„Der Weinberg ist das Gedächtnis des Weinguts“, sagt Jungwinzer Dieter Herist aus dem Südburgenland und meint damit die Welschriesling-Reben, die noch aus der Zeit seiner Großeltern stammen. Selten redet jemand so wie er von dieser Allerweltssorte, die Weißwein meist auf den kleinsten gemeinsamen Nenner herunterbricht. Mit 3.597 Hektar Rebfläche beansprucht Welschriesling den zweiten Platz unter allen Weißweinsorten Österreichs, obwohl zwischen ihr und den 15.517 Hektar des Grünen Veltliners, der häufigsten österreichischen Sorte, sich doch noch eine große Kluft auftut.
Dennoch: Gewöhnlich entsteht aus der Sorte Welschriesling ein einfacher, neutraler Schoppenwein, der dann zum durstlöschenden G’spritzten wird, „damit das Wasser ned ganz so fad schmeckt“, wie es in Österreich heißt. Herists Welschriesling ist ganz anders. Er prunkt zwar auch mit Frische und Unkompliziertheit, aber im Gegensatz zu dem Meer von wässrigen, geschmacksneutralen Weinen auch mit Eleganz, Textur, einer gewissen Aromentiefe sowie mit pikanter Würze, so als hätte er dem Wein ein paar Tropfen salzige Sojasauce zugegeben. Ein derartiger Welschriesling gehört nicht in den Offenausschank, sondern auf den Tisch. Zu einem Tafelspitzsülzchen etwa, oder zu einem Vitello tonnato, zu luftgetrocknetem Schinken, zu Spaghetti alle vongole.
„Normalerweise wird Welschriesling einfach zu früh geerntet und zu kalt vergoren“, ist Herist überzeugt. „Dann hat er keine Bukettreife, die meisten schmecken dann bereits im Sommer nicht mehr.“ Seine alten Welschrieslingreben stehen auf Grau-, Blau- und Tonschieferböden, werden mit Liebe gepflegt und erst bei voller Reife geerntet. Bis zu 30 Stunden Maischestandzeit bedeuten, dass die in den Beerenhäuten enthaltenen Aromen vor Beginn der Gärung ausgelaugt werden und in den Most übergehen. Dann werden Most und Maische gepresst, relativ trüb in großen, gebrauchten Holzfässern von 600 bis 900 Litern vergoren, spontan. Ein Jahr bleibt der Wein auf der Vollhefe. Herist kann sich das leisten, weil sein Lesegut gesund ist. Mal findet der biologische Säureabbau statt, mal nicht: „Der Wein wird, was er werden will.“
Auf dem Etikett des Weins steht groß nur sein Name und der des Ortes, wo seine Weinberge liegen: Rechnitz. Eine kleine Weißweininsel im Südburgenland. Dort regiert eigentlich der Blaufränkisch. Aber Rechnitz war immer Welschriesling-Land. Meist schreibt er den Namen der Sorte deshalb gar nicht aufs Etikett. „Wer Rechnitz sagt, meint Welschriesling.“
Sein 2014er Rechnitz hat immer noch leicht reduktive Gärnoten an der Nase. Was die Exquise dieses Weins ausmacht, merkt man erst am Gaumen: die feinen mineralischen Noten, die milde Säure, die stoffige Substanz. Herist möchte mit diesem Wein den Stellenwert des Welschrieslings in Österreich verändern, möchte das Aschenputtel zu einer Prinzessin machen. Das ist ihm selbst in einem schwierigen Jahrgang wie 2014 gelungen.
2014 Rechnitz Welschriesling | Herist
Preis: € 9,81 (bei Abnahme von 12 Flaschen)
Bezug: www.weinco.de
Andere Bezugsquellen: www.weinhalle.de
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