Von Bollinger zu Reichrat von Buhl

Als das Cham­pa­gner­haus Bol­lin­ger in Aÿ Anfang April mit­teil­te, dass ihr Kel­ler­meis­ter Mathieu Kauff­mann, 46, das Unter­neh­men ver­las­sen wür­de, war die Über­ra­schung in Frank­reich groß. Alle rät­sel­ten, was die Beweg­grün­de des Öno­lo­gen sei­en und was er vor­ha­be. In der Cham­pa­gner­in­dus­trie arbei­ten Kel­ler­meis­ter nor­ma­ler­wei­se bis zur Ren­te. Sel­ten pas­siert es, dass ein Kel­ler­meis­ter vor­zei­tig und frei­wil­lig geht. Bei Bol­lin­ger ist das noch nie pas­siert. Nun ist raus, was Kauff­mann zu dem Schritt ver­an­lasst hat: Er geht zum 1. Janu­ar 2014 als Kel­ler­meis­ter und Tech­ni­scher Lei­ter zum Pfäl­zer Wein­gut Reichs­rat von Buhl.

Damit ist dem Eig­ner, dem Neu­städ­ter Unter­neh­mer Achim Nie­der­ber­ger, eine spek­ta­ku­lä­re Ver­pflich­tung gelun­gen, die für den (in tech­ni­scher Hin­sicht viel­fach noch rück­stän­di­gen) deut­schen Wein­bau Signal­cha­rak­ter hat und für das im Umbruch befind­li­che Wein­gut Reichs­rat von Buhl eine gro­ße Chan­ce bedeu­tet. Nie­der­ber­ger hat­te das Wein­gut 2005 von Enoch zu Gut­ten­berg und Karl-Theodor Frei­herr von und zu Gut­ten­berg (dem Groß­va­ter des ehe­ma­li­gen Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nis­ters) erwor­ben. Es war jedoch seit 1989 an ein japa­ni­sches Inves­to­ren­kon­sor­ti­um ver­pach­tet. Der Pacht­ver­trag läuft Ende des Jah­res aus.

Kauff­mann ist gebür­ti­ger Elsäs­ser. Er spricht flie­ßend Deutsch und hat nach sei­nem Önologie-Abschluss an der Éco­le Natio­na­le Supé­ri­eu­re Agro­no­mi­que in Mont­pel­lier beim Cave d’Eguisheim im Elsass gear­bei­tet, wo er Ries­ling vin­fi­zier­te und in der Cré­mant d’Alsace-Produktion tätig war.

Die Per­so­na­lie ist nicht ohne Pikanz, da einer der bei­den japa­ni­schen Inves­to­ren – das Aus­lau­fen des Pacht­ver­trags vor Augen – zusam­men mit den bei­den deut­schen Reichs­rat von Buhl-Geschäftsführern Ste­fan Weber (inzwi­schen frei­ge­stellt) und Chris­tof Graf (geht Ende Juli 2013) im Jah­re 2010 die Sekt- & Wein­ma­nu­fak­tur Graf gegrün­det hat­ten mit dem Ziel, eine ambi­tiö­se Schaum­wein­pro­duk­ti­on nach der tra­di­tio­nel­len Metho­de (Fla­schen­gä­rung) aus der Tau­fe zu heben (inzwi­schen wur­den die ers­ten Sek­te vor­ge­stellt). Auf der ande­ren Sei­te ist Reichs­rat von Buhl einer der größ­ten (200 000 Fla­schen) und bes­ten Pro­du­zen­ten von fla­schen­ver­go­re­nem deut­schen Riesling-Sekt. Von Kauff­mann wird daher erwar­tet, dass er die Sekt­pro­duk­ti­on von Reichs­rat von Buhl auf ein höhe­res Niveau bringt.

 

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