Dienstag, September 17, 2024
15.2 C
München
spot_img

2010 Weinviertel DAC Grüner Veltliner von Phillip Zull

Mit dem Grünen Veltliner verbindet sich bei vielen Menschen außerhalb Österreichs die Vorstellung eines Schlichtweins, den man saufen, aber nicht genießen kann. Vor 20 Jahren war das auch so. Doch der Wind hat gedreht, in Österreich zumal. Die besten Veltliner stehen heute einem großen Riesling an Qualität nicht nach. In der Wachau, in Krems und im Kamptal gibt es Weine aus dieser Sorte, die Monumente sind: an Kraft, an Fülle, an Langlebigkeit und auch an Eleganz.

Weinviertel – Grüner Veltliner pur

Wenn ein Österreicher an Veltliner denkt, fällt ihm der Name Weinviertel ein. Das Weinviertel ist nicht etwa ein Viertel Wein. Es ist eine Gegend. Sie liegt zwischen Wien und der tschechischen Grenze und ist das größte Anbaugebiet für Grünen Veltliner. Schlechte Weine gibt es dort kaum mehr, schlichte dagegen reichlich. Und für richtig gute muss man sich leider ein bisschen auskennen.

Am besten dürfte sich wohl Peter Moser auskennen. Er ist Chefredakteur des Falstaff-Magazins, der führenden Zeitschrift für gutes Essen und Trinken in Österreich (es gibt seit einigen Monaten auch eine Deutschland-Ausgabe von ihr). Er hat mir den Tipp mit Phillip Zull gegeben. Zull ist ein junger Winzer, der mit Frau, Vater, Mutter und Großmutter ein 18 Hektar-Weingut in Schrattental nahe der tschechischen Grenze bewirtschaftet. Die Weine, die er erzeugt, sind weder schlicht noch monumental, sondern „charaktervoll mit Brillanz und großem Lagerpotenzial“, wie Peter Moser es sagt. Man könnte noch drei Adjektive hinzufügen: blitzsauber, stoffig und richtig spannend.

Phillip Zulls zwei Veltliner

Noch Kohlensäure im WeinZull selbst würde sagen „gebietstypisch“. Doch das ist gelogen. Nur wenige Grüne Veltliner des Weinviertels sind so gut wie die Seinen. Genau genommen sind es zwei Grüne Veltliner, die er erzeugt. Das Spitzengewächs trägt die Lagenbezeichnung Äußere Bergen auf dem Etikett: ein hochkomplexer Wein mit teilweise mineralischen, teilweise exotischen Fruchtaromen von Grapefruit, Banane, Mango, opulent und voller Wohlgeschmack. Der 2010er sollte allerdings noch zwei, drei Jahre liegen.

Der andere Wein heißt einfach Weinviertel DAC. Er schmeckt „nur“ nach reifen Marillen und Williamsbirnen, ist etwas weniger mineralisch, trinkt sich dafür aber jetzt schon recht gut. Obwohl er nur der Basiswein ist, verfügt er bei vergleichsweise niedrigem Alkoholgehalt (12,6 Vol.%) über beeindruckend viel Substanz. Er besitzt viel Kohlensäure, und selbst nach zwei Tagen, die er offen im Glas gestanden hat, prickelt er noch vor Frische. Kurz: Einen Grünen Veltliner dieser Qualität zu einem derart wohlfeilen Preis findet man in Österreich selten.

Der Jahrgang 2010

Familie ZullEin Wort zum Jahrgang 2010: Dessen hervorstechendste Eigenart ist die Säure. Sie durchzieht den Wein wie ein empfindlicher Nerv. Dabei ist sie mit 6,2 Gramm gar nicht einmal hoch. Doch sie enthält viel harte Apfelsäure. Zwar ist diese durch die hohen Extrakte gut abgepuffert. Aber wer damit nicht klarkommt, sollte lieber versuchen, noch ein paar Flaschen 2009er zu finden. Dessen Säure ist weiniger und weicher.

Achso: Ein „Pfefferl“ besitzt der Wein natürlich auch, jene kräuterwürzige Note, die die Österreicher jedem Grünen Veltliner andichten.

- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

Must know

- Anzeige -spot_img

Ähnliche Artikel

- Anzeige -spot_img