Vor 25 Jahren kam der erste Smaragd-Wein auf den Markt – der 1986er. Grund genug für die Vinea Wachau*, zu einer historischen Weinprobe in den Kleinen Redoutensaal der Wiener Hofburg einzuladen. Aus jedem der 25 Jahrgänge war ein Wein ausgesucht worden, der diesen Jahrgang repräsentiert – mal besser, mal schlechter. Das Fazit: Smaragde gehören potenziell zu den größten Weißweinen der Welt. Ob Riesling, Grüner Veltliner oder Weißburgunder – sie sind extrem fein, sehr alterungsfähig und von ihrem Charakter her unvergleichlich.
*Vinea Wachau ist eine Vereinigung von Wachauer Winzern, die sich einem strengen Qualitäts-Kodex unterworfen haben. Sie umfasst derzeit rund 200 Weinbaubetriebe.
Natürlich heißt das nicht, dass sie jedem schmecken. Für normale Weintrinker reicht die Kombination aus Mineralität, Würze und einer kleinen Botrytis schon aus, um von diesen Weinen Abstand zu nehmen. Ihre Fülle, manchmal noch gepaart mit einer leichten Restsüße, lässt für Leckertrinker, Frischehyper und all die anderen Leichtmatrosen unter den Weißweintrinkern viel Raum für Spott. „Aus kranken Trauben erzeugt“, „undelikat“, „zu schwer“ – so lauten die Vorwürfe.
Federspiel, Steinfeder, Smaragd
Darüber stehen die Federspiel-Weine. Sie dürfen bis zu 12,5 Vol.% Alkohol aufweisen, sind also auch immer noch relativ leicht. Der größte Teil der Wachauer Weine fällt in diese Kategorie.
Gewollt sind diese hohen Alkoholgehalte nicht, aber unvermeidlich. Denn um reiche, komplexe Weine zu bekommen, lassen die Smaragd-Winzer ihre Trauben lange hängen – je nach Witterungsverlauf bis in den November hinein. Allein dadurch steigen die Mostgewichte stark an, und damit auch der potenzielle Alkoholgehalt.
Problem Botrytis
Vor 20 Jahren war das anders. Da warteten viele Winzer geradezu auf die Edelfäule, um einen besonders mächtigen Wein zu bekommen. Und manche dieser Botrytis-Smaragde sind eindrucksvolle Weine: siehe den 1998er Riesling Smaragd von Karl Lagler in der Wiener Probe. Einige Wachauer Winzer finden noch heute, dass Botrytis zu einem guten Smaragd gehört. Josef Jamek war der Prominenteste von ihnen. Seine Tochter und der Schwiegersohn, die das Weingut heute leiten, denken diesbezüglich etwas anders.
Neue Smaragde nur aus gesunden Trauben
Sollte dennoch vereinzelt Botrytis auftreten wie in 1998 und 2009, nehmen diese Winzer die Schere zur Hand und schneiden die faulen Teile aus der Traube. Rudi Pichler ist der Exponent dieser neuen Smaragd-Schule. „Ich mag keine Botrytis“, gibt er unumwunden zu. Höchste Priorität hat jedoch auch für ihn das Kriterium der Reife. Ohne sie gibt es keine großen Smaragde. 2008 hat er die letzten Trauben beispielsweise erst im Dezember eingebracht. Die Botrytis musste mühsam ausgeputzt werden.
Botrytis-Trauben sind Trockenbeeren. In ihnen sind die Inhaltsstoffe hochkonzentriert vorhanden – auch der Zucker. Botrytis-Trauben lassen daher den Alkoholgehalt der Weine in die Höhe schnellen. Außerdem laufen sie das Risiko, nicht durchzugären und eine leichte Restsüße zu behalten.
Kritik an den hohen Alkoholgehalten
Viel Rauch, wenig Feuer
Einige Winzer der jüngeren Generation möchten unbedingt beweisen, dass man in der Wachau auch schlanke Weine erzeugen kann, die dennoch so fein sind wie die großen Smaragde. Ein kühner Plan, ein ehrgeiziges Ziel. Ein paar Journalisten jubeln bereits und fahren schon mal eine Breitseite gegen die ihrem Empfinden nach anachronistischen Smaragde der Traditionswinzer.
Typisch: viel Rauch, wenig Feuer. Herausgekommen ist bisher wenig: einige respektable und viele überteuerte Lustweine. Auf Augenhöhe mit den Smaragden, die in Wien präsentiert wurden, ist noch keiner von ihnen.