Sicher, dieser Wein ist kein Hochgewächs. Aber er kommt aus dem großen Jahrgang 2010, der ungeheuer dichte Weine mit reifem Tannin und schöner, satter Frucht hervorgerbacht hat. Einer der Vorzüge dieses Jahrgangs ist, dass die Weine jetzt schon mit großem Genuss getrunken werden können. Für Leute, die keinen Weinkeller besitzen und auch nicht den Ehrgeiz haben, Weine lange zu lagern, lohnt es sich also, zu so einem Wein zu greifen.
Nur ein Bordeaux Supérieur
Erst recht, wenn es sich um den Chateau Val de Roc handelt: nur ein einfacher Bordeaux Supérieur. Aber was für einer! Dunkel, dicht, duftig mit Nuancen von roten Beeren, Minze, Zedernwürze, Bitterschokolade, ungeheuer tief, dabei straff gewoben und mit jenem staubfeinen Tannin, das es nur in großen Jahren gibt – und auch dann nur, wenn der (oder die) Weinmacher etwas von seinem/ihrem Handwerk verstehen.
Beim Château Val de Roc dürfte diese Voraussetzung erfüllt sein. Séverine Grimal und Laurent Vallet arbeiten beide auf Château Ausone, dem berühmten Grand Cru Classé „A“ von Saint Emilion. Val de Roc, Séverines 5,7 Hektar-Besitz, liegt in der Gartenlandschaft nördlich von Libourne. Sie ist die Winzerin. Laurent ist chef de culture auf Ausone.
Der Weinberg von Val de Roc ist mit 70 Prozent Merlot, 20 Prozent Cabernet Sauvignon und 10 Prozent Cabernet franc bestockt. Der Wein enspricht diesem Mischungsverhältnis. Nur ein Drittel wurde in Barriques ausgebaut. Der große Rest reifte im Edelstahl.
Erstmals auf Chateau Ausone präsentiert
Auch wenn es Sévérine und Laurent noch an Geld fehlt, um ihr Château zu modernisieren, so zeigt ihr Val de Roc doch, dass auch außerhalb der bekannten Appellationen in Bordeaux mit Hingabe und Können großartige Weine erzeugt werden können. Den 2010er durften die beiden übrigens auf Château Ausone der Öffentlichkeit vorstellen.
Die 9,90 Euro, die eine Flasche dieses beeindruckenden Bordeaux kostet, sind zwar nicht wenig für einen Mindestlohn-Jobber, zumal es Bordeaux-Weine beim Discounter schon sehr viel billiger gibt. Aber der größte Teil dessen, was da im „Abverkaufs-Regal“ steht, ist nichts als Resteverwertung. Der Val de Roc dagegen ist der Grand Vin eines kleinen Château. Ein Riesenunterschied.
Grand Vin eines kleinen Château
Bei den Bordeaux-Weinen unter 10 Euro, die der Discounter Lidl zum Beispiel in seinem Online-Shop anbietet, steht noch nicht einmal der Name des Château in der Beschreibung. Der Kunde liest nur „Côtes de Bordeaux“ oder „St. Emilion Grand Cru“. Er muss erst das Flaschenfoto anschauen und den Erzeuger-Namen auf dem Etikett dechiffrieren, um zu erfahren, wes Wein er trinkt.
Wer die Flaschenabbildungen vergrößert, wird außerdem bemerken, dass der Jahrgang fein säuberlich wegretuschiert wurde. Warum wohl? Wahrscheinlich handelt es sich um die kleinen Jahrgänge 2011, 2012 und 2013, die da angeboten werden. Auch in den Beschreibungen, zu denen man weiterklicken kann, taucht der Jahrgang nicht auf. Verhält sich so ein seriöser Weinhändler?
Trotzdem gibt es, wenn man nicht gerade in die 2,99-Euro-Schublade greift, manch ordentlichen Wein bei den Discountern. Nur kosten die fast immer auch soviel wie im Fachhandel. Qualität wird nicht nachgeschmissen.
2010 Château Val de Roc
Preis: 9,90 Euro
Bewertung: 89/100 Punkte