Genau 22 Loblieder „auf den vielleicht besten Wein der Welt“ (Ausschreibungstext) sind bis Ende Juni bei den Württembergern eingegangen und wurden auf YouTube hochgeladen. Brave Viertelesschlotzer, heisere Weinphilosophen, publicity-süchtige Landeier, hip-hoppende Bauernburschen, höhere Töchter am Klavier, die dem Leichtwein mit Jazzstimme huldigen – alles was singen kann (oder auch nicht), ist bei diesem Contest vertreten.
Bis zum 16. Juli kann die Internet-Gemeinde noch voten, wer der/die Beste der Trollinger-Besinger ist. Die fünf Videos mit den meisten Likes kommen ins Finale. Eine unabhängie Fachjury wird dann entscheiden, welcher der fünf Interpeten das Preisgeld von 3000 Euro für den besten Trollinger-Song bekommt.
Trollinger-Philosophen auf Stammtischniveau
Allerdings werden es die Juroren angesichts der musikalischen Leistungen und der textlichen Ergüsse nicht leicht haben, einen Sieger zu küren. „Trollinger, du Rebensaft, wir trinken dich bei Tag und Nacht“, reimt zum Beispiel die Band LastMinute…
Ähnlich unwiderstehlich sind die Bekenntnisse des Wengerter und Trollinger-Philosophen Eugen Bruddler, den im Zabergäu jeder kennt. Er kann zwar nicht singen und auch nicht reimen. Aber seine Lobhudeleien kommen an Wein-Stammtischen im Ländle bestens an: „Mir drinke Trollinger, mir drinke Trollinger, was andres kommt ins Glas nicht rein…“
Bei dem inbrünstig schmetternden Hardy Renger, der seine Videokamera in der eigenen Stube aufgestellt hat, bekommt man sogar noch den Duft der großen, weiten Schwabenwelt dazu: „Zu Braten und zu Spätzle/die Soß’ gehört dazu/einen Trollinger zu trinken/das ist kein Tabu.“
Aus der ganzen Welt kommen die Menschen ins Trollingerland
Trollinger Song ContestGedankenschwer, aber lieb kommen die Texte des jungen Andre Neo rüber, der sich selbst Singer und Songwriter, Dichter und Denker nennt. Der Junge mit dem Engelsgesicht macht dem Trollinger im Stile eines Minnesängers den Hof: „Trollingerwein, ich lieb dich so sehr/dich zu beschreiben fällt uns nicht schwer/ aus der ganzen Welt kommen sie wegen dir zu uns her.“
Oha! Vielleicht meint er mit der ganzen Welt ja die schrille Dorfqueen Tressa Rose Schreiber, die in USA geboren ist und vor 15 Jahren ins Schwäbische kam, um dort zu leben und mit ihrer Stimme den mehr oder weniger jugendlichen Partygehern auf dem Land die Wochenenden zu verschönern. Normalerweise singt sie über die Liebe zwischen den Geschlechtern. Für den Song Contest hat sie die Liebe zum Trollinger entdeckt: „Die Sonne liebt uns alle und gibt uns Kraft, Trollinger für mich heute Nacht…“
Nur der Traktor schluckt noch Diesel
Fünf Studenten der Deutschen Pop Akademie in Stuttgart haben, damit es noch mehr werden, die ins schöne Schwabenländle kommen, ihre Trollinger-Balz sogar auf Englisch vorgetragen. Das klingt dann so: „Its like having fun with friends/just enjoy the moment…“
Etwas kesser wirkt der sprechsingende Jungbauer auf seinem Traktor. Er möchte die ganze Welt einschließen in seinen Rap, den lieben Gott inklusive: „Ich trink auf den Schöpfer/ den der diese Welt geschaffen hat/wie gerade auch den Rebensaft/auf den Glauben, die Hoffnung/und besonders auf die Liebe/auf das Wunder zu leben/auf die Freunde und Familie…“ Eigentlich fehlt zu seinem Glück nur noch, dass auch der Traktor sagt, dass er lieber Trollinger schluckt als Diesel.
Excusez moi, je voudrais un Trollinga
TrollingerSo geht es weiter mit herrlich süßlichen Melodien, fetzigem Kitsch und kruden Reimen. Richtig gut ist der Song eines Gitarre-spielenden Jungwinzers namens Vince, der nach Frankreich trampt, um dort Bordeaux, Champagner und Chardonnay kennenzulernen: „Dieser Wein ist auch ganz fein/Doch will ich zurück nach Besigheim…Excusez moi, je voudrais un Trollinga/ich bin weit fort und dieser Wein/löscht die Sehnsucht nach daheim/ohne ihn kann ich nicht sein…“ Da flippen die Mädchenherzen jetzt schon aus: „Süßer Typ“ schreibt perle93 im YouTube-Forum. „Morgen Trollinger zum Vorglühen.“
Der Aufruf, am Song Contest teilzunehmen, hat aber auch richtige Profis heiß gemacht, etwa die wilden Schwabenrocker aus Maulbronn, die Elvis verehren, aber jeglicher Neigung für Wein bislang unverdächtig waren. Rockig ihre Musik, der Text indes noch etwas holprig: „Guck doch mal, da kommt aus dem Boden ein Rebstock raus/ ich glaub’, der sieht schon wie ein kleiner Trollinger aus/er glotzt in meine Richtung/das spür ich sofort/das wird ganz bestimmt der beste Wein im Ort/das ist nun mal das Schwabenblut/es ist der der Trollinger…“
Stimmabgabe noch bis 16. Juli
Mäßig komisch das Video der neu gegründeten Band Odeng, bei deren Musik einem zwar schnell die Füße einschlafen, die aber den Nerv ihrer Landsleute zu treffen scheinen: „Du bist das rote Gold des Schwabenlands/ viel mehr als guader Wein…“ Nach bisherigem Stand der Stimmabgabe liegen sie vorne.
Für Nicht-Schwaben mag das alles befremdlich wirken. Doch sie verstehen nichts vom Ländle und dessen heimlichen Lieben. Sie sitzen zum Beispiel dem Irrtum auf zu glauben, Trollinger sei ein Wein. Das ist definitiv falsch. Trollinger ist ein Lebensgefühl. Und dieses Lebensgefühl ist nicht nur für die Württemberger Weingärtnergenossenschaften, sondern für nahezu alle Weinbaubetriebe im Ländle der wichtigste Umsatzbringer. Excusez moi, un Trollinga…
Alle 22 Videos können auf www.trollinger2punkt0.de angeschaut werden. Auf der Website kann man sich auch einloggen und seine Stimme abgeben.