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U30-Weinprobe: Fünf La Colonia-Weine im Test

Was von den Weinjournalisten empfohlen wird, schmeckt noch lange nicht den Normalkonsumenten. Unter dieser Prämisse hat weinkenner.de eine Amateur-Jury zusammengestellt und sie gebeten, ihr Urteil über fünf Weine der argentinischen Bodega Norton zu fällen: zwei Weißweine (Torrontés, Sauvignon Blanc) und drei Rotweine (Malbec, Cabernet Sauvignon, Merlot), die unter der Marke La Colonia in diesem Jahr auf den Markt gekommen sind. Es handelt sich um die Einstiegsweine, die im Einzelhandel zwischen 7,50 und 8,50 Euro kosten.

Das Weingut

Die Bodega Norton liegt in Lujan de Cuyo. Sie besitzt 1200 Hektar Rebland am Fuße der argentinischen Anden. Besitzer der Bodega ist der österreichische Unternehmer Gernot Langes Swarowski, größter Einzelaktionär des Schmuckwarenherstellers Swarowski in Wattens bei Innsbruck. Er war der erste Ausländer, der in die argentinische Weinwirtschaft investierte.

Die Finca La Colonia, nach der die Weine benannt sind, ist eines von mehreren Norton-Weingütern in Argentinien. Die Weine werden rebsortenrein erzeugt und nur im Stahltank ausgebaut. Es sind Alltagsweine für den gehobenen Geschmack, trocken, aber sehr saftig mit strahlender, fast „süß“ schmeckender Frucht. Keine Spitzenweine, dennoch vollmundig und gut strukturiert, ohne Ecken und Kanten.

Wie viel Euro dürfen die Weine kosten?

Die Amateur-Jury bestand aus fünf jungen Weinliebhabern, die den Auftrag hatten, die Weine unbeeinflusst von einer Experten-Meinung zu beurteilen. Keiner der Fünf war über 30 Jahre alt. Alle Fünf trinken gerne Wein, besitzen aber keine vertieften Weinkenntnisse. Jeder von ihnen sollte außerdem sagen, wie viel Geld er für den jeweiligen Wein auszugeben bereit wäre.

Helge (29)
Betriebswirt
Geschäftsführer, Social Media-Experte
Janina (29)
studierte Betriebswirtin
arbeitet als Projekt-managerin im IT-Bereich
Claudia (30)
studierte Soziologin
Absolventin der Journalistenschule
arbeitet als Reporterin beim Bayerischen Rundfunk
Maria (24)
Abschluss in Anglistik
arbeitet als Volontärin in einer Internet-Agentur
Markus (28)
Betriebswirt
Geschäftsführer, Social Media-Berater

Zusammen mit weinkenner.de-Mitarbeiter Andreas Bühl trafen sie sich an einem der wenigen warmen Abende im Juli in einem Park am Münchener Isarufer. Ausgestattet mit Baguette, Käse, zahlreichen Antipasti, Obst und Wurst sowie den passenden Riedel-Gläsern genossen sie die Weine zur untergehenden Sonne zwischen aufgespannten Slacklines, belagert von Hunden, die vom Duft der Wurst unwiderstehlich angezogen wurden. Dank zweier Kühlboxen blieben die Weine den ganzen Abend wohltemperiert.

Die fünf Weintester widmeten sich mit solcher Leidenschaft der Verkostung, dass sich daraus ergiebige Diskussionen über grundsätzliche Themen wie der Etikettierung von Weinflaschen, den Unterschieden zwischen den Rebsorten, dem Alter von Wein und dem Sinn und Unsinn von Weinbewertungen entwickelten. Dass niemand Näheres über die Weine wusste, befeuerte die Phantasie nur noch. Kurz: eine Open-Air-Weinprobe, die verdammt viel Spaß gemacht hat.

Die Weine und ihre Bewertung

2010 Torrontés „La Colonia“

Dieser Weißwein ist bei der Mehrheit durchgefallen. „Ein merkwürdig gespaltener Sommerwein, „süßlich schmeckend“ (Markus), gleichzeitig aber „etwas bitter im Abgang“ (Janina), „leicht und schmal“ (Claudia). Mehr als 5 € würde niemand für diesen Wein ausgeben, die meisten weniger – außer Maria, die diesen Wein zu ihrem Favoriten machte. Die „Süße und exotische Frucht“ gefallen ihr sehr gut. Sie glaubt, dass der Wein aus Spanien, Italien oder Griechenland kommt und mindestens 18 Euro kostet.10 Euro würde sie selbst für ihn ausgeben.

Kommentar von Jens Priewe: „Wein aus einer alten, authochtonen Rebsorte, die im warmen Mendoza aber wenig Eigenart entwickelt. Relativ belangloser Wein. Mit 8,50 Euro überbezahlt.“

2010 Sauvignon Blanc „La Colonia“

„Vollmundig und intensiv“ (Helge), „schön rund und lecker“ (Markus), „macht Spaß“ (Janina). Claudia findet, der Wein sei „minimal bitter“ und „grün“. Sie würde höchstens 6,70 Euro für ihn ausgeben, Maria sogar nur 5 Euro. Die Bitternote stört sie.

Kommentar Jens Priewe: „Sauberer, leicht aromatischer Wein, durchaus delikat und easy zu trinken, aber ohne Alleinstellungsmerkmal. Will sagen: in guter Gesellschaft mit Hunderten ähnlicher Sauvignons aus allen Teilen der Welt.“

2010 Malbec „La Colonia“

Der Wein fällt durch: „holzig, flau, platt, sauer“ (Maria), „Whisky-Note“ (Helge), „kann man nicht gemütlich trinken“ (Markus). Die meisten würden keine 3 Euro für diesen Malbec auf den Tisch legen. Ehrenrettung nur durch Janina, die 7,99 Euro zu zahlen bereit wäre, Claudia sogar 11,99 Euro: Er rieche zwar „nach verfaultem Laub“, aber man „schmeckt die Qualität, auch wenn ich den Wein nicht mag“.

Kommentar Jens Priewe: „Wilder, noch etwas ungeordneter Wein mit Noten von altem Leder und Torf, aber auch mit tiefer Beerenfrucht. Vielleicht keine Liebe auf den ersten Blick, aber der mit Abstand kraftvollste und charakterstärkste Wein der Probe. Ist sein Geld wert.“

2010 Merlot „La Colonia“

Obwohl der Wein einen „extremen Geschmack“ hat (Markus) und von „lieblich“ , „trocken“ und „flach“ die verschiedensten Gemütsregungen hervorruft, kommt er insgesamt etwas  besser an als der Vorgänger: „besser riechend“ (Helge), „lecker“ (Janina). Mehr als 8 Euro würde dennoch niemand für ihn ausgeben, Claudia sogar nur 3,99 Euro („schmeckt billig, mag ich nicht“). „Hat nur eine einzige Geschmacksnote“ bemängelt Helge und sagt: „nicht mein Ding“.

Kommentar Jens Priewe: „Ohne Fehl und Tadel, aber sehr einfach gewirkt. Schöne, schon weit entwickelte Frucht, die viel Süße mitbringt. Nach dem zweiten oder dritten Glas aber ermüdend. Kein Schnäppchen angesichts der gebotenen Qualität.“

2010 Cabernet Sauvignon „La Colonia“

Der unangefochtene Star des Abends: „Wow, ganz schön viele Schlieren“ (Claudia), „dunkel, verlockend, sinnlich, toll“ (Janina), „schwerer, aromatischer Geruch, Aromen von Beeren“ (Helge), „tolle Frucht, Top-Wein des Abends“ (Markus). 15 Euro wäre er Letzterem wert, Claudia 12 Euro, Janina sogar 25 Euro.

Kommentar Jens Priewe: „Dunkler, wärmender Wein mit herrlich süßer, ausdrucksvoller Frucht, wie man sie nur in Argentinien vorfindet. Ein kompakter, homogener Wein, allerdings auch ein bisschen vordergründig und geheimnislos. Wer philosophieren will, sollte sich einen anderen Schluck besorgen.“

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