Das Etikett zieren drei Liegestühle. Wo genau sie stehen, weiß man nicht. Ist auch egal, irgendwo am Strand wird es sein. Damit ist auch schon gesagt, um was für einen Wein es handelt, der so schön lachsfarben leuchtet: ein Sommerwein. Erfrischend, fruchtig, leicht, mit blumigem Bouquet. Natürlich wird er nicht im Liegestuhl getrunken, sondern in den Restaurants am Strand, zu Melone mit Schinken, zur Veggie Bowl, zu Calamari fritti, zu Auberginentartar. Leichte, leckere mediterrane Kost, wie man sie im Juli und August gern zu sich nimmt, wenn das Quecksilber des Thermometers die 30°-Marke überschreitet. Aber auch im Herbst und Winter wird dieser Rosé gerne genossen. Er ist nämlich aus Sangiovese-Trauben gewonnen, die eine höhere Säure und mehr Struktur aufweisen als andere rote Trauben. Die Säure sorgt für längere Frische, und Frische macht, dass der Wein auch nach einem Jahr noch schmeckt.
Die Reize des Rosé haben die Italiener erst vor kurzem entdeckt
Italiener denken, wenn die Rede auf Wein kommt, immer gleich ans Essen. Zu einem Branzino (Wolfsbarsch), das wissen sie, geht nun mal kein Chianti Classico, zu Spaghetti alle Vongole kein Brunello di Montalcino. Ein frischer Weißwein oder ein Rosé passen dagegen gut, wobei – um ehrlich zu sein – Italiener die Reize des Rosé erst seit ein paar Jahren entdeckt haben. Immerhin: Heute werden in Italien immer mehr zwiebel-, kupfer-, pink- und lachsfarbene Weine ausgeschenkt. Der Rosé ist ein fester Bestandteil der Weinkarten geworden, wobei die korrekte Bezeichnung „Rosato“ lautet. Rosé ist französisch, und von den Franzosen möchten sich die Italiener gern ein bisschen distanzieren. Auch Val delle Rose, das Weingut, von dem hier die Rede ist, nennt ihren Wein Rosato. Die Mengen, in denen er produziert wird, sind noch gering. Aber wer sucht, der findet. Und wer gerade in der Toskana urlaubt, kann direkt beim Weingut vorsprechen. Er wird immer ein paar Flaschen dieses außergewöhnlichen Rosés bekommen.
Der Vermentino gilt heute als bester Weißwein der Toskana
Val delle Rose liegt ein paar Kilometer südöstlich der Stadt Grosseto, also nicht weit weg von der Mittelmeerküste. Besucher werden dort gern empfangen, es gibt Weinproben und Führungen durch die Weinberge. Dieser südliche Teil der Toskana, Maremma genannt, ist eigentlich bekannt für den weißen Vermentino und den roten Morellino di Scansano. Letzterer wird ganz (oder ganz überwiegend) aus der Traditionstraube Sangiovese gewonnen. Sie wird auch für den Rosato verwendet, so dass sich der Veilchen- und Kirschduft, den der Rote verströmt, auch in ihm widerspiegelt. Der Vermentino ist ebenfalls ein Sommerwein. Er wartet mit frischen Apfel- und Zitrusaromen auf sowie einer besonderen Note, die die Italiener an würzige Meeresluft erinnert. „Salzig“ sagen sie deshalb zu diesem Wein. Die Vermentino-Traube wird schon seit über hundert Jahren an der toskanischen Küste kultiviert, führte aber lange Zeit ein Mauerblümchendasein. Erst vor 20 Jahren entdeckte man sie wieder und baute sie zielstrebig an. Inzwischen sind sich die Kritiker einig, dass der Vermentino der beste Weißwein der Toskana ist.
…und sie schmecken auch im nächsten Jahr noch – sogar besser
So delikat der Weiße und der Lachsrote sind: Sie schmecken natürlich nicht nur im Juli und August. Im Unterschied zu den Tausenden von Sommerweinen, die die Märkte fluten, sind sie auch im Jahr danach noch in bester Trinkverfassung. Ihr Aroma ist dann noch intensiver, die „Salzigkeit“ tritt noch stärker hervor. Und sie schmecken auch nicht nur an den Stränden des Mittelmeers. In den Ristoranti zwischen Baden-Baden und Bottrop, in Hamburger Szenerestaurants, in den Pop Up-Bars feierwütiger Berliner Foodies werden sie ebenso ausgeschenkt wie auf chicen Sylter Gartenparties.
Den Geschmack der Maremma möglichst gut zum Ausdruck bringen
Für die besondere Qualität dieser Weine gibt es drei Gründe. Erstens wachsen die Reben auf steinig-lehmigem Untergrund, wo mangels Fruchtbarkeit nur wenige Trauben an ihnen hängen. Es gilt das Menge-Güte-Gesetz: je weniger Trauben, desto besser der Wein. Zweitens werden die Trauben vor dem Pressen penibel von Hand ausgelesen, um nur die reifsten und gesundesten zu verarbeiten. Daher rührt ihre blitzsaubere, gradlinige Art. Drittens ist es ein vorrangiges Ziel der Familie Cecchi, die Weinberge von Val delle Rose biologisch umzustellen. Der Vermentino und der Morellino di Scansano sind seit 2021 offiziell bio-zertifiziert. Das heißt: Die Rebstöcke sind gesund, die Weinberge in perfekter Balance. „Die Natur zu respektieren, ist der Schlüssel, um hochklassige Weine zu bekommen, die zugleich den Duft und den Geschmack der Maremma zum Ausdruck zu bringen“, sagt Andrea Cecchi, der das Weingut zusammen mit seinem Bruder leitet.
Der Morellino di Scansano hat auch nördlich der Alpen seine Liebhabergemeinde
Der größte Teil der Produktion von Val delle Rose besteht allerdings aus Rotwein. Wenn der Sommer vorbei ist und das Laub der Reben sich zu färben beginnt, kommt andere Kost auf den Tisch als im Sommer. Papardelle mit Wildschweinragout, Maronisuppe, Lammkeule, Schweinsleberspieße, Pasta mit Waldpilzen – Gerichte, zu denen es einen kräftigen, wärmenden Rotwein braucht. In der Maremma ist das der Morellino di Scansano. Er ist herzhaft, fruchtbetont, im jungen Stadium manchmal ein bisschen wild, später samtig-weich. Die Riserva dieses Weins bietet sogar noch mehr. Sie ist tiefgründig und richtig nobel, hat länger im Faß gereift und ist aus den besten Trauben des Weinguts gekeltert worden. Auch in Deutschland genießt der Morellino di Scansano einen guten Ruf, besonders der von Val delle Rose. Wenn die Speisekarten hierzulande auch etwas anders aussehen, so hat sich der Morellino di Scansano auch nördlich der Alpen eine wachsende Liebhabergemeinde geschaffen.
Die Weine von Val delle Rose
Litorale Rosato
Litorale bedeutet Küste. Dort wächst dieser Wein, genau: im Hinterland der Stadt Grosseto in der südlichen Toskana.
Ein höchst delikater, trockener Wein für Leute, die von einem Rosé mehr erwarten. Er ist reinsortig aus Sangiovese-Trauben gekeltert, herrlich fruchtig, füllt den Gaumen und ist von vibrierender Frische.
Preis: ca. 12 Euro (jüngster Jahrgang ab Weingut)
Bezug: www.valdellerose.it
Litorale Vermentino
Der typische Weißwein der toskanischen Mittelmeerküste, geschmeidig und schlank, intensiv mit Anklängen an frischen Apfel, Grapefruit, Seetang.
Ein anspruchvoller, trockener Wein, im Edelstahltank vergoren und ausgebaut, unkompliziert zu trinken, ideal zu Muscheln.
Preis: 11,60 Euro
Bezug: www.belvini.de
Morellino di Scansano
Dieser Rotwein ist zu 90 Prozent aus Sangiovese-Trauben gekeltert, die in der kargen, südlichen Maremma seit Jahrhunderten angebaut wird.
Er fasziniert mit seinen herzhaft fruchtigen Aromen, die Assoziationen an Veilchen und Wildkirschen aufkommen lassen. In ihm spiegeln sich aber auch die Düfte der Maremma wider mit all ihr Kräutern, Sträuchern, Koniferen.
Preis: 12,90 Euro
Bezug: www.weisshaus.de
Morellino di Scansano Riserva „Poggio al Leone“
Das i-Tüpfelchen unter den Rotweinen von Val delle Rose: dieser dunkelrubinrote Wein, üppig, reich, vollmundig, konzentriert mit Noten von wilden Beeren, Thymian, Pinienholz, im Hintergrund Kaffeebohnen und ein Hauch Schokolade.
Er besteht ganz überwiegend aus Sangiovese-Trauben, wurde ein Jahr lang in Barriques ausgebaut und reift im Keller noch locker zehn weitere Jahre.
Preis: 24,90 Euro
Bezug: www.weisshaus.de