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Syrah-Legenden: für harte Jungs und starke Mädels

Syrah ist nichts für filigrane Gaumen. Die Weine aus dieser Sorte sind mächtig, reich, opulent, wuchtig. Wenn man den derzeit so populären Begriff „Gaumenkino“ für sie verwenden möchte, dann sollten monumentale Streifen wie Titanic, Star Wars oder Herr der Ringe die Vorlage liefern, nicht zart besaitete Kunstfilme oder subtile Gefühlsepen. Syrah ist nicht subtil. Syrah ist ein sehr physischer Wein, robust, stark, manchmal auch laut: Stoff für harte Jungs und starke Mädels.

Probe mit 25 weingestählten Männern

Bei der Syrah-Probe, die ich vor ein paar Wochen im Rotonda Business Club in Köln organisiert hatte, waren die harten Jungs dran: 25 gestandene Männer, einige jung und dynamisch, andere in reiferem Alter, alle in gehobenen Positionen der Wirtschaft tätig und nach eigener Aussage gestählt im Umgang mit gutem Wein. Mit diesen Männern wollte ich 12 Weine verkosten, die aus der Syrah- bzw. Shiraz-Traube gewonnen sind und die zu den besten der Welt gezählt werden. Man könnte sie „Syrah-Legenden“ nennen, wobei ich mich bemüht hatte, auch Legenden anderer Länder als Frankreich mit einzubeziehen.

Großes Gaumenkino, was da getrunken wurde

Es war keine leichte Probe. Die Weine strotzten vor Kraft und forderten die ganze Konzentration der Teilnehmer. Wer nicht gerade ein erfahrener Syrah-Trinker war, hatte Schwierigkeiten, die Weine herkunftsmäßig richtig zu verorten (die Probe war blind). Der in der Regel hohe Alkoholgehalt zeitigte gegen Ende der Probe auch seine Wirkung, besonders bei jenen Teilnehmern, die vor lauter Begeisterung die Gläser immer bis auf den letzten Tropfen leerten. Die Stimmung stieg bedenklich, der Geräuschpegel auch, obwohl während des Probierens eigentlich nicht geredet werden sollte. Am Ende gestanden einige der Anwesenden, dass die Weine ihren Gaumen überfordert hatten, was für die Ehrlichkeit dieser harten Jungs spricht. Andere relativierten, es sei nur die Zahl der Weine gewesen, die sie habe leicht schwächeln lassen. Von einem Wein allein oder von drei Weinen würden sie sich nicht in die Knie zwingen lassen – „auf keinen Fall“. Dass es großes, forderndes Gaumenkino war, was da geboten wurde, das bestritten auch sie nicht.

Nur reinsortige Syrah waren in der Probe

Heimat der Sorte Syrah ist die Rhône, speziell die Nördliche Rhône. In Appellationen wie Cornas, St. Joseph, Hermitage und Côte Rôtie werden die Weine mehr oder minder reinsortig aus dieser Rebsorte erzeugt (höchstens ein paar Prozent weiße Viognier-Trauben dürfen ihnen zugesetzt werden). An der Südlichen Rhône ist die Syrah in nahezu jedem Châteauneuf-du-Pape, Gigondas, Vacqueras und Côtes-du-Rhône enthalten, allerdings nur als kleinerer Cuvée-Partner. Die dominierende Rolle spielt dort die Grenache Noir. Auch in den Rotweinen des Languedoc ist sie sehr häufig vertreten, allerdings auch dort nicht als Leitsorte. Diese Rolle spielen im Süden Frankreichs Carignan, Mourvèdre und Cinsaut. Weine, in denen die Syrah vorherrscht, die gar reinsortig aus ihr erzeugt werden, sind rar. Beispiel: der berühmte Grange des Pères. Noch rarer sind Weine, die reinsortig aus Syrah gekeltert werden, wie etwa Château de Négly. Diese Weine standen aber nicht zur Verkostung.

Syrah weit über Frankreich hinaus verbreitet

Syrah gilt als noble Sorte und ist daher auch außerhalb Frankreichs weit verbreitet: in Italien, Griechenland, Bulgarien, Rumänien zum Beispiel. Auch in Deutschland wird sie seit einigen Jahren erfolgreich angebaut, in geringen Mengen zwar, aber mit guten Resultaten. Rings, Neiss und Knipser in der Pfalz sind herausragende Produzenten, im Markgräflerland Ziereisen.

Terrassen-Weinberg Hermitage
Terrassen-Weinberg Hermitage

Weil sie hitzebeständig ist, trifft man sie in vielen warmen Anbaugebieten an, bevorzugt auf der südlichen Erdhalbkugel, häufig in Australien (wo sie Shiraz heißt) und in Südafrika (wie die Weine manchmal als Shiraz, manchmal als Syrah deklariert werden), in kleinen Mengen auch in Argentinien und in Chile. Ein wichtiges Syrah-Anbaugebiet ist Kalifornien, wo die „Rhone-Ranger“ sie schon in den 1980er Jahren anbauten: Randall Grahm (Bonny Doon Vineyard), Joseph Phelps, Bob Lindquist (Qupé Wines Cellars). Heute brillieren vor allem Manfred Krankl (Sine Qua Non) und David Ramey mit monumentalen Weinen aus dieser Rebsorte. Sie habe ich übrigens nicht in die Weinprobe genommen, weil sie in Deutschland gar nicht oder nur sehr schwer erhältlich sind (und sündhaft teuer obendrein: Sine Qua Non’s The Other Hand Shiraz kostet um 900 Euro). Ob diese Weine besser sind als das französische Original – diese Frage ist falsch gestellt. Sie sind anders. Einige Weintrinker ziehen die überseeischen Versionen vor, andere die europäischen. Von beiden gibt es exzellente Exemplare, die zeigen dass ein guter Wein aus dieser Sorte mehr zu bieten haben als schiere Kraft. Die besten können sogar subtil sein.

Auf den folgenden Seiten habe ich die meine persönlichen Notizen und Bewertungen zu den verkosteten Weinen zusammengestellt. Klicken Sie einfach auf den Namen des betreffenden Weins und lesen Sie, wie ich diese Weine einordne und verkostet habe.


2013 Cornas „Renaissance“, Auguste Clape (Frankreich)
2012 Hermitage „La Chapelle“, Paul Jaboulet Âiné et Fils (Frankreich)
2013 Suisassi Rosso Toscana, Duemani (Italien)
2013 Ermitage „Le Pavillon“, M. Chapoutier (Frankreich)
2013 Ermitage „Le Méal“, M. Chapoutier (Frankreich)
2012 Grange BIN 95, Penfolds (Australien)
2009 Alttus Finiss River Shiraz, Salomon Estate (Australien)
2006 Côte Rôtie „La Turque“, Guigal (Frankreich)
2012 Luddite Shiraz, Luddite Wines (Südafrika)
2013 Syrah, Dominio de Valdepusa (Spanien)
2014 Syrah Réserve trocken, Weingut Rings (Deutschland)
2013 Jaspis Syrah, Weingut Ziereisen (Deutschland)


2013 Cornas „Renaissance“, Auguste Clape

2013 Cornas „Renaissance“, Auguste Clape

Für mich die allergrößte Überraschung der Probe, obwohl 2013 sicher kein Spitzenjahrgang an der Rhône war und der „Renaissance“ nur der zweite Wein in der Betriebshierarchie von Auguste Clape ist. Extrem präzise, klar und auf den Punkt gebracht ist dieser Wein, dabei dicht gewoben, aber nicht dick, sondern glatt und elegant, seidig im Tannin, die Frucht geradezu pur mit der typisch mineralisch-rauchigen Komponente. Ein old style Syrah, 22 Monate in großen Holzfässern gereift, konzipiert für ein langes Leben auf der Flasche, aber auch jung schon mit Genuss zu trinken. Die Reben aus den Renaissance-Terrassen sind jung (12 bis 20 Jahre), aber der Granit im Untergrund verleiht dem Wein eine unvergleichliche Note. Wenn dieser Wein schon so gut ist – wie gut ist dann erst Clapes Cornas, der Spitzenwein?

Bewertung: 95 Punkte
Preis: 49,95 Euro
Bezug: www.gute-weine.de


2012 Hermitage „La Chapelle“, Paul Jaboulet Âiné et Fils

2012 Hermitage „La Chapelle“, Paul Jaboulet Âiné et Fils

Es war das zweite Mal, dass ich diesen Wein innerhalb der letzten 12 Monate getrunken habe – und wieder hat er mich begeistert. Für manchen Kenner ist Paul Jaboulet Âiné vielleicht nicht die erste Adresse an der Nördlichen Rhône. Aber seit Caroline Frey und ihre Familie das alte Handelshaus übernommen haben (2006), ist viel passiert: Umstellung auf biologischen Kultur, schonender Rebschnitt, gestaffelte Lese mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Terroirs. Die Rebstöcke sind 60 Jahre alt und ergeben gerade mal 18 hl/ha – ein obszön niedriger Ertrag. Nicht zu vergessen: La Chapelle ist das Herzstück des spektakulären Hermitage-Hangs. Der Wein ist nicht extrem konzentriert, aber tief mit feingeschliffenem Tannin, wenig Frucht, dafür vollgepackt mit Graphit- und anderen mineralischen Noten, unterlegt mit einem zarten Zigarrenholzton. Erstaunlich gut zugänglich schon, was wohl dem Jahrgang geschuldet ist, der zu den guten, aber nicht den ganz großen zählt, was dem Wein eine gewisse intellektuelle Kühle gibt.

Bewertung: 96 Punkte
Preis: 154,90 Euro
Bezug: www.belvini.de


2013 Suisassi Rosso Toscana, Duemani

2013 Suisassi Rosso Toscana, Duemani

Als simpler Rosso Toscana getarnt, ist dieser 100-prozentige Syrah von der toskanische Mittelmeerküste in Wirklichkeit der beste Wein aus dieser Sorte in Italien und – mit Verlaub – einer der besten der Welt. Salopp gesagt: der Masseto der Rebsorte Syrah. Freilich ein mediterraner Syrah mit viel süßer, reifer Frucht, die von schwarzer Johannisbeere bis zu Zwetschgenröstern reicht, dazu die unnachahmliche Würze von Wachholder, Pinienharz, Salzlakritze, dunkler Schokolade. Am Gaumen reich, aber nicht überladen, mit glattem Tannin, das den Wein gekonnt zusammenhält. Und: 2013 war ein grandioser Jahrgang in der Toskana. Duemani ist ein kleiner, biodynamisch arbeitender Musterbetrieb im Besitze des Önologen Luca d’Attoma, der in seinen privaten Weinbergen ausleben kann, was ihm bei den großen Weingütern, die er berät, meistens verwehrt ist.

Bewertung: 97 Punkte
Preis: 107 Euro
Bezug: www.superiore.de


2013 Ermitage „Le Pavillon“, M. Chapoutier

2013 Ermitage „Le Pavillon“, M. Chapoutier

Der zweite der vier Lagen-Ermitage in der Betriebhierarchie von Michel Chapoutier – und ein Riese. So reich und gleichzeitig so aromentief hatte ich diesen Wein aus dem kleinen Jahr 2013 nicht erwartet: extrem dunkel in der Farbe, Duft von Veilchen, schwarzen Johannisbeeren, hellem Tabak, karamellisierten Zwetschen, am Gaumen Rauchfleisch und Gesteinsstaub, dabei extrem kompakt mit samtigem Tannin und irre langem Abgang. Ein Blockbuster, aber einer von der eleganten Sorte, nicht erschlagend, nicht exzessiv alkoholreich, wohl aber eine Herausforderung für den Gaumen. Kritiker sagen Chapoutier ja einen Hang zur australischen Shiraz-Stilistik nach. Dieser Wein bestätigt den Eindruck (obwohl der Neuholz-Einsatz nur bei 30 Prozent liegt). Sei’s drum: Jetzt ein Erlebnis, in 20 Jahren ein toller Genuss. Der Le Pavillon kommt aus verschiedenen Parzellen der Zone Les Bessards, die im warmen mittleren und unteren Teil des Hermitage-Hangs liegt. Chapoutier besitzt dort 4 Hektar mit teilweise hundertjährigen Syrah-Reben. Der Wein ist nur in kleinen Mengen und praktisch nur auf Vorbestellung erhältlich.

Bewertung:  99 Punkte
Preis: ca. 450 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de


2013 Ermitage „Le Méal“, M. Chapoutier

2013 Ermitage „Le Méal“, M. Chapoutier

Le Meal ist eine hoch gelegene, terrassierte Südlage mit großen, runden Kieselsteinen und Lehm im Untergrund, die zusammen mit den anderen Terrassen im oberen Bereich des Hermitage-Hangs zu den ganz großen Crus Frankreichs gezählt und auf eine Stufe mit dem Romanée-Conti gestellt wird. Entsprechend atemberaubend ist der Wein, der dort wächst. Der 2013er präsentiert sich in undurchdringlichem Dunkelrot mit violettfarbenen Reflexen, mit reifem, süssen Himbeer-, Zwetschgen- und Cassis-Duft, aber im Unterschied zum Le Pavillon mit mehr provençalischer Kräuterwürze, mehr Lakritz, mehr Teer, mehr Granit-Aroma. Ein gewaltiger Wein, der – jung getrunken – die Geschmackspapillen extrem fordert, nach 20, 30 Jahren Flaschenreife aber so ruhig und diszipliniert über die Gaumen laufen wird, wie die Rhône am Fuße des Hermitage-Hangs jetzt schon durch ihr Flussbett fließt. Das glaube ich vorhersagen zu können, weil ich vor einigen Jahren Gelegenheit hatte, mit Michel Chapoutier zusammen den 1996er zu verkosten, den ersten Jahrgang dieses gigantischen Weins, der sich damals nach knapp zwei Jahrzehnten von allen vordergründigen Primäraromen befreit hatte und sich abgeklärt, aber noch unglaublich frisch präsentierte. Fast fühlt man sich bei diesem Wein wie Zar Nikolas II., der die Hermitage-Weine über alles liebte. Übrigens wird der Le Méal in speziellen Zementbottichen vergoren und zu 100 Prozent in neuem Holz ausgebaut. Leider gibt es von ihm nur wenige tausend Flaschen. Beim deutschen Importeur ist er kurz nach der Arrivage schon ausverkauft. Ich habe dankeswerterweise die letzten zwei Flaschen bekommen.

Bewertung: 98 Punkte
Preis: ca. 300 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de


2012 Grange BIN 95, Penfolds

2012 Grange BIN 95, Penfolds

Penfolds Grange gilt als der beste australische Shiraz – und ist es wohl auch. Eine ähnlich extreme Konzentration weisen zwar auch andere Shiraz-Weine aus Down Under auf. Aber keiner besitzt eine solche Eleganz wie dieser Topwein von Penfolds: samtenes Tannin, gestochen klare, saubere Frucht, disziplinierte Fülle, 19 Montate in 300-Liter-Fässern aus neuer amerikanischer Eiche gereift. Ein gigantischer Wein, aber einer ohne die berserkerhafte Kraft anderer australischer Shiraz. Er kommt diesmal sowohl aus dem Barossa Valley als auch aus dem McLaren Vale und enthält 2 Prozent Cabernet Sauvignon: feinstes Maulbeer- und Cassis-Aroma, unterlegt mit viel Kaffee- und Eukalyptus-Noten, dazu ein Hauch von Nelkengewürz, Süsslakritz, Sandelholz und dunkler Schokolade. Der 2012er ist der teuerste Grange, der je auf dem Markt kam, was zeigt, dass die Nachfrage nach ihm trotz des Preises steigt. Trotz der relativ großen Mengen, in denen er abgefüllt wird, ist er schwer zu bekommen. Die Menge, die für Kontinental-Europa reserviert ist, wird knapp gehalten. Die asiatischen und amerikanischen Märkte erfreuen sich derzeit größerer Nachfrage. Sei’s drum: Wer es sich leisten kann, bekommt ein paar Fläschlein. Den Grange im jetzigen Stadium zu trinken, wäre allerdings rausgeschmissenes Geld. Da sind die einfacheren Penfolds-Weine (wie der BIN 150 Marananga oder den BIN 170 Kalimna oder Magill Estate) delikater. Peter Gago, Penfolds Chief Winemaker, präferiert derzeit den 1990er oder den 1988er – oder noch ältere Jahrgänge. Wer den großen 2012er Grange richtig genießen will, braucht Geduld, viel Geduld. Die voraussichtliche Trinkreife geben die Penfolds-Experten mit 2060 an. Wer heute 40 Jahre alt ist, wird 83 sein, wenn der Wein auf dem Höhepunkt ist.

Bewertung: 98 Punkte
Preis: 450 bis 650 Euro
Bezug: www.hawesko.de, www.gute-weine.de, www.internetoase.de, www.koelner-weinkeller.de u. a.


 

2009 Alttus Finiss River Shiraz, Salomon Estate

2009 Alttus Finiss River Shiraz, Salomon Estate

Diesen weithin unbekannten australischen Shiraz hatte ich als Geheimtipp in die Probe geschmuggelt. Dabei ist er schon lange kein Geheimtipp mehr. Er fügt sich nahtlos in die Phalanx der großen Down-Under-Gewächse ein, kommen sie von Noon, von Torbreck, von Veritas oder von Penfolds. Ich habe über den 2009er schon einmal auf weinkenner.de geschrieben („Extrem konzentriert, purer Extrakt mit viel Süße und exotischem Holz, noch fest im Griff des Tannins und deshalb zu schade, um ihn jetzt zu trinken. Wird aber ein ganz großer“) und demselben Jahrgang 95 Punkte gegeben. Diesmal habe ich einen Punkt abgezogen. Der Alttus bringt zwar dieses Wahnsinns-Aroma von Maulbeeren, Pflaumenkonfitüre, Datteln, Spearmint, Teer und Mokka an Nase und Gaumen. Aber irgendwie wirkte er diesmal ein wenig flatterig, nicht ganz so straff gewoben wie damals. Vielleicht lag es an der Flasche, vielleicht an mir. Ich würde auch nicht die englische Weinkritikerin Jancis Robinson bestätigen, die in ihrer Kolumne in der Financial Times geschrieben hatte, dass sie den Alttus für einen der großen Rhône-Wein hielt. Für mich ist er als australischer cool climate-Shiraz deutlich erkennbar. Grandios ist er trotzdem und bescheiden taxiert angesichts der Preise, die für andere australische Top-Shiraz aufgerufen werden.

Bewertung: 94 Punkte
Preis: 95 Euro
Bezug: www.wagners-weinshop.com


2006 Côte Rôtie „La Turque“, Guigal

2006 Côte Rôtie „La Turque“, Guigal

Die größte Enttäuschung der Probe war der La Turque, einer der drei Lagen-Weine von Guigal. Normalerweise ein 100-Punkte-Kandidat, erwies sich der 2006er als unbalanciert, marmeladig mit trockenem Tannin. Ein glanzloser Wein aus einem Jahrgang, der sicher nicht zu den besten gehört, aber auch nicht zu den schlechtesten. Und er kostete nicht weniger als die großen 2005er, 2009er und 2010er. La Turque kommt von der Côte Brune, wie die eisenhaltigen Schieferböden um das Städtchen Ampuis genannt werden. Dort ergibt die Syrah tiefgründigere, unnachgiebigere Weine als an der Côte Blonde. Und von allen drei Lagenweinen Guigals ist der La Turque derjenige, der am traditionellsten vinifiziert wird (übrigens mit 5 Prozent Viognier): nach der alten pigeage-Methode mit händischem Runterstossen des Tresterhuts. Vielleicht war das in 2006 des Guten zu viel? Vielleicht waren auch die  42 Monate Ausbau in 100 Prozent neuem Holz zu viel? Der Wein wirkte jedenfalls überextrahiert. Die Frucht war ausgetrocknet. Oder hatte ich eine Problemflasche erwischt? Jedenfalls sehr schade.

Bewertung: 88 Prunkte
Preis: 275 Euro
Bezug: www.koelner-weinkeller.de


2012 Luddite Shiraz, Luddite Wines

2012 Luddite Shiraz, Luddite Wines

Luddite produziert einen der besten Shiraz Südafrikas – allerdings auch einen der wildesten, frechsten, lautesten. Die Trauben wachsen bei Bot River tief im Hinterland von Kleinmond: eine heiße Gegend, die nur abends und nachts durch die Brisen, die vom Indischen Ozean herüber wehen, etwas gekühlt wird. Die hohen Temperaturen sind dem Wein anzumerken: ein mächtiger, ungemein voller Shiraz (15 Vol.%), wild und ungezähmt zunächst, nach dem Dekantieren etwas disziplinierter und ruhiger. Geprägt ist er durch Massen von dunkler, süßer Frucht und erdiger Würze, die von Rote Bete bis zu schwarzem Pfeffer reicht. Trotz seines hohen Alkoholgehalts ist er frisch, das Tannin ist weich und gut integriert. Der Wein prunkt vor allem mit seiner Aromaintensität, die europäischen Syrah-Weinen deutlich überlegen ist. Eleganz und Subtilität sind dagegen nicht seine Stärke. Jahrelang gelagert zu werden, ist auch nicht seine natürliche Bestimmung. Schon nach ein paar Jahren dürften sich die Ecken und Kanten, die er jetzt noch aufweist, abgeschliffen haben. Dann beginnt das Trinkvergnügen. Luddite Wines ist ein kleiner, handwerklicher Erzeuger. Er ist auf Distanz zu dem Mainstream, den man in Stellenbosch, Paarl und Umgebung findet. Auch das macht diesen Wein interessanter als die Massen von glatten, uniformen Shiraz, die aus Südafrika kommen.

Bewertung: 92 Punkte
Preis: 29,90 Euro
Bezug: www.c-und-d.de


2013 Syrah, Dominio de Valdepusa

2013 Syrah, Dominio de Valdepusa

Der Syrah von Marques de Griñon ist der bedeutendste, auf jeden Fall der bekannteste Wein aus dieser Rebsorte in Spanien. In der Probe machte er seinem Ruf alle Ehre. Im Glas präsentierte er sich dunkelrubinrot, in der Nase auch im jungen Stadium schon duftig mit Noten von Veilchen, Brombeerkonfitüre, grünen Oliven, Teer und geräuchertem Schinken –Tribut an den Ausbau in getoasteten Barriques. Am Gaumen fleischig, süß und sehr druckvoll (was bei 14,5 Vol.% Alkohol nicht weiter verwundert). Kurz: ein mächtiger, im Hochland von La Mancha auf 450 Meter Höhe gewachsener Wein, aromenstark mit klar definierter Frucht und Würze, der es schafft, trotz seiner Fülle punktgenau auf der Zunge zu landen. Er trägt die Handschrift des bekannten französischen Önologen Michel Rolland. Bei allen Komplimenten: Die Eleganz und Feinheit, die große Rhône-Weine zeigen können, geht diesem Wein ab. Die Qualitäten dieses Marques de Griñon-Weins liegen in seiner Vordergründigkeit und Geheimnislosigkeit. Nur 7.800 Flaschen wurden gefüllt.

Bewertung: 91 Punkte
Preis: 29,90 Euro
Bezug: www.vinos.de


2014 Syrah Réserve trocken, Weingut Rings

2014 Syrah Réserve trocken, Weingut Rings

Diesen Pfälzer Syrah verdanken wir der Klimaerwärmung. Steffen und Andreas Rings haben auf den Kies- und Sandböden um Freinsheim schon früh Syrah-Reben gepflanzt und ernten heute den Ertrag (der übrigens mit 22 Hektolitern pro Hektar äusserst gering ist). Ihre Syrah Réserve ist einer der besten Rotweine, die aus dieser Sorte in Deutschland gewonnen werden, und das warme Jahr 2014 war wie massgeschneidert für ihn. Die Stärke dieser Syrah Réserve liegt in der straffen Textur und der kühlen, klaren Frucht, die an Granini-Kirschsaft erinnert. Dazu kommt eine markante mineralische Würze mit viel schwarzem, aber auch einer Prise weißem Pfeffer. Dass der Wein nur von mittlerer Struktur ist und nicht an die Fülle und Komplexität mediterraner Syrah-Gewächse herankommt, kann nicht überraschen. Bei aller Klimaerwärmung ist Deutschland immer noch ein relativ kühles Anbaugebiet. Der Wein lagerte 21 Monate in Barriques (zu 75 Prozent neu) und ist auf dem Weingut in der Regel schon vor der Füllung ausreserviert.

Bewertung: 92 Punkte
Preis: zwischen 40 und 50 Euro
Bezug: www.hawesko.de, www.wein-bastion.de, www.belvini.de, www.ebrosia.de u. a.


2013 Jaspis Syrah, Weingut Ziereisen

2013 Jaspis Syrah, Weingut Ziereisen

Hanspeter Ziereisen ist der überragende Winzer im äußersten Süden Badens, im Markgräflerland. Seine Gutedel-Weißweine haben eine Klasse, wie kaum anderer sie erreicht. Ganz zu schweigen von seinen Blauen Spätburgundern, über die er deutschlandweit bekannt und berühmt wurde. Tschuppen, Rhini, Schulen, Jaspis – das sind die Namen dieser Weine, die nach traditionellem französischem Vorbild reif, aber nicht überreif geerntet werden und vier bis sechs Wochen auf der Maische stehen, um dann bis zu zwei Jahre in Barriques ausgebaut zu werden. Holz ist ein wichtiges Element der Kellerphilosophie Ziereisens. Schließlich hat er Schreiner gelernt. Neben den Blauen Spätburgundern erzeugt er im warmen Klima der Baseler Bucht auch einen Syrah, der in Deutschland hoch geschätzt wird – zu Recht. Er nennt ihn – wie den Top-Spätburgunder – Jaspis. Leider enttäuschte dieser Wein in unserer Syrah-Probe. Er wirkte vergleichsweise dünn, hatte eine überbetonte Säure und zeigt viel zu viel Holz. Vielleicht war er noch zu jung. Vielleicht war der kühle Jahrgang 2013 nicht ideal für diese Rebsorte. Vielleicht hat er auch unter der illustren Gesellschaft von Weinen aus anderen, wärmeren Gebieten gelitten. Schwer zu sagen. Normalerweise trinke ich diesen Wein mit allergrößtem Vergnügen, und mit mir so viele andere Menschen, dass er innerhalb weniger Wochen am Weingut ausverkauft ist.

Bewertung: 89 Punkte
Preis: 45 Euro
Bezug: www.gute-weine.de


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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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