Grosse Bestürzung in der Weinwelt: Der libanesische Weinpionier und Besitzer des Château Musar, Serge Hochar, ist tot. Er befand sich mit seiner Frau auf Urlaub in Mexiko und ertrank am 31. Dezember beim Schwimmen im Ozean vor Acapulco. Er war im November 75 geworden und wollte seinen Geburtstag in dem mittelamerikanischen Land nachfeiern.
Hochar war stark von der französischen Kultur des Libanon geprägt. In den Weinbergen im hochgelegenen Bekaa-Tal an der Grenze zu Syrien pflanzte er vor allem Cabernet Sauvignon sowie Cinsaut und Carignan – jene Rebsorten, aus denen der Rotwein von Château Musar bis heute gewonnen wird. In den letzten Jahren widmete Hochar sich auch vermehrt einheimischen Sorten wie Obaideh und Merwah, aus denen der weisse Château Musar gekeltert wurde. Ihn nannte Hochar einmal „meinen besten Rotwein“.
Hochar hatte Ingenieurwesen und Jura in Beirut studiert, sattelte dann aber um und inkribierte an der Universität Bordeaux im Fach Önologie. Er glaubte, dass der Libanon einen eigenen Weg finden müsse, wenn das Land mit Wein Erfolg haben wolle. Zu Professor Emile Peynaud, dem (verstorbenen) Doyen der Bordelaiser Önologenzunft, sagte er 1964 zum Abschluss seines Studiums: „Ich habe viel bei Ihnen gelernt, aber ich garantiere Ihnen, dass ich alles ganz anders machen werde.“
Tatsächlich entwickelte er eigene Techniken für seine Weine, als sie damals gelehrt wurden. Er verzichtete bereits früh auf das Filtrieren und griff so wenig wie möglich in den Reifeprozess ein. Ihn störte auch nicht, wenn sein Wein viel flüchtige Säure aufwies – was häufig der Fall war und noch heute typisch für einen Château Musar ist. Hochar kokettierte gern damit, dass er von Wein nichts verstehe. Er sagte: „Ich weiss zwar, wie man Wein macht, aber ich weiss nichts über den Wein…“
Entdeckt wurden die Weine von Château Musar 1979 durch den Weinkritiker und Christie’s-Auktionator Michael Broadbent. Er verkostete den 1967er Château Musar zufällig auf einer Weinmesse in Leicester und erkannte sofort, dass es sich hier um einen Rotwein handelte, der mit grossen Bordeaux auf Augenhöhe ist. Damit war die Neugier und das Interesse der Weinöffentlichkeit geweckt. 1984 wurde Serge Hochar von der englischen Weinschrift Decanter zum Man of the Year gewählt. Seitdem sind seine Weine über die ganze Welt verbreitet und werden in 50 Ländern der Erde hoch geschätzt.
Zur letztjährigen Prowein war Hochar nach Deutschland gekommen, um seine Weine persönlich vorzustellen (Importeur: Smart Wines, Köln). Wer Gelegenheit hatte, ein paar Worte mit ihm zu wechseln, erlebte einen gebildeten und schlagfertigen Menschen, der nicht nur über Wein, sondern auch über Politik kenntnisreich und zugleich humorvoll sprechen konnte.
Als gläubiger Christ war Hochar noch im Sommer des vergangenen Jahres – wie jedes Jahr übrigens – nach Lourdes gepilgert. Danach brach er nach London, Hong Kong, Südkorea und China auf, um über die uralte Weinkultur des Libanon zu referieren – die Mission seines Lebens.
Hochar hinterlässt neben seiner Frau Tania zwei Söhne, eine Tochter und sieben Enkelkinder. Das Weingut wird schon seit Jahren von Gaston und Marc, seinen beiden Söhnen, geleitet. Der eine ist für die Produktion, der andere für Verkauf und Marketing verantwortlich (siehe auch den Artikel über Château Musar auf weinkenner.de).