Der Önologe Stéphane Derenoncourt ist einer der einflussreichsten Berater in Bordeaux. Im Gespräch mit Andrew Black wagt er einen Ausblick auf den Jahrgang 2012. Bis jetzt sind die Voraussetzungen für einen guten Jahrgang gegeben – vielleicht sogar für mehr. Sicher ist nur eines: Die Menge wird gering sein.
Andrew Black: War der Winter 2011/12 gut für die Reben?
Stéphane Derenoncourt: In Bordeaux war der Winter ziemlich milde. Einzig im Februar hatten wir strengen Frost. Es bestand aber keine Gefahr für die Reben.
Andrew Black: Gab es einen frühen oder verzögerten Austrieb?
Stéphane Derenoncourt: Das kühle Wetter zu Ende des Winters zog sich bis in den Frühling hinein. Dadurch kam es zu einem leicht verspäteten Austrieb, besonders im Vergleich zu 2011.
Andrew Black: Dann war die Angst vor Spätfrösten vermutlich gering?
Stéphane Derenoncourt: Naja, ein paar leichte Fröste Anfang Mai gab es schon. Einige Jungtriebe haben gelitten, vor allem in den kühleren Anbaugebieten Bordeaux’. Aber insgesamt gab es keine großen Probleme.
Andrew Black: Und die Blüte?
Stéphane Derenoncourt: Die Blüte war ungleichmäßig. Zu launisch war das Wetter! Die Temperaturen gingen hoch und runter, dazwischen immer wieder Regen. So zog sich die Blütephase lange, lange hin.
Andrew Black: Die Winzer berichten, der Merlot sei im großen Stil verrieselt…?
Stéphane Derenoncourt: Stimmt, viele Blüten sind nicht befruchtet worden. Aber wir hatten auch Mehltau: Befruchtete Blüten haben sich nicht entwickelt, wobei ich nicht weiß, ob es speziell den Merlot getroffen hat.
Andrew Black: Welchen Gesamteindruck haben Sie vom bisherigen Verlauf des Jahres 2012, was die potenzielle Erntemenge angeht?
Stéphane Derenoncourt: Bis vor der Blüte war alles okay. Inzwischen wissen wir, dass es nur eine kleine Ernte geben wird.
Andrew Black: Die Winzer klagen auch über hohen Schadensdruck…
Stéphane Derenoncourt: Es gab viel Peronospora. Das Klima in Bordeaux steht nun einmal unter atlantischem Einfluss. Feuchte und sonnige Phasen wechseln sich ab – großartig für den Wein, aber auch großartig für das Auftreten von Pilzkrankheiten. In diesem Jahr haben wir das besonders deutlich gespürt.
Andrew Black: Wo steht die Vegetation jetzt? Ist sie zurück?
Stéphane Derenoncourt: Nein. Die Reben hatten im Gegenteil einen leichten Vegetationsvorsprung. Aber der ist zusammengeschmolzen. Inzwischen liegt die Vegetation wieder voll im Plan.
Andrew Black: Kann man schon etwas über die Qualität des Jahrgangs 2012 sagen?
Stéphane Derenoncourt: Dazu ist es noch zu früh. Alle Optionen sind noch offen.
Andrew Black: Was für ein Wetter brauchen Sie, damit es ein guter Jahrgang wird?
Stéphane Derenoncourt: Es ist genug Feuchtigkeit im Boden. Die Reben sehen gesund und grün aus. Sie tragen viel Laub, und die Triebe schießen in die Höhe. Trockenes Wetter wäre jetzt nützlich, damit die Vegetation sich verlangsamt. Wir hoffen auf einen trockenen, heißen August und dann, zum Abschluss des Reifeprozesses, auf einen langen Indian Summer, wie er eigentlich für Bordeaux typisch ist. Die Winzer sehnen sich nach einer Lese ohne Stress.
[…] offen. Ein sehr gutes Interview unter mit Önologe Stéphane Derenoncourt: Weinkenne. de (https://www.weinkenner.de/2012/stphane-derenoncourt-ueber-bordeaux-2012-alle-optionen-offen-24541/) Ein spannendes Zitat möchte ich herausgreifen: “Bis vor der Blüte war alles okay. […]