Er sollte lieber zu einem einfacheren Wein greifen. Ein guter Côtes-du-Rhône für 10 Euro macht mehr Spaß als ein langweiliger Châteauneuf-du-Pape für 9,99 Euro.