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Special Release 2013 (1): Besteht der neue, 37 Jahre alte Lagavulin die Kraftprobe gegen seinen Vorgänger?

Ein frohes neues und vor allem gesundes und zufriedenes Jahr wünscht euch Kaypingers Whiskyblog. Als Start für 2014 wollten wir unbedingt wissen, was die hochpreisige Special-Release-Abfüllung Lagavulin 37yo von Diageo so mit sich bringt. Was liegt da näher, diesen mit seinem hervorragenden Vorgänger aus dem gleichen Destillationsjahr „head to head“ zu vergleichen?

Vor fast genau einem Jahr hatten wir den 30 Jahre alten Lagavulin schon einmal im Tasting, und mit 95 Punkten in unseren Büchern ist er zu Recht einer der ganz großen Malts der Brennerei. 2006, mit einem Ausgabepreis von damals etwa 300 Euro, war diese Abfüllung schon preislich ambitioniert am Markt erschienen. Verglichen mit dem Neuen, der „Special Release“ von 2013, ist dies jedoch mehr als nur ein Schnäppchen. Rund das Zehnfache muss man hinblättern, um in den Genuss der Flasche zu gelangen. Somit erübrigt sich schon von vornherein eine Diskussion über das Preis-Leistungsverhältnis. Beide 1976 destilliert und aus mehreren Fässern vermählt, könnten somit Schwesterfässer gewesen sein. Der neuesten Abfüllung wurden lediglich sieben weitere Jahre der Reifung zugesprochen. Ob diese längere Reifezeit sich auch in verbesserter Aromenausbeutung bemerkbar macht,  wollten wir trotzdem nur allzu gerne wissen.

Tasting Notes


Lagavulin 30y 1976-2006 Refill American Oak casks 2.340 btls – 52.6%Lagavulin 30y 1976-2006 Refill American Oak casks 2.340 btls – 52.6%
95

Farbe: Gold
Nase: Fantastischer Duft nach tropischen Früchten mit hervorstechenden Aromen von Mango, Papaya und Ananas. Aber auch Maracuja und Pfirsich mischen die  maritimen Noten von salziger Seeluft, Algen und Tang auf. Dazu feine und wohl duftende Kräuter sowie Nussaromen (Walnuss und Haselnuss), die sich in Verbindung mit rauchigem Torf bestens behaupten können. Honig und Vanille runden diese perfekte Aromenpalette ab.
Geschmack: Mächtiges, cremig-öliges Mundgefühl auf sehr fruchtig-salziger Basis. Immer intensiver und leckerer werdend. Torf und Rauch kommen ebenfalls immer besser ins Spiel. Mit dem Aufkommen leicht herber Aromen von Nüssen, Eichenholz (aber keine Tannine) und etwas Kardamon werden die fruchtigen Einschläge der Südfrüchte langsam, aber sicher verdrängt. Grüner Tee mit Zitrone und einem Schuss Honig klebt untergeordnet am Gaumen fest.
Finish: Sehr, sehr lang und etwas herb mit toll eingebundenem Holz. Dazu Spuren von frischer Minze und wieder auflebenden Fruchtnoten, die mit maritimer Salzigkeit behaftet bleiben bis zum Schluss.
Bemerkung: Eine beeindruckende Fruchtkomposition, die man so nicht allzu oft bei Lagavulin findet. Dazu diese durchgehend prickelnde Salzigkeit, die mit dem voluminösen Mundgefühl diese Abfüllung zu einem echten Klassiker machen! Da muss der 37-jährige sich aber jetzt mächtig ins Zeug legen!
95 Punkte (Nase: 95 / Geschmack: 95 / Finish: 95)
Preis: ~2.000 Euro


Lagavulin 37y 1976-2013, 0523 of 1868 btls – 51%
93

Farbe: Maisgelb / Volles Gold
Nase: Herbe Kräuter, viel maritimes Salz mit einer frischen, zitronenartigen Brise und dazu getrocknete tropische Früchte. Dann erdiger werdend mit Aromen von Tabak, Wachs, etwas Orangenextrakt und frischem Heu.
Geschmack: Volles, honigsüßes Mundgefühl, leicht scharf und sofort rauchig-herb werdend. Von der tropischen Fruchtigkeit aus der Nase bleibt leider nicht ganz so viel übrig. Dumpfe Ledernoten, Nüsse, etwas Grapefruit und Limonen sowie immer intensiver werdender, rauchiger Torf mit einsetzenden Eichenholzaromen (bleibt herb, wird aber nicht bitterer). Meersalz, schwarzer Pfeffer in Verbindung mit feinen Kakaoaromen runden den Geschmack gegen Ende ab.
Finish: Lang mit viel süß-salzigem Torf und immer stärker aufkommenden cremigen Schokoladennoten, die sich mit den trockenen, kohleartigen Holzaromen harmonisch ergänzen.
Bemerkung: Bei uns in der Bewertung ein Hin und Her zwischen 92 und 93 Punkten!
93 Punkte (Nase: 93 / Geschmack: 93 / Finish: 92)
Preis: ~3.000 Euro


Fazit: Das Duell der beiden ältesten Abfüllungen der Brennerei geht bei unserem „Kopf an Kopf“-Vergleich eindeutig zugunsten des jüngeren aus. Beide Abfüllungen sind sehr gut, die perfekte Fruchtigkeit der 30-jährigen fehlt jedoch der neuen „Special Release“ und kostet sie den einen oder anderen Punkt!


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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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