Bei Günter Jauch wäre es eine 100.000-Euro-Frage: Warum machen manche Winzer aus roten Trauben Weißwein? Haben sie nicht genügend weiße Rebsorten? Sind die Weißweine aus weißen Sorten nicht gut genug? Müssen sie den Franzosen, die diese merkwürdige Methode erfunden haben, unbedingt alles nachmachen? Oder ist es pure Experimentierlust, die die Winzer zu dem Abenteuer treibt, einen Blanc de Noir zu produzieren? So nennt man Weißweine, die aus roten Trauben erzeugt werden.
Deutsche Resteverwertungs-Manie
So einfach die Frage klingt, so schwierig ist die Antwort. Denn es gibt viele Wahrheiten. Die einfachste und leider für Deutschland zutreffendste lautet: Viele Blanc de Noirs verdanken sich allein der verhängnisvollen Resttraubenverwertungs-Manie kommerziell denkender Winzer (oder Kellereien). Um angeschimmelte Rotweintrauben, die sich für die Rotweinbereitung nicht mehr eignen, nicht wegwerfen zu müssen, wird Weißwein aus ihnen erzeugt. Eben Blanc de Noir. Diesen Wein kann man theoretisch aus allen Rotweinsorten machen, vom Dornfelder über Portugieser und Spätburgunder bis zu Cabernet Sauvignon und Syrah. Man muss die Trauben nur ohne Schalen vergären. Da die Farbstoffe in den Schalen sitzen, bleibt der Wein hell.
Höchst fragwürdige Qualitäten
In schlechten Jahren können Winzer so ihre Ernteverluste minimieren. Das Dumme ist nur, dass Weine aus solcher Resttraubenverwertung kein Genuss sind. Sie büßen schnell ihre Fruchtigkeit ein und schmecken entweder muffig oder – wenn der Wein hinterher mit Kohle geschönt wird (was meistens geschieht) – neutral. Aus Konsumentensicht also eine höchst fragwürdige Methode: Wir haben auf weinkenner.de ausführlich darüber berichtet. In der Champagne, wo diese Methode erfunden wurde, wird sie nur für gesunde Trauben angewendet, nicht um Resteverwertung zu betreiben.
Anspruchsvoll auch in der Gutsweinliga
Eine andere Wahrheit ist, dass es Winzer gibt, die anders gepolt sind – auch in Deutschland. Sie geben sich, wenn der Jahrgang nicht mehr hergibt, mit weniger zufrieden. Hauptsache, es kommt ein guter Wein dabei heraus. Und der Blanc de Noirs von Jens und Katja Bäder ist gut. Gemessen daran, dass er in die Gutsweinliga spielt, also in die Kategorie der preiswerten Weine gehört, ist er sogar richtig anspruchsvoll. So anspruchsvoll, dass inzwischen auch die Spitzengastronomie auf ihn aufmerksam geworden ist.
Cremiger als die klassischen Weißweine
Die Antwort der Bäders auf die 100.000-Euro-Frage lautet, dass man nach der Blanc de Noir-Methode einen Wein bekommt, der anders schmeckt als Riesling, Weißburgunder, Grauburgunder – Weine, die das junge Winzerehepaar ebenfalls in hervorragender Qualität produziert. Wie anders? Es beginnt mit dem besonderen Duft (roten Beeren), setzt sich bei der vergleichsweise milden Säure fort und zeigt sich schließlich am Gaumen: Er ist cremiger als die klassischen Weißweine. Klingt technisch, in Wirklichkeit aber ist Bäders Blanc de Noirs einer der besten Weine seiner Kategorie in Deutschland. Zu einem Vitello tonnato oder einem gemüsigen Wrap oder – ganz klassisch – einem gedämpften Lachsfilet passt er super, besser als Riesling & Co.
Eigenes System ausgeklügelt
Reife SpätburgundertraubeBäders Blanc de Noirs wird aus zwei Sorten erzeugt: Frühburgunder und Spätburgunder (daher das „s“ hinter dem Wort Noir). Faule, matschige Trauben werden für ihn nicht verwendet. Diese werden vor der Lese gnadenlos auf den Boden geschnitten, sodass, wenn die eigentliche Lese beginnt, nur noch gesunde Trauben am Stock hängen. Dabei haben die Bäder ein eigenes System ausgeklügelt, nach dem sie den Wein erzeugen. Die eine Hälfte der Trauben wird zwei oder drei Wochen vor der Haupternte gelesen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Säure in den Beeren noch hoch, der Zucker (aus dem später Alkohol wird) noch relativ niedrig. Die andere Hälfte wird vollreif gelesen, wobei nach dem Quetschen der Trauben ein Teil des Saftes abgesondert und dem inzwischen gärenden Most der ersten Partie zugegeben wird (der andere Teil der zweiten Hälfte wird mit den Schalen zu Rotwein vergoren).
Weißwein oder Rosé – das ist die (unwichtige) Frage
Auf diese Weise erhalten die Bäders einen Wein, der einerseits säurebetont, andererseits vollmundig ist und Reifearomen besitzt. „Diese Kombination von Frische und Cremigkeit ist es, die die Besonderheit unseres Blanc de Noirs ausmacht“, sagt Jens Bäder. Er ist niedrig im Alkohol (11,5 Vol.%) und hat einen pastellfarbenen Kupferschimmer, weshalb die Bäders ihn sogar als Rosé bezeichnen (auch wenn der „Blanc“ de Noirs heißt).
Bioland-zertifiziertes Weingut
Katja und Jens Bäder haben sich in Geisenheim kennengelernt, wo sie beide Weinbau und Önologie studierten. Dort reifte auch der Entschluss, ihre Idee vom Wein gemeinsam umzusetzen. Unverwechselbar und einzigartig sollte sein, was sie erzeugen, ein Spiegel der Böden und des Jahrgangs, umweltgerecht erzeugt und authentisch. Im elterlichen Weingut von Jens Bäder ließ sich diese Idee nicht umsetzen. Also gründeten sie ein paar Dörfer weiter ihr eigenes Weingut. Das war 2009. Seitdem ging es langsam, aber sicher aufwärts. Heute bewirtschaften sie 8,5 Hektar im Nordwesten Rheinhessens, nur wenige Kilometer vom Anbaugebiet Nahe entfernt. Ihr Gut ist Bioland-zertifiziert, ihre Weine werden weitgehend mit eigenen Hefen vergoren. Vom Blanc de Noirs werden durchschnittlich 7.000 Flaschen gefüllt.
Der Wein
2014 Blanc de Noirs | Weingut Bäder, Wendelsheim
Preis: 7,50 Euro
Bezug: www.weingutbaeder.de
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Das ist ja mal gerade wieder Unsinn. Gerade in der Champagne wird nun auch das mieseste Lesegut noch irgendwie verarbeitet. Das Land ist teuer, der Druck ist groß und die Nachfrage riesig.
Einfach mal bei YouTube reinschauen, dort findet man genug Winzer aus der Champagne, die nicht nur bei Regen lesen – sondern auch behaupten Botrytisbefall würde den Gedchmack nicht ändern!
Da wird nicht einmal sortiert!
Und dann Erden die Flaschen für 30€ verkauft. – Da würde sich manch anderer Winzer schämen.