Die Farbe ist zitronengelb, keine Spur von Oxidation oder Firne. Die Franciacorta Riserva Speciale „Annamaria Clementi“, Jahrgang 1980, wird dieser Tage freigegeben, edel verpackt in ein schwarzes, mit Seide ausgeschlagenes Coffret. Es werden nur wenige hundert Flaschen sein, die auf den Markt kommen, und sie werden – so viel ist sicher – nicht verkauft, sondern zugeteilt. Insgesamt liegen in den Kellern von Ca‘ del Bosco fünf- bis sechstausend Flaschen von dieser Riserva Speciale. Die meisten werden vorerst auch dort liegen bleiben und in den nächsten Jahren peu à peu und anlassbezogen freigegeben werden.
„Annamaria Clementi“ ist der Topwein des Gutes
„Annamaria Clementi“ ist der Top-Franciacorta des Weinguts. Er ist aus Chardonnay (55%, Pinot Bianco (25%) und Pinot Nero (20%) assembliert und liegt normalerweise acht Jahre auf der Hefe, bevor er degorgiert wird. Er kostet zwischen 100 und 130 Euro und ist damit der teuerste Franciacorta von Ca’ del Bosco. 1980 war ein mittelmäßiger Schaumwein-Jahrgang nicht übermäßig komplex, dafür mit einer hohen Säure gesegnet. Maurizio Zanella, der Inhaber vdes Weinguts, hatte veranlasst, dass ein Teil der Flaschen (die damals als Jahrgangs-Franciacorta auf den Markt kommen sollten, den „Annamaria Clementi“ gab es offiziell erst seit 1989) zurückgehalten wird. Er wollte wissen, wie sich der Wein auf der Hefe entwickelt.
Mehr als 40 Jahren Hefelager – das hat noch keiner gewagt
Dass durch die Autolyse (die Reaktion der abgestorbenen Hefen in der Flasche auf den Wein) Sauerstoff gebunden wird und der Wein so besser vor Verderbnis geschützt wird, ist ein bekanntes Phänomen. Aber wie lange? Beispiele für Champagner, die zehn oder mehr Jahre auf der Hefe liegen, gibt es mehrere (Tarland, Ar Lenoble u.a.). Auch das deutsche Sekthaus Raumland lässt seine Grande Cuvée zehn Jahre auf der Hefe liegen. Aber mehr als 40 Jahre – das hat noch keiner gemacht.
300 Personen durften den Oldie verkosten und genießen
Für Zanella ist das XXXL-Hefelager nur ein Experiment, kein kommerzielles Unterfangen. Für die Bilanz fallen ein paar hundert Flaschen nicht groß ins Gewicht, als Demonstration der Klasse seines Franciacorta dagegen schon. Dass der Franciacorta-Oldie nicht nur mit zartem Limetten- und Quittenaroma und vielen Brioche-Noten fasziniert, sondern auch noch richtig sprudelt, davon konnten sich 300 Personen überzeugen, die Anfang Oktober zu einem Gala-Menu in die Franciacorta eingeladen waren: alle 150 Angestellten des Betriebs sowie Agenten, Gastronomen, Importeure und ein paar Gäste von der Presse: Das Menu begann mit einem Glas der raren Riserva Speciale für alle.