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Unter 10 Euro: Riesling trocken „Jacobus“ von Peter Jakob Kühn

Den Jacobus gibt es schon seit vielen Jahren. Mit  40.000 Flaschen ist er der numerisch wichtigste Wein des Gutes. Aber noch nie war er so gut wie heute. Der Jahrgang 2013 ist bei diesem einfachen Riesling ungewöhnlich gut geraten. Der Gault Millau-Weinführer 2015 hat ihn zum „Gutswein des Jahres“ erkoren. Eine große Ehre für das 20-Hektar-Weingut aus Oestrich, das in den vergangenen zehn Jahren einen fulminanten Aufstieg erlebt hat, aber immer noch zu den eher unbekannten Weingütern in Deutschland gehört.

Besser als ein verkorkster Spitzenwein

Der Gault Millau schreibt sogar, dass der Jacobus „manches Große Gewächs alt aussehen lässt“. Eine kühne Behauptung, der nur insofern nicht widersprochen werden kann, als es viele enttäuschende Große Gewächse gibt, gerade vom Jahrgang 2013. Und ein stimmiger Gutsriesling kann durchaus besser sein als ein verkorkster Spitzenwein. Ansonsten aber haben die Großen Gewächse mit ihren 13,5 Vol.% Alkohol, ihren hohen Extrakten und dem Holzfass-Ausbau nichts mit diesem kleinen Wein zu tun, der in der Betriebshierarchie des Weinguts ganz unten steht (12 Vol.% Alkohol, ausschließlich im Edelstahl vinifiziert und ausgebaut).

Kühle Mineralik und reife Säure

Kühns begrünte, blühende WeinbergeDer Jacobus gefällt mit seiner klaren, kühlen Frucht, der reifen Säure und einer Mineralik, die für Weine dieser Qualitätsstufe eher ungewöhnlich ist. So deutlich ausgeprägt sind diese Boden- und Gesteinstöne, dass man glauben könnte, der Wein komme von einem großen Terroir. Kommt er auch. Der überwiegende Teil der Trauben stammt vom Mittelheimer Edelmann, einer Ersten Lage nach VDP-Klassifikation. Ein paar Anteile sind auch aus dem Lenchen und dem Doosberg im benachbarten Oestrich – jeweils Große Lagen. Das schmeckt man. Kein Tutti-Frutti, dafür viele salzige, dunkle Aromen.

Gemeinschaftsproduktion von Vater & Sohn

Peter Bernhard und Vater Peter Jakob KühnDer Wein ist eine Gemeinschaftsproduktion von Peter Jakob Kühn, 60, und seinem Sohn Peter Bernhard, 30. Der Vater kümmert sich vor allem um die Reben und die biodynamische Bewirtschaftung der Weinberge. Beim Vinifizieren lässt er dem Sohn weitgehend freie Hand. Und der hat, obgleich noch mitten im Studium, längst eigene Vorstellungen entwickelt, wie ein Gutswein beschaffen sein könnte, wenn alle zur Verfügung stehenden Optionen ausgereizt werden.

Die wichtigste: Handlese. Der Vollernter wurde aus den Weinbergen des Gutes inzwischen verbannt. Dann: Verzicht auf Maischestandzeit, wie sie bisher praktiziert wurde. Stattdessen Ganztraubenpressung bei langsamem Keltern. Peter Bernhard hat ein Praktikum bei Zind-Humbrecht im Elsass gemacht. Olivier Humbrecht ist ein Verfechter des langen, mindestens sechsstündigen Pressens. Das Resultat ist ein relativ sauberer Most, der nach kurzem Absetzen ohne Vorfiltern vergoren wird. Anschließend Spontangärung ohne Reinzuchthefen, langer Ausbau auf der Hefe, kein Schönen.

Über Umwege zum Wein

Peter Bernhard Kühn beim Hornkieseln„Ich habe mich beim Jacobus mit allem eingebracht, was ich bisher im Studium und in den Praktika gelernt habe“, sagt Peter Bernhard, der noch für seinen Abschluss in Geisenheim büffelt. Ursprünglich hatte er gar nicht vor, ins elterliche Weingut einzusteigen. Nach dem Abitur hatte er Betriebswirtschaft und Philosophie studiert, danach in der Online-Redaktion beim Südwestrundfunk in Mainz gearbeitet.

Erst da merkte er, „dass Wein eigentlich etwas Spannendes ist“. Er absolvierte verschiedene Weinbau-Praktika in Frankreich, war plötzlich „ultrainspiriert“ und entschied sich, mit dem Studium noch einmal von vorn zu beginnen: diesmal in Geisenheim. Fachrichtung Önologie. Allerdings gibt er zu: „Wenn es in unserem Weingut in den letzten Jahren nicht so super gelaufen wäre, hätte ich diese Entscheidung nicht getroffen.“

Gute Teamplayer

Die Doppelbelastung von Studium und Arbeit managt er mittlerweile souverän. Nur für seine Hobbies hat er kaum noch Zeit. Für den FSV Winkel, seinen Fußballverein, läuft er nicht mehr auf. Manchmal geht er als Zuschauer noch ins Stadium zu Mainz 05, „aber höchstens zwei- bis dreimal im Jahr“. Und für die deutsche Weinelf stürmt er auch nicht mehr. Vater Peter Jakob übrigens auch nicht. Der hatte sich gleich beim ersten Einsatz den Oberschenkel gezerrt. „Aber gute Teamplayer sind wir trotzdem“, betont der Sohn.

Der Wein


2013 Riesling trocken „Jacobus“ | Weingut Peter Jakob Kühn, Oestrich
Kräftiger, aber nicht schwerer Riesling, mineralisch-kühl mit feinem Apfelaroma im Hintergrund, durchzogen von einer frischen Säureader: straff gewoben, dabei aromentief und vielschichtig, perfekte Balance.
Bewertung: 88 Punkte
Preis:  9,50 €
Bezug: Weingut Peter Jakob Kühn


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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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