U30-Weinprobe mit chilenischen Weinen: mal langweilig, mal guuut…

U30-Weinprobe Teaser
Casillero del Diablo ist die bekannteste Weinmarke aus Chile. Vier junge Weinliebhaber aus Kaiserslautern, die sich über Facebook bei weinkenner.de beworben hatten, haben fünf Weine dieser „Marke“ getestet. Ihr Urteil reicht von „guuut“ bis „langweilig“. Jens Priewe hat sie nachverkostet.

Eigent­lich soll­te es eine Wein­pro­be zu sechst wer­den. Doch dann began­nen die Semes­ter­fe­ri­en – und weg waren de lie­ben Mittrin­ker. Zurück blie­ben nur der Diplom-Biologe Micha­el, damals noch 29, der Bio­lo­gie­dok­tor­ant Mar­co, 28, die Master-Studentin Lisa, 25, sowie die Zoo­tier­pfle­ge­rin Ramo­na, 30. Alle sind an der Uni­ver­si­tät Kai­sers­lau­tern beschäftigt.

An einem war­men August-Sonntag tra­fen sich die Vier zum Gril­len im Hof der Uni und bruz­zel­ten Würst­chen, Rin­der­me­dail­lons und Gemü­se­spie­ße. Für den Wein hat­ten sie sich von zu Hau­se gro­ße Spiegelau-Kelche mit­ge­bracht. Der Weiß­wein stand auf Eis, die Roten waren vor­ge­kühlt und befan­den sich in einer Kühl­box, damit sie ange­sichts der som­mer­li­chen Tem­pe­ra­tu­ren nicht zu warm wurden.

Casillero del Diablo – erfolgreichster chilenischer Brand

Lisa und Michael | Foto: privat
Lisa und Michael

Die Wei­ne, die wir von weinkenner.de den jun­gen Aka­de­mi­kern zur Ver­kos­tung gege­ben hat­ten, kamen von der größ­ten Kel­le­rei in Chi­le: Con­cha y Toro. Die Men­ge der Fla­schen, die die Kel­le­rei  jedes Jahr füllt, liegt im zwei­stel­li­gen Mil­lio­nen­be­reich. Ihr Sor­ti­ment ist in zahl­rei­che „Mar­ken“ unter­glie­dert: ein­fa­che, mit­tel­klas­si­ge, hoch­prei­si­ge Wei­ne. Die Mar­ke Cas­il­le­ro del Dia­blo ist ein welt­weit hoch erfolg­rei­cher Premium-Brand, der sich durch ein aus­ge­zeich­ne­tes Preis-/Leistungsverhältnis auszeichnet.

Die Chi­le­nen sind Tri­kot­spon­sor des Premier-League-Vereins Man­ches­ter United, in Eng­land auch „die roten Teu­fel“ genannt. Die Spie­ler tra­gen den Schrift­zug des Weins auf der Brust. Cas­il­le­ro del Dia­blo bedeu­tet „Teu­fels­kel­ler“.

Ramona und Marco | Foto: privat
Ramo­na und Marco

Die Wei­ne sind in Deutsch­land sowohl über Wein­fach­hand­lun­gen als auch im geho­be­nen Lebens­mit­tel­han­del wie EDEKA, Gale­ria Kauf­hof etc. erhält­lich. Sie kos­ten zwi­schen 6,45 und 8,50 Euro pro Fla­sche, die Reser­va Priva­da rund 12 Euro.

Übri­gens: Alle Fla­schen, die wir nach Kai­er­s­lau­tern gelie­fert haben, waren von Vorder- und Rücken­eti­kett sowie Kap­seln befreit. Es soll­te ja eine Blind­pro­be sein. Um Vor­ein­ge­nom­men­heit und Vor­ur­tei­le zu ver­mei­den, soll­te nie­mand wis­sen, woher die Wei­ne kommen.

 

2011 Chardonnay Reserva

20011 Chardonnay Reserva - Casillero del DiabloDer Char­don­nay wird von allen vier Tes­tern als süf­fi­ger, aber nicht son­der­lich inter­es­san­ter Wein emp­fun­den. Micha­el erkennt, dass es sich bei ihm um „einen jun­gen Char­don­nay“ han­delt. „Der Geruch ver­spricht etwas War­mes, Schwe­res, Fruch­ti­ges“, glaubt Ramo­na, fin­det aber, dass sich die­ser Ein­druck im Geschmack nicht adäquat wie­der­fin­det. Lisa beschreibt den Wein als „mild, neu­tral und etwas lang­wei­lig“. Mar­co fin­det ihn „aus­ge­wo­gen, aber nicht aus­sa­ge­kräf­tig“. Kei­ner wür­de für den Wein mehr als vier Euro ausgeben.

Kom­men­tar von Jens Prie­we: Hand­werk­lich ist der Wein per­fekt. Die typi­sche tro­pi­cal fruit-Nase: Ana­nas, Bana­ne, ein wenig Zitrus. Durch­aus lecker.  Was vie­le Übersee-Chardonnays so unat­trak­tiv macht, ist hier ver­mie­den: kei­ne Röst­aro­men, kei­ne „nussi­gen“ Noten, kein Petrol­ton. Statt­des­sen Fri­sche. Wer die­sen Char­don­nay gut kühlt und dann zu Scam­pi, Wok­ge­mü­se oder Geflü­gel­ge­schnet­zel­tem trinkt, kann sei­nen Spaß an ihm haben. Lang­wei­lig ist der Wein inso­fern, als er einem Typus von Char­don­nay ent­spricht, den es in Süd­afri­ka, Aus­tra­li­en, Kali­for­ni­en häu­fig in ähn­li­cher Sti­lis­tik gibt. Aber für 6,99 Euro kann es kei­ne Terroir-Weine geben. Wem Char­don­nay nicht gera­de zu den Ohren raus­hängt, müss­te mit die­sem Wein eigent­lich auf sei­ne Kos­ten kommen.


Wein­in­fo: Char­don­nay ist die wich­tigs­te wei­ße Reb­sor­te in Chi­le. Sie wird in einem klei­nen Küs­ten­strich direkt am Pazi­fi­schen Oze­an ange­baut, wo die küh­len Nebel­schwa­den und See­win­de dafür sor­gen, dass sich die hei­ßen Tages­tem­pe­ra­tu­ren nachts rapi­de abküh­len. Dadurch erhält der Wein sei­ne Fri­sche. 35 Pro­zent wur­de in fran­zö­si­schen Bar­ri­ques ver­go­ren, 65 Pro­zent in Stahl­tanks (6 bis 8 Mona­te). Danach wur­den bei­de Par­tien mit­ein­an­der verschnitten.


2011 Merlot Reserva

2011 Merlot Reserva - Casillero del DiabloDie Mei­nung über die­sen Wein ist ein­hel­lig posi­tiv: „Schmeckt nach Brom­bee­re, ist rund und stim­mig“, meint Mar­co. „Gute Har­mo­nie von Duft und Geschmack“, attes­tiert ihm Micha­el und fin­det, dass er wie 9,50 Euro schmeckt. Ramo­na lobt die „schwe­re Süße sowohl im Geruch als auch im Geschmack“. Für Lisa ist die­ser Mer­lot „auf jeden Fall bes­ser als Wein 3 und 4 der Pro­be“ (das sind Caber­net Sau­vi­gnon und Car­menè­re). Sie ver­mu­tet, dass er um die 8,10 Euro kos­tet. Auch im Glas gefällt er ihr gut („farb­lich schön“).

Kom­men­tar von Jens Prie­we: Ein bemer­kens­wert dich­ter Wein, in der Far­be dun­kel mit blau-roten Refle­xen, rela­tiv kon­zen­triert, erdig-fleischige Noten, eigent­lich noch zu jung zum Trin­ken. Er ist anspruchs­voll, kei­nes­wegs gefäl­lig, vor allem nicht mar­me­la­dig. Für rund 7 Euro bie­tet er, fin­de ich, viel Wein für wenig Geld.


Wein­in­fo: Der Mer­lot wächst auf dem Tal­grund des Colchagua Val­ley und Cach­apo­al Val­ley, rund 100 Kilo­me­ter süd­lich der Haupt­stadt Sant­ia­go de Chi­le. Aus die­sen bei­den Tälern kom­men eini­ge der bes­ten Rot­wei­ne Chi­les. Die­ser Wein reif­te zu 40 Pro­zent im Stahl­tank und zu 60 Pro­zent in klei­nen Bar­ri­ques aus fran­zö­si­scher und ame­ri­ka­ni­scher Eiche  (8 Mona­te). Danach wur­den bei­de Par­tien mit­ein­an­der verschnitten.


2010 Cabernet Sauvignon Reserva

2011 Cabernet Sauvignon Reserva - Casillero del DiabloDer Caber­net Sau­vi­gnon, eigent­lich Chi­les Para­de­wein, kann die vier jun­gen Wein­lieb­ha­ber nicht zufrie­den stel­len. „Riecht sehr gut, geschmack­lich aber ent­täu­schend“, sagt Lisa. „Riecht wie ein Bor­deaux, hat aber wenig Geschmack“, pflich­tet ihr Mar­co bei. Micha­el meint: „Wird nach drei Stun­den wesent­lich wei­cher, ist aber immer noch rela­tiv flach und kurz im Abgang.“ Er und Ramo­na wür­den für den Wein nicht mehr als 3 Euro aus­ge­ben. Lisa bleibt bei „lang­wei­lig“.

Kom­men­tar von Jens Prie­we: In Deutsch­land ist die­ser Wein ein Best­sel­ler. Doch im Jahr­gang 2010 ist die­ser Caber­net Sau­vi­gnon wenig ein­drucks­voll: schon in der Nase streng mit domi­nan­ter Eukalyputs-Note, am Gau­men schwach, unprä­zi­se, wenig nach­hal­tig. Ins­ge­samt recht locker gewo­ben. Ein Wein, der, weil schon gut ent­wi­ckelt, auf den ers­ten Schluck „lecker“ schme­cken mag, doch dann ziem­lich sang- und klang­los hin­ter den Papil­len verrinnt.


Wein­in­fo: Die Trau­ben für den Caber­net Sau­vi­gnon stam­men aus dem gesam­ten Cen­tral Val­ley Chi­les. So heißt die tro­cke­ne Hoch­ebe­ne, die sich von der Haupt­stadt 400 Kilo­me­ter süd­lich bis nach Cùri­co hin­zieht. Auch die­ser Wei­ne reif­te zu 40 Pro­zent im Stahl­tank und zu 60 Pro­zent in klei­nen Bar­ri­ques, aller­dings aus­schließ­lich aus wür­zi­ger ame­ri­ka­ni­scher Eiche (8 Mona­te). Danach wur­den bei­de Par­tien mit­ein­an­der verschnitten.


2010 Carmenère Reserva

2010 Carmenere Reserva - Casillero del DiabloDie Begeis­tung für den Car­menè­re hielt sich bei der Grup­pe in Gren­zen. „Riecht alko­ho­lisch und schmeckt säu­er­li­cher als die Num­mer 4“, schreibt Lisa, die am wenigs­ten mit die­sem Wein anfan­gen kann und ihn mit einem ☹ abstraft (Num­mer 4 war der Caber­net Sau­vi­gnon). Aber auch die ande­ren fin­den, dass der Wein nach dem Öff­nen der Fla­sche eine „domi­nan­te Schär­fe“ (Micha­el) auf­weist, an „rote Papri­ka“ erin­nert (Ramo­na). Am Ende des Abends, als der Rest der Fla­sche noch ein­mal nach­ver­kos­tet wird, ist der Ein­druck etwas bes­ser. „Ange­nehm weich“ fin­det Mar­co den Wein jetzt. Für ihn riecht er „wie ein Caber­net nach Blau­bee­ren und Laven­del“. Und Micha­el schreibt: „Gewinnt mit der Zeit. Säu­re und Pfef­fer wer­den deut­lich dezenter.“

Kom­men­tar von Jens Prie­we: Für mich ist die­ser Car­menè­re der bes­te Rot­wein der Pro­be, wenn­gleich ich zuge­ben muss: auch der schwie­rigs­te. Erst sechs, sie­ben Stun­den nach Öff­nen der Fla­sche hat er sich gefun­den. Ein kom­pak­ter, mus­ku­lö­ser Wein, im Gegen­satz zu vie­len chi­le­ni­schen Car­menè­res nicht nach altem Leder und Mar­me­la­de schme­ckend, son­dern frisch, frucht­be­tont, blitz­sauber. Macht rich­tig Druck am Gau­men, bringt viel Tan­nin mit, hat Poten­zi­al für wei­te­re Jahre.


Wein­in­fo: Car­menè­re ist eine ursprüng­lich aus Bor­deaux stam­men­de, dort aber seit etwa 1900 prak­tisch gar nicht mehr ange­bau­te rote Reb­sor­te, die ihre neue Hei­mat in Chi­le gefun­den hat. Sie wird vor allem im Cach­apo­al Val­ley und im war­men Colchagua Val­ley ange­baut, wo sie jedes Jahr voll aus­rei­fen kann und inten­si­ve, cha­rak­ter­star­ke, „typisch chi­le­ni­sche“ Wei­ne ergibt. Der Camenè­re reif­te zu 40 Pro­zent im Stahl­tank und zu 60 Pro­zent in Bar­ri­ques aus ame­ri­ka­ni­scher Eiche (9 Mona­te). Danach wur­den bei­de Par­tien mit­ein­an­der verschnitten.


2010 Cabernet Sauvignon–Syrah Reserva Privada

2010 Cabernet Sauvignon-Syrah Reserva Privada - Casillero del DiabloHaben sich die vier Freun­de gegen­sei­tig beein­flusst? Für alle ist die Reser­va Priva­da der bes­te der gesam­ten Pro­be. „Mil­der, aus­ge­wo­ge­ner Geruch von Rosen und rei­fem Apfel“ notiert Ramo­na auf ihrem Pro­ben­zet­tel. Mar­co fin­det ihn „kom­plex“ und beschei­nigt ihm geschmack­lich „war­men Schmelz, nahe am Tem­pr­anil­lo“. Ein Rio­ja? Mit 13 Euro taxiert er ihn wie eine gute Reser­va. Genau­so wie Micha­el, der sogar bereit wäre, 15 Euro für die­sen Wein zu bezah­len: „Mein Favo­rit unter den Wei­nen.“ Lisa sagt kurz und knapp: „Schmeckt rich­tig guuut! ☺.“

Kom­men­tar von Jens Prie­we: Dunk­ler, herr­lich wär­men­der Wein mit wür­zi­ger, leicht nach Vanil­le und Min­ze duf­ten­dem Bou­quet, geschlif­fe­ner Frucht, lei­der noch etwas ver­schlos­sen. Doch durch das wei­che, per­fekt ver­schmol­ze­ne Tan­nin ist er schon jetzt gut antrink­bar. Mit 14,5 Vol.% gehört er sicher zu den Schwer­ge­wich­ten unter den Rot­wei­nen Chi­les. Doch man muss ja nicht eine gan­ze Fla­sche auf ein­mal trin­ken. Ein, zwei Glas rei­chen, damit das Steak schmeckt. Selbst der grü­ne Pfef­fer, der in Chi­le wächst und mit dem das Steak bei mei­nem Besuch auf dem Wein­gut vor vie­len Jah­ren gewürzt war, konn­te die­sem Wein nichts anhaben…


Wein­in­fo: Der über­wie­gen­de Teil des Weins (65 Pro­zent) ist aus Caber­net Sauvignon-Trauben aus Pir­que gewon­nen, einer der bes­ten, wärms­ten Wein­la­gen Chi­les, gele­gen an der süd­li­chen Peri­phe­rie von Sant­ia­go de Chi­le. Die Syrah-Trauben kom­men aus Peu­mo, einer Lage im küh­le­ren Cach­apo­al Val­ley. Bei­de Par­tien reif­ten 14 Mona­te in Bar­ri­ques aus fran­zö­si­scher Eiche, bevor sie mit­ein­an­der ver­schnit­ten wurden.


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