Udo Jürgens ahnte es nicht: So gut kann griechischer Wein sein

Artikelbild 2010 Estate Agiorgitiko von Papaioannou
Artikelbild 2010 Estate Agiorgitiko von Papaioannou
Griechenland ist das bestgehütete Geheimnis der Weinwelt – trotz Udo Jürgens. Beweis gefällig? Der rote Agiorgitiko aus dem Weingut von Papaioannou. Die Reben für den Wein wachsen auf der Peleponnes nahe der Ruinen des Zeus-Tempels.

Grie­chen­land ist das best­ge­hü­te­te Geheim­nis der Wein­welt – trotz Udo Jür­gens. Beweis gefäl­lig? Der rote Agi­or­gi­ti­ko aus dem Wein­gut von Papai­o­an­nou. Die Reben für den Wein wach­sen auf der Pele­pon­nes nahe der Rui­nen des Zeus-Tempels.

Er ist der ein­fachs­te Rot­wein des Wein­guts Papai­o­an­nou. Aber was für einer!  Kraft­voll wie ein Côtes-du-Rhône, tief bee­ren­fruch­tig wie ein Kali­for­ni­er, so tann­in­stark wie ein Chi­an­ti Clas­si­co, das Tan­nin aber so per­fekt ver­schmol­zen wie bei einem guten Rio­ja. Und preis­wer­ter als ein guter deut­scher Spätburgunder.

Völlig neue Facette unter den mediterranen Roten

2010 Estate Agi­or­gi­ti­ko von Papaioannou

Zuge­ge­ben, etwas gequält die­se Auf­zäh­lung, und irgend­wie auch irre­füh­rend. Denn die­ser Agi­or­gi­ti­ko hat geschmack­lich nichts mit den vor­ge­nann­ten Wei­nen zu tun. Er ist voll­kom­men eigen­stän­dig. Wer sich ihm mit größt­mög­li­cher Zurück­hal­tung  nähert, müss­te sagen: ein gut struk­tu­rier­ter, kraft­vol­ler Wein medi­ter­ra­ner Prä­gung mit einem viel­schich­ti­gen, von rei­fer, süßer Frucht und her­ber Wür­ze gepräg­ten Aromenprofil.

Aber war­um zurück­hal­tend, wenn die Begeis­te­rung groß ist? Die­ser Wein (aus­ge­spro­chen: Ajor-jitiko) stellt eine völ­lig neue Facet­te dar im Rei­gen der medi­ter­ra­nen Rot­wei­ne, und zwar eine span­nen­de. Sie zeigt, dass Grie­chen­land im Ver­gleich zu Spa­ni­en, Ita­li­en Süd­frank­reich zwar Ter­ra Inco­gni­ta ist, aber auch ein Über­ra­schungs­po­ten­zi­al birgt, das grö­ßer ist als bei die­sen Län­dern (sie­he auch unser Dezember-Artikel über Grie­chen­land).

Die Grie­chen nen­nen ihn „Her­ku­les­blut“

Weinberge bei Nemea
Wein­ber­ge bei Nemea

Die­ser Wein kommt aus Nemea. Nemea ist die größ­te Wein-Appellation Grie­chen­lands. Sie umfasst 3.000 Hekt­ar Reben und liegt im Nord­os­ten der Pele­pon­nes, etwa andert­halb Auto­stun­den von Athen ent­fernt. Es ist eine klas­si­sche Rotwein-Appellation. Die typi­sche Reb­sor­te dort heißt Agi­or­gi­ti­ko, auf Eng­lisch auch St. Geor­ge genannt: eine dick­scha­li­ge, spät rei­fen­de Trau­be, die inzwi­schen zwar auch in ande­ren Lan­des­tei­len, aber außer­halb Grie­chen­lands prak­tisch nir­gend­wo ange­baut wird.

In den hohen Lagen von Nemea mit ihren tro­cke­nen, stei­ni­gen Böden ergibt sie mus­ku­lö­se, dun­kel­far­be­ne Wei­ne, die sich gut und ger­ne zehn Jah­re in der Fla­sche ver­fei­nern kön­nen. Sie kön­nen aber auch in jun­gen Jah­ren schon mit beträcht­li­chem Genuss getrun­ken wer­den – die ein­fa­che­ren Qua­li­tä­ten zumin­dest. „Her­ku­les­blut“ haben die Grie­chen den Wein aus die­ser Sor­te getauft, weil der sagen­haf­te Held der grie­chi­schen Anti­ke einst im Hoch­land von Nemea gegen Löwen kämpfte.

Udo Jügens ahnte nicht, wie gut griechischer Wein sein kann

George Papaioannou mit Frau
Geor­ge Papai­o­an­nou mit Frau

Die Ursprungs­be­zeich­nung ist das eine Qua­li­täts­kri­te­ri­um, Papai­o­an­nou das ande­re. Die­ses Wein­gut, am Orts­rand von Nemea gele­gen, gilt als Pio­nier des moder­nen Wein­baus in der Appel­la­ti­on. Der Vater von Geor­ge Papai­o­an­nou, des heu­ti­gen Besit­zers, hat­te vor 40 Jah­ren den Mut, die Rat­schlä­ge der staat­li­chen Wein­bau­stel­len in Grie­chen­land in den Wind zu schla­gen, auf Mine­ral­dün­ger, Spritz­mit­tel, Bewäs­se­rung und ertrags­stei­gern­de Maß­nah­men zu ver­zich­ten, um sei­ne Reb­stö­cke an die kar­gen Böden und das tro­cke­ne Kli­ma zu gewöh­nen. Nicht immer gelang das. Aber wo es gelang, ste­hen heu­te vita­le, tief ver­wur­zel­te Reben, die 30 bis 40 Jah­re alt sind, nur weni­ge Trau­ben tra­gen und einen der bes­ten Rot­wei­ne des Lan­des her­vor­brin­gen. Und Papai­o­an­nou ist heu­te einer der weni­gen klei­ne­ren Wein­gü­ter Grie­chen­lands, das es zu über­re­gio­na­ler Bekannt­heit gebracht hat. Udo Jür­gens ahn­te damals nicht, wie gut grie­chi­scher Wein sein kann.

Erst lüften, dann trinken

Agiorgitiko-Traube

Der Estate Agi­or­gi­ti­ko von Papai­o­an­nou ist aus Trau­ben ver­schie­de­ner Wein­ber­ge gekel­tert. Die meis­ten lie­gen gleich um die Kel­le­rei her­um (übri­gens ganz nahe zu den archäo­lo­gi­schen Stät­ten, wo man die Tem­pel­rui­nen des grie­chi­schen Haupt­got­tes Zeus bestau­nen kann). 70.000 Fla­schen wer­den von ihm gefüllt. Wer den Wein auf­macht, darf sich aller­dings nicht von dem metal­li­schen, nach Chi­na­böl­lern erin­nern­den Duft abschre­cken las­sen. Der Wein braucht Luft. Er muss unbe­dingt dekan­tiert wer­den, und zwar mög­lichst lan­ge vor dem Genuss. Erst nach eini­gen Stun­den, auch einem Tag in der Karaf­fe zeigt sich, wie fan­tas­tisch „Her­ku­les­blut“ schme­cken kann.


Der Wein


2010 Estate Agi­or­gi­ti­ko | Papai­o­an­nou
Preis: 11,90 Euro
Bezug: www.vindusud.de


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