VDP Mosel – kapern oder neu gründen!

An der Mosel schlagen die Wellen hoch. Der VDP-Regionalverband hat zwei Spitzenweingütern hinterhältig die Aufnahme verweigert. Zeit, um mal hinzusehen, was eigentlich los ist bei den Traubenadlern an der Mosel.

An der Mosel schla­gen die Wel­len hoch. Der VDP-Regionalverband hat zwei Spit­zen­wein­gü­tern hin­ter­häl­tig die Auf­nah­me ver­wei­gert. Zeit, um mal hin­zu­se­hen, was eigent­lich los ist bei den Trau­ben­ad­lern an der Mosel.

Die Mosel – das ist eine atem­be­rau­ben­de Wein­bergs­land­schaft, sind hoch­fei­ne, fili­gra­ne Ries­lin­ge und tüch­ti­ge, ja heroi­sche Win­zer – aller­dings mit zwei Gesich­tern: einem freund­li­chen und einem fal­schen. Das fal­sche Gesicht trat am 29. Juni mal wie­der zu Tage. Der Regio­nal­ver­band Mosel-Saar-Ruwer des Ver­bands Deut­scher Prä­di­kats­wein­gü­ter (VDP) hat­te zu einer tur­nus­mä­ßi­gen Sit­zung gela­den. Es ging dar­um, drei Wein­gü­ter neu in den Ver­band auf­zu­neh­men. Mög­lich ist das nur mit einer Zwei­drit­tel­mehr­heit der Stim­men der aktu­el­len 32 Mit­glie­der. Resul­tat: Nur das Wein­gut Rein­hard und Bea­te Kne­bel aus Win­nin­gen erhielt die not­wen­di­ge Stim­men­zahl. Die zwei ande­ren ras­sel­ten durch: das Wein­gut Molitor aus Weh­len und das Wein­gut Luben­ti­us­hof aus Nie­der­fell an der Unter­mo­sel. Sie sind offen­bar nicht erwünscht in dem ehr­wür­di­gen Club.

Die Abstimmung schien klar

Der Rest ist bekannt: Rück­tritt von Egon Mül­ler (Scharz­hof), dem Vor­sit­zen­den des Regio­nal­ver­bands, sowie sei­ner bei­den Stell­ver­tre­ter Nik Weis (St. Urbans­hof) und Claus Pied­mont. Die Rück­trit­te erfolg­ten, weil Mül­ler schon Mona­te vor der Abstim­mung die Mit­glie­der gebe­ten hat­te, ihm even­tu­el­le Ein­wän­de gegen die Auf­nah­me der drei neu­en Wein­gü­ter mit­zu­tei­len. Dem Ver­neh­men nach gab es nur weni­ge Ein­wän­de. Die Abstim­mung konn­te also statt­fin­den. Das Ergeb­nis schien klar.

Schien. Tat­säch­lich votier­te über die Hälf­te der Mit­glie­der gegen die Auf­nah­me der zwei Kol­le­gen. Ein Affront. Statt VDP-intern sei­ne Vor­be­hal­te zu äußern, hat­te ein Groß­teil der Mit­glie­der geschwie­gen und die Abstim­mung abge­war­tet, um die Ableh­nung der bei­den Kan­di­da­ten zum Aus­druck zu brin­gen. Fei­ge nennt man das. Oder auch verschlagen.

Wie vor 30 Jahren…

Da war sie plötz­lich wie­der, die dunk­le Sei­te der Mosel. Satt­sam bekannt aus der Zeit vor 30 Jah­ren, als Intri­ge und üble Nach­re­de das Kli­ma im Anbau­ge­biet ver­gif­tet hat­ten. Als die Feind­schaf­ten zwi­schen den Win­zern teil­wei­se so weit gin­gen, dass man dem Nach­barn nachts die Reb­stö­cke ansäg­te. Dass, wenn die­ser 20 Pfen­ning mehr für sei­nen Kabi­nett bekam, das Gerücht in Umlauf setz­te, er habe Jour­na­lis­ten besto­chen. Dass man, wenn ein Wein­berg ver­kauft wer­den soll­te, lie­ber einem Aus­wär­ti­gen den Zuschlag gab als dem Nach­barn. In kei­nem ande­ren deut­schen Wein­an­bau­ge­biet gab es so viel Miss­gunst und Neid wie an der Mosel.

Mit der Renais­sance des Ries­lings und der Ver­bes­se­rung der wirt­schaft­li­chen Lage hat sich die Situa­ti­on dann ent­spannt. Die jun­ge Gene­ra­ti­on der Mosel­win­zer hat wenig Inter­es­se, sich in per­sön­li­chen Feh­den zu ver­zeh­ren. Sie kon­zen­triert sich auf die Qua­li­tät ihrer Wei­ne und geht ansons­ten pfleg­lich mit­ein­an­der um. Doch das alte Bazil­lus ist, so scheint es, noch immer nicht ganz aus­ge­rot­tet. Tief im Inne­ren manch ehr­wür­di­gen VDP-Weinguts schlum­mert es noch, und wenn die Gemenge­la­ge es erfor­dert, bricht es wie­der aus.

Der Lubentiushof – über jeden Qualitätszweifel erhaben

Beschäf­ti­gen wir uns mal kurz mit den bei­den durch­ge­fal­len Kan­di­da­ten. Der Luben­ti­us­hof ist ein jun­ges Wein­gut, das erst 1994 von Andre­as Barth und sei­ner Frau Susan­ne gekauft und völ­lig neu auf­ge­baut wur­de. Seit­dem kom­men von der Unter­mo­sel Wei­ne, wie die Gegend sie bis dahin nicht kann­te: hoch­ge­lobt, mehr­fach prä­miert, sehr indi­vi­du­ell, über jeden Qua­li­täts­zwei­fel erha­ben. Auf jeden Fall zu den bes­ten des Anbau­ge­biets gehö­rend. Da es der Auf­trag des VDP ist, die Bes­ten unter sei­nem Dach zu ver­ei­nen, gehört der Luben­ti­us­hof eigent­lich in den VDP. Aber: Barth ist, im Ver­gleich zu man­chem Alt-Mosellaner, ein jun­ger „Mosel­bub“, gebil­det, intel­li­gent, scharf­zün­gig und – schlim­mer noch – an der Saar bes­tens ver­netzt. Als Geschäfts­füh­rer und ers­ter Kel­ler­meis­ter des Wein­guts von Othe­gra­ven ist er im Neben­be­ruf auch für die Wei­ne von Gün­ter Jauch zustän­dig. Insi­der wis­sen: Zwi­schen Saar und Mosel grum­melt es. Arg­wöh­nisch beob­ach­tet manch Mosel­laner den Auf­stieg der Saar, den Schwung, den Win­zer wie Roman Nie­wod­nicz­an­ski (Wein­gut Van Vol­xem), Max von Kunow (Wein­gut von Hövel), Flo­ri­an Lau­er (Wein­gut Peter Lau­er), Chris­tia­ne Wag­ner (Wein­gut Dr. Wag­ner) und auch Gün­ter Jauch in das Gebiet gebracht haben. Kon­kur­renz­den­ken und sons­ti­ge Kon­tras­te zwi­schen jun­gen und alten Betrie­ben gibt es dort nicht. War es also Angst, dass sich die Gleich­ge­wich­te zwi­schen Mosel und Saar ver­schie­ben könn­ten, wenn der streit­ba­re Barth und sein Luben­ti­us­hof Mit­glied werden?

Markus Molitor – sagt, was er denkt

Zu Mar­kus Molitor aus Weh­len. Sei­ne Fami­lie gehört zum Urge­stein der Mosel. Die Wei­ne der Molitors waren immer gut, doch so gut wie heu­te waren sie noch nie. Die Aner­ken­nun­gen häu­fen sich ent­spre­chend, die inter­na­tio­na­len Bewer­tun­gen stei­gen. Man­che Kri­ti­ker sehen Molitors Aus­le­sen und Tro­cken­bee­ren­aus­le­sen schon auf Augen­hö­he mit denen des Scharz­hofs von Egon Mül­ler. Ein Sakri­leg? Eigent­lich nicht, wenn Molitor nicht hin und wie­der aus­spre­chen wür­de, was er denkt. Näm­lich dass er här­ter arbei­tet, skru­pu­lö­ser ver­liest, restrik­ti­ver mit Prä­di­ka­ten umgeht als ande­re. So was hört man an der Mosel natür­lich nicht gern, beson­ders bei den qua­li­täts­schwä­che­ren Win­zern nicht. Hin­zu kommt, dass auch Molitor gute Bezie­hun­gen zur Saar pflegt. Gera­de hat er zusam­men mit Nie­wod­nicz­an­ski eine alte Saar-Lage, den Ock­fe­ner Geis­berg, gekauft und rekul­ti­viert. Moti­ve gäbe es also genug, ihm den Zugang zum Club der bes­ten Win­zer zu verwehren.

 

Markus Molitor

Mit dem Rücktritt wurde die Angelegenheit publik

Bei nor­ma­lem Ver­lauf des Auf­nah­me­pro­zes­ses hät­te die Öffent­lich­keit von der Ableh­nung nichts erfah­ren. Wenn recht­zei­tig Ein­wän­de gegen Molitor und den Luben­ti­us­hof erho­ben wor­den wären, wäre es gar nicht zu einer Abstim­mung gekom­men. Der Tages­ord­nungs­punkt wäre gestri­chen wor­den. Die Öffent­lich­keit hät­te sich viel­leicht gewun­dert, wes­halb eini­ge Wein­gü­ter der zwei­ten oder drit­ten Gar­ni­tur Mit­glied im VDP Mosel sind, wäh­rend ehr­gei­zi­ge und erfolg­rei­che Win­zer, die das Bild der Mosel weit stär­ker posi­tiv prä­gen, drau­ßen blei­ben müs­sen. Doch wun­dern tun sich Wein­ken­ner sowie­so schon lan­ge über den Regionalverband.

Mit dem Rück­tritt der drei Vor­sit­zen­den wur­de die pein­li­che Ange­le­gen­heit aller­dings publik. Das war zwar nicht vor­ge­se­hen. Aber es ist gut so. Klamm­heim­lich ein „Nein“ auf sei­nen Stimm­zet­tel zu schrei­ben und die zur Wahl ste­hen­den Kan­di­da­ten ohne Argu­men­te, ohne Begrün­dung abzu­leh­nen, hat ganz Deutsch­land gezeigt, von wel­cher Behä­big­keit und Spie­ßig­keit eini­ge derer sind, die im wei­chen VDP-Sessel sitzen.

„Unglücklich, aber lösbar“

Die Fol­gen für die Betei­lig­ten sind weni­ger schön. Egon Mül­ler und sei­ne Vor­stands­kol­le­gen sind bla­miert, die bei­den Wein­gü­ter beschä­digt. Und auch Mat­thi­as Kne­bel, der heu­ti­ge Inha­ber des Wein­gut Rein­hard und Bea­te Kne­bel, kann sich über die Auf­nah­me nicht wirk­lich freu­en. Ers­tens erhielt er nur knapp die not­wen­di­gen zwei Drit­tel aller Stim­men. Zwei­tens ist die Wahl ungül­tig. Es waren mehr Stimm­zet­tel abge­ge­ben wor­den als Stimm­be­rech­tig­te im Saal waren.

Egon Müller

„Unglück­lich, aber lös­bar“ hat VDP-Präsident Stef­fen Christ­mann die Unstim­mig­kei­ten an der Mosel bezeich­net. Die Fra­ge ist nur: wie lös­bar? Genau genom­men gibt es nur zwei ech­te Lösun­gen: den Regio­nal­ver­band auf­zu­lö­sen und neu zu grün­den oder ihn durch jun­ge, dis­kus­si­ons­fä­hi­ge Mit­glie­der zu kapern. Die drit­te Alter­na­ti­ve kommt nicht in Fra­ge: wei­ter wie bisher.

4 Kommentare

  • Ich fin­de die Kri­tik von Herr Prie­we voll­kom­men berechtigt.

    Ein bin ein gro­ßer Mosel- und Gro­ßer Ring-Fan. Aber was die Mit­glie­der da ent­schie­den haben, ist abso­lut lach­haft und ent­behrt jeder sach­li­cher Grund­la­ge. Es ist nicht erklär­lich, war­um ein gutes und ein exzel­len­tes Wein­gut, das die meis­ten VDP-Winzer in den Schat­ten stellt und inter­na­tio­nal Höchst­prei­se erzie­len kann, nicht auf­ge­nom­men wer­den. Die ein­zi­gen mög­li­chen Erklä­run­gen: Angst vor Kon­kur­renz und Neid.

    • Wer glaubt, dass Angst vor Kon­kur­renz und Neid das Haupt­mo­tiv für die Ableh­nung sein, soll­te mal mit den VDP-Mitgliedern spre­chen. Die erzäh­len einem – natür­lich hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand – ganz ande­re Geschich­ten. Im Übri­gen wur­den auch ande­re sehr ange­se­he­ne Wein­gü­ter in der Ver­gan­gen­heit anstands­los in den VDP Gro­ßer Ring auf­ge­nom­men, zuletzt Maxi­min Grün­haus. Da haben Neid und Kon­kur­renz­den­ken offen­bar kei­ne Rol­le gespielt.

  • Bevor man so scharf­zün­gig und dif­fa­mie­rend kri­ti­siert, soll­te man die Fak­ten ken­nen und die Sat­zung respektieren.
    Die Sat­zung sieht bei Neu­auf­nah­men eine gehei­me Abstim­mung vor. Das bedeu­tet: Jedes Mit­glied hat das Recht, sei­ne Mei­nung öffent­lich zu ver­ber­gen. Wenn der zurück­ge­tre­te­ne Vor­stand vor­ab öffent­lich geäu­ßer­te Ein­wän­de hören will, muss kein Mit­glied die­ser Auf­for­de­rung fol­gen. Es zählt nur das Ergeb­nis der gehei­men Abstim­mung – ob einem das passt oder nicht. Da ist es wenig hilf­reich, wenn man wie Nik Weis öffent­lich die VDP-Mitglieder beschimpft oder wie Egon Mül­ler nach einer ein­stim­mi­gen Wahl (eine Ent­hal­tung) prompt vom Amt zurücktritt.

    Im Übri­gen ist die Auf­nah­me bei­der Wein­gü­ter bereits zum drit­ten Mal geschei­tert. Ein klu­ger Vor­stand hät­te längst dar­aus sei­ne Leh­ren gezo­gen und das Auf­nah­me­ver­fah­ren aus­ge­setzt und bes­ser vor­be­rei­tet, allein schon, um die renom­mier­ten Auf­nah­me­kan­di­da­ten nicht wei­ter zu schädigen.

    Was aber macht der zurück­ge­tre­te­ne Vor­stand? Er setzt per Anwalt eine wei­te­re Ver­samm­lung für August ein und setzt die Auf­nah­me besag­ter Wein­gü­ter vor der Wahl eines neu­en Vor­stands auf die Tages­ord­nung. Ein vier­tes Schei­tern von Molitor und Barth scheint pro­gram­miert, ein danach gewähl­ter neu­er Vor­stand bereits vor Amts­an­tritt völ­lig dis­kre­di­tiert. Aber es geht ja hier auch um eine Nöti­gung: Mül­ler und Weis tre­ten nur an, wenn die drei Wein­gü­ter zuvor auf­ge­nom­men wur­den. Wenn das nicht geschieht, hin­ter­las­sen sie ver­brann­te Erde.
    Ach ja: Die Auf­nah­me von Kne­bel war ja ungültig.

    Ist das der Leis­tungs­nach­weis eines fähi­gen Vorstandes?

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