Der Wein heißt einfach Spätburgunder „S“, und er kommt aus dem Weingut Bernhard Koch im südpfälzischen Hainfeld. Der Buchstabe „S“ steht aber nicht für simpel. „Wer will, kann gerne ‚super’ sagen“, schlägt Winzer Koch vor. Saugut würde auch passen. Oder sensationell. Letzteres wäre für einen Basis-Spätburgunder allerdings etwas übertrieben. Der „S“ ist zwar ein Selektionswein, aber sensationell sind andere Spätburgunder in seinem Sortiment. Davon unten mehr.
Schon beim Schnuppern: die typische Pinot-Nase
Kochs Spätburgunder „S“ kommt von verschiedenen Parzellen zwischen Hainfeld und Weyher. Auf den dortigen Lehm- und Lössböden entsteht ein kräftiger Spätburgunder. Frucht und mineralische Würze charakterisieren ihn. So hat der „S“ das, was bei Burgunderliebhabern schon beim Anschnuppern den Adrenalinspiegel ansteigen lässt: die typische Pinot-Nase. Pflaumen- und Kirschduft stehen im Vordergrund, dazu eine süße, vanillige Würze und zarte Röstaromen: Der Wein wurde ein paar Monate lang in gebrauchten Barriques aus teurer, französischer Eiche ausgebaut.
B. Koch, C. Sakata und H.-E. DauschAm Gaumen ist der „S“ richtig druckvoll: 14,1 Vol.% für einen Basiswein – das ist schon recht üppig. Der Alkoholgehalt ist das Resultat eines langen Ausreifens der Trauben am Stock. Dadurch bekommt der Wein Extrakt und Süße. Stielige Noten, wie sie viele andere, weniger gelungene Spätburgunder aufweisen, findet man bei ihm nicht, was auch damit zu tun hat, dass Koch und seine junge, aus Japan stammende, in Deutschland ausgebildete Kellermeisterin Chie Sakata die Maische sehr sanft abpressen. Kurz: ein Wein, der wesentlich mehr Genuss-Parameter aufweist, als der Preis von 8,20 Euro vermuten lässt.
Klare Vision vom Spätburgunder
Wer sich zum Beispiel in Burgund umschaut und die dortigen Referenzweine heranzieht, also die einfachen Bourgogne Pinot Noir, wird unschwer feststellen, dass dieser „S“ ein außerordentlich kompetitiver Vertreter der Rebsorte ist. Und das nicht nur, weil er mindestens ein Drittel weniger kostet als die französischen Vorbilder.
Bernhard Koch ist 57 und kein Schöngeist, kein Büttenredner, kein Weinsnob. Er ist ein zupackender, bodenständiger Winzer, der eine klare Vision vom Spätburgunder hat. Er sieht ihn als spielerisch-spannungsreichen Wein, mit viel Mineralität in seiner hochklassigen und viel Frucht in seiner einfachen Version, wie etwa beim „S“.
Für Bratwurst und Flammkuchen zu schade
WeinpavillonKnapp 48 Hektar Reben besitzt er und produziert rund 400.000 Flaschen Wein. Im Lehnstuhl sitzen und warten, dass jemand an die Kellertür klopft und seinen Wein begehrt – das funktioniert nicht mehr in solchen Größenordnungen. Hilfreich kann eine Schankwirtschaft sein, wie er sie in Gestalt eines Weinpavillons neben dem Gut eingerichtet hat. In ihr werden seine Weine zur kleinen Küche ausgeschenkt, obwohl viele finden, dass seine Weine für Bratwurst und Flammkuchen eigentlich zu schade sind.
Insofern war es glücklicher Umstand, dass der Gault Millau Bernhard Koch in seiner neuesten Ausgabe zum Winzer mit der besten „Kollektion des Jahres“ gewählt hat: „Geradezu unglaublich die Qualitätsexplosion dieses Hainfelder Weinguts“ heißt es in der Begründung des Weinguides, wobei ausdrücklich Sauvignon Blanc, Chardonnay und Pinot Noir erwähnt werden. Zu Recht. Allerdings haben auch andere Winzer beeindruckende Weißwein-Kollektionen, eine derart gute Rotwein-Kollektion wie er dagegen nur wenige.
Esprit und Eleganz
Ich habe im Januar Kochs 2009er, 2011er und teilweise 2012er Spätburgunder durchprobiert: Chapeau! Da hat, so mein Eindruck, einer begriffen, was Pinot Noir ist. Was Esprit und Eleganz bei einem Wein bedeuten. Da wird plötzlich klar, warum die ganze Welt verrückt nach Weinen aus dieser Sorte ist. Da fange auch ich langsam an zu glauben, dass deutscher Spätburgunder partiell auf Augenhöhe mit Pinots Noirs aus dem Burgund sein können – wenn nicht den großen, dann den sehr guten.
Denn so gut und unglaublich preiswert Kochs Spätburgunder „S“ ist – seine Spitzenweine spielen in einer anderen, internationalen Liga. Etwa die Pinot Noir Réserve und die Pinot Noir Réserve HE: zwei opulente, vielschichtige und doch leicht über die Zunge hüpfende Weine aus den besten Hainfelder Parzellen des Gutes. Die Buchstaben HE stehen für seinen Freund Hans-Erich Dausch, der ihn in önologischen Dingen berät. Mit 28 Euro sind die Weine für Pfälzer Verhältnisse ziemlich teuer, für internationale Verhältnisse dagegen unverschämt preiswert.
[…] Unter 10 Euro: Bernhard Kochs famoser Spätburgunder „S“ […]