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Sotheby’s Auktion in Hongkong: Lafite durchbricht die Schallmauer

Etikett Chateau Lafite

Das Mandarin Oriental wurde wieder mal seinem Ruf gerecht, das exklusivste und teuerste Hotel Hongkongs zu sein. Was sich am letzten Freitag ab 18 Uhr hinter den geschlossenen Türen des Connaught Room tat, war wahrlich exklusiv: eine Weinauktion, die selbst betuchte und betuchteste Europäer vom Erwerb eines guten Tropfens auszuschließen geeignet war. Der Tropfen hieß Chateau Lafite-Rothschild, und der Ausschlussgrund waren die Preise.

190 Lots des Weins kamen unter den Hammer, und immer, wenn dieser fiel, war ein Preisrekord gebrochen. Aber derart nachhaltig, dass es selbst das kühle Sotheby’s Management sprachlos machte. Die Preise, die auf dieser Auktion erzielt wurden, lagen zwischen hundert und dreihundert Prozent über den Preisen des europäischen Weinhandels.

In den Internetforen tauchte schnell die Frage auf, weshalb sich die Chinesen nicht für sehr viel weniger Geld auf dem europäischen Markt mit Lafite-Weinen eindeckten. James Ritchie, Präsident von von Sotheby’s International Wine Department, hatte seine eigene Erklärung: „Asiatische Weinsammler begrüßten die Gelegenheit, Lafite in ihrem eigenen Land ersteigern zu können.“

Wie ist dieser neuerlich Lafite-Hype zu erklären? Sotheby’s hatte  60 Jahrgänge Lafite versteigert: von den (physisch noch nicht auf den Markt befindlichen) Jahrgängen 2009 und 2008 bis zurück zum Jahrgang 1869. Es war nicht die erste Weinauktion auf chinesischem Boden. Aber es war die erste, auf der nur Weine der Domaines Rothschild angeboten wurden: neben Lafite der Zweitwein Carruades, der Duhart-Milon, der L’Evangile und der Sauternes vom Chateau Rieussec.

Lafite und seine Satelliten genießen bei Chinesen in besonders hohes Ansehen, weil das Chateau auf der Weltausstellung 1855 in Paris, als die Klassifikation erstmals vorgestellt wurde, als „Primus inter Pares“ unter den Premiers bezeichnet worden war: also als der Erste unter den Besten.

So war schnell klar, dass die hohen Schätzpreise noch einmal übertroffen werden würden. Schon das Bietergefecht um das erste Lot war atemberaubend. Zwölf Flaschen 2009er Lafite, mit 7000 bis 12 000 Euro taxiert, wurden für über 49 000 Euro zugeschlagen (inkl. Käufer-Kommission, aber ohne Steuern).  Das entspricht einem Flaschenpreis von 4.100 Euro – fast dreimal soviel wie der Wein in Europa kostet.

Selbst unspektakuläre Jahrgänge wie 2007 und 2002 legten im Auktionssaal um mehr als das Doppelte zu. Und die bereits in luftigen Höhen befindlichen Preise für die 2005er, 2000er, 1996er und 1995er stiegen noch einmal um das Anderthalbfache. James Ritchie unterdrückte jede Gefühlregung: „Die Bieter demonstrieren einfach nur ihre Wertschätzung für diesen großen Wein.“

Die Bieter – das waren vor allem ortsansässige Broker. Von ihnen wird erwartet, dass sie die ersteigerten Weine nach Zentralchina weiter verkaufen. Die Lafite-Preise in Shanghai, Shenzhen, Wuhan, Chongquing und anderen Industriemetropolen sind oft dreimal so hoch wie in Hongkong.

Die Frage ist nun: War die Hongkonger Auktion ein Ausrutscher nach oben? Oder bleiben die Weine auf ihrem stratosphärisch hohen Niveau. Die Antwort kam bereits am nächsten Tag, als Sotheby’s dieselben Weine und Jahrgänge noch einmal ausrief. Diesmal bröckelten die Preise gegenüber dem Vortag ab (siehe Tabelle).

Die Erklärung für die unterschiedlichen Auktionsresultate ist einfach: Die Weine des ersten Auktionstages kamen direkt vom Chateau. Sie sind also unter idealen Bedingungen gelagert worden. Das Fälschungsrisiko war null.

Die Lafites des zweiten Tages waren dagegen vom koreanischen Stahl- und Chemiehändler SK Networks eingeliefert worden, dürften also schon mehrfach den Besitzer gewechselt haben, zumindest teilweise.

Dennoch: Auch die Preise des 2. Auktionstages lagen deutlich über den Handelspreisen in Europa. Dort ist man entsprechend schockiert über den neuen Preisschub. „Bordeaux muss jetzt völlig neu kalkuliert werden“ sagte der englische Broker Alan Rayne von Magnum Fine Wines. Andere sprachen von einer „dramatischen“ Situation.

Einzelne Londoner Händler setzten am Montag den Verkauf von Lafite-Weinen aus. Andere kündigten an, schnellstmöglich ihre Preislisten der neuen Situation anzupassen. Ob diese Preisanpassung auch die Deuxièmes, Troisièmes und andere Bordeauxweine betrifft, wird sich zeigen. Sicher ist nur, dass auch die anderen Premiers, allen voran Mouton-Rothschild und Margaux, neu bewertet werden. Glück für den, der sie im Keller hat. Schade für alle, die nie mehr in den Genuss dieser Weine kommen werden.

Sotheby’s Wine Auction HK0338 vom 29. und 30. Oktober 2010 in Hongkong

Jahrgang Handelspreis London (Liv Ex) Auktionspreis Hong Kong 1. Tag entspricht Flaschenpreis von Steigerung ggü. Handelspreis London Auktionspreis Hong Kong 2. Tag Steigerung ggü. Handelspreis London
2009 Lafite 12.515,– 49.290,– 4.107.50 294%
2008 Lafite 12.184,– 24.645,– 2.053,75 102%
2007 Lafite 6.800,– 20.164,– 1.680,33 197%
2006 Lafite 7.886,– 20.164,– 1.680,33 156% 8,821 28%
2005 Lafite 11.638,– 26.885,– 2.237,92 131% 23,522 131%
2004 Lafite 7.656,– 22.405,– 1.867,08 193% 11,761 76%
2003 Lafite 12.801,– 35.847,– 2.987,25 180% 17,642 58%
2002 Lafite 7.600,– 20.164,– 1.680,33 165% 9,801 47%
2001 Lafite 8.052,– 13.442,– 1.120,16 67% 9,801 39%
2000 Lafite 21.602,– 51.532,– 4.294,33 139% 29,403 56%
1999 Lafite 8.629,– 17.924,– 1.493,66 108% 11,761 56%
1998 Lafite 8.972,– 20.507,– 1.708,92 129% 11,761 50%
1996 Lafite 14.001,– 35.847,– 2.987,25 156% 25,482 108%
1995 Lafite 8.655,– 22.405,– 1.867,08 159% 13,721 81%
1994 Lafite 8.129,– 13.442,– 1.120,16 65%
1990 Lafite 9.366,– 11.538,– 961,5 23% 15,681 91%
1982 Lafite 42.862,– 96.342,– 7.695,16 125% 84,289

Alle Preise in Euro ohne Steuern. Die Auktionspreise enthalten bereits die Käuferkommission.

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