Sommer extrem – Teil 1 – Ein Rundgang durch den Weinberg

Im ersten Teil dieser Reihe nimmt uns Winzer Christoph Hammel mit auf einen Rundgang durch seine Weinberge und dokumentiert und kommentiert, welche Ausswirkungen das Wetter der letzten Wochen hat.

Ent­stan­den sind die Bil­der in  Forst und Klein­karl­bach, wo vor eini­ger Zeit auch der Clip für die Doku “Som­mer Extrem” gedreht wur­de. Wer den Clip noch nicht kennt, kann ihn sich hier ansehen.

Hier geht es wei­ter zu Teil 2 >>


Anmer­kung: Die Inhal­te aus die­sem Bei­trag wur­den ursprüng­lich auf Face­book ver­öf­fent­licht. Mit freund­li­cher Unter­stüt­zung von Chris­toph Ham­mel kön­nen wir die­se span­nen­den Ein­bli­cke auch Lesern außer­halb von Face­book zugäng­lich machen. Der Wein­ken­ner sagt an die­ser Stel­le „Vie­len Dank“.


Viel­leicht hat der Eine oder die Ande­re Lust mal einen Wein­bergs­rund­gang mit­zu­ma­chen und sich locker zu infor­mie­ren. Also, kommt ein­fach mal mit:

Die Lage Pech­stein in Forst an der Wein­stra­ße. Eine der bes­ten Lagen für Ries­ling in Deutsch­land und eine der bes­ten der Welt. Die Wein­gü­ter, die hier GG (Gro­ßes Gewächs) Lagen haben, zäh­len zur qua­li­ta­ti­ven Speer­spit­ze Deutsch­lands und genie­ßen einen Weltruf.


Hier ein GG Wein­berg eines der bes­ten Ries­ling Güter der Welt. Der Win­gert (Anm. der Redak­ti­on: ein Win­gert ist ein Wein­gar­ten oder Wein­berg) des bio­dy­na­misch betrie­be­nen VDP Wein­gu­tes ist auch wenig begeis­tert über die Hit­ze und die Tro­cken­heit. Da kann, selbst wenn gewollt, kein Bei­kraut mehr wachsen.

Wir leben unter einem Him­mel. Ob Genos­sen­schafts­win­zer, Pri­vat­wein­gut oder Trau­ben­win­zer. Wir wis­sen, wie es dem Nach­bar geht und lei­den mit, wenn ein Wein­berg in die Knie geht. Das ist alters­ab­hän­gig, aber eben auch stark von der Boden­be­schaf­fen­heit und der Lage.


Stroh­tro­cken! Rau­chen im Win­gert verboten!


Einen Lai­en könn­te man hier mani­pu­lie­ren. Alles tot­ge­spritzt! Nein, der Win­gert ist bio­dy­na­misch und hat, wie alle Win­ger­te Durst! Die Wen­de­plät­ze sehen aus wie in Texas und in der Prärie!


Ein alter Stock und doch ächzt der arme Kerl. Er wird es aber schaf­fen, viel­leicht gibt es ja doch bald ein paar Tropfen!


Ganz gro­ßer Lagen­sport – eine Ikone!


Auch lei­den die Jun­gen zuerst: Die Blät­ter in der Trau­ben­zo­ne ver­trock­nen und fal­len ab, hier wird es eng.


Nur weni­ge Meter wei­ter und alles super: Älte­re Stö­cke, ande­rer Boden und eine tol­le, intak­te Laub­wand. Das wird was, ewig soll­te es aber nicht so weitergehen.


Das hat mir beim VDP Kol­le­gen sehr gut gefal­len! Hän­disch ent­blät­tert und oben viel Laub, wie ein Dach. Klar, der Wein kos­tet, ist aber immer noch güns­tig für den Auf­wand. Was kos­tet ein teu­rer Montrachet?

Unten kön­nen natür­lich kei­ne Kräu­ter und Blu­men wach­sen. Sie wur­zeln nur weni­ge Zen­ti­me­ter und ver­dor­ren schnell. Alles kämpft jetzt um jeden Tropfen!


Wet­ter exakt vor einem Jahr: super Wuchs-Wetter und nied­ri­ger UV Index. Heu­te: extrem hoch!
Das ist gefähr­lich für Sau­vi­gnon Blanc und vor allem für Ries­ling, die Schat­ten goutieren.
Trau­ben sind wie Men­schen. Ein Bei­spiel: Ein Ver­si­che­rungs­sach­be­ar­bei­ter, sitzt täg­lich vie­le Stun­den im Büro. Sei­ne Gesichts­haut ist ten­den­zi­ell dün­ner, als die eines Dach­de­ckers, der bei allen Wet­ter­la­gen im Frei­en arbei­tet. Bist du in der Son­ne, wird dei­ne Haut dicker und braun und exakt so ist das mit den Trau­ben­bee­ren auch. In der direk­ten Beson­nung, wird die Bee­re dicker und lagert Karo­tin ein. Sie wird “braun”.

Bei Char­don­nay, Pinot usw. kein Pro­blem. Beim Ries­ling ist das jedoch sehr pro­ble­ma­tisch. Denn das Karo­tin reagiert mit der Hefe und es ent­steht der nost­al­gi­sche, ries­ling­ty­pi­sche „Petrol­ton””. Den mögen aber vie­le nicht bzw. nicht mehr und das aktu­el­le Wet­ter ist da echt suboptimal.


Zwi­schen bei­den Bil­dern lie­gen nur ganz weni­ge Tage!
Das ist mein Klein­karl­ba­cher Her­ren­berg Spät­bur­gun­der. Eine rei­ne Süd­la­ge und vor ca. 40 Jah­ren gepflanzt. Man sieht unten im Tal hin­ten zwei gro­ße Bäume.


Das ist qua­si die glei­che Zei­le, ein Jahr spä­ter, heu­te Mor­gen. Alles staub tro­cken! Da kann die schö­ne Herbst­be­grü­nung nicht auf­ge­hen. Es blu­tet einem das Herz! Aber er hält sich gut und ich glau­be schon, dass wir da einen tol­len Rot­wein raus­ho­len. Für eine tol­len Spät­bur­gun­der, ist es fast zu heiß! Man sieht unten, hin­ten wie­der die zwei Bäu­me im Tal.


Im ARD Clip hat Chris­tin Jor­dan dar­auf bestan­den, dass die Lage genannt wird. „Kie­sel­berg”, weil der Wein­berg an dem Rand des Rhein­gra­bens liegt. Der Rhein­gra­ben aber, war mal ein eis­zeit­li­ches Meer. Dar­um fin­den wir heu­te noch vie­le Fos­si­li­en, z. B. auch Hai­fisch­zäh­ne, und freu­en uns über die tol­len Kalk­stein­bö­den, die unse­ren Ries­ling so wun­der­bar aro­ma­tisch wer­den las­sen. Am Rand aber, war der Strand und da sind heu­te nicht sel­ten Kies und Sand zu fin­den – sozu­sa­gen ein Beachvineyard.

Ganz ähn­lich wie Teils in Bor­deaux sind auch hier vie­le Stei­ne und Kie­sel. Für das Was­ser­hal­te­ver­mö­gen ist das natür­lich nicht ide­al. Aber unter nor­ma­len Umstän­den, gera­de für blaue Trau­ben, ganz großartig!
Klar, dass dann unter dem Stock nichts wächst. Da braucht es nicht mal Glyphosat.


An die­ser alten Rebe, die seit bald 40 Jah­ren hier am Ort ist, sehen wir den Unter­schied sehr gut. Sie trägt ihre Nach­kom­men­schaft mit Ver­ve: tol­les Laub, alles (noch) in einem super Zustand.


Dane­ben eine jun­ge, nach­ge­setz­te Rebe. Die Wur­zeln gehen nicht so tief und auch die Brei­te, die Ober­flä­che des Wur­zel­bal­lens, ist deut­lich gerin­ger, als bei der „lebens­er­fah­re­nen Oma” neben­an. Das Laub kämpft, die klein­beer­i­gen Trau­ben sind rei­fer. Wir schnei­den jetzt bis auf zwei Trau­ben alle runter.


Selbst das Wein­guts­schild ist schon von der Son­ne aus­ge­bleicht. Okay, es hängt da auch schon ein paar Jahre.