Sommelier Trophy 2011: Thomas Sommer bester deutscher Sommelier

Thomas Sommer
Die Sommelier-Union Deutschland und Relais & Chateaux veranstalten jedes Jahr einen Wettbewerb zum besten Sommelier Deutschlands. Mit Kenntnis, Können und guten Kopfrechenkünsten setzte sich Ende Mai der 33jährige Thomas Sommer vom Gourmetrestaurant Lerbach in Bergisch-Gladbach durch. Jens Priewe stellte ihm nachträglich ein paar Fragen.

Zum ers­ten Mal wur­de die Som­me­lier Tro­phy nach einem öffent­li­chen Wett­be­werb ver­ge­ben: 160 Gäs­te waren am 23. Mai 2011 ins Restau­rant der Burg Schwar­zen­stein im Rhein­gau gekom­men, um ein exqui­si­tes Menu zu genie­ßen (für das Sterne-Köche wie Klaus Erfort, Juan Ama­dor, Tho­mas Büh­ner und Sven Mes­ser­schmitt ver­ant­wort­lich waren) und den End­ausscheid der drei Final­kan­di­da­ten im Wett­streit um den Titel des bes­ten Som­me­lier Deutsch­lands live zu erleben.

Sie­ger wur­de der 33jährige Tho­mas Som­mer aus dem Gour­met­re­stau­rant Lerbach-Nils Hen­kel in Bergisch-Gladbach. Der aus Sach­sen stam­men­de Leh­rer­sohn gilt der­zeit als Deutsch­lands größ­te Sommelier-Hoffnung. Schon als Zwan­zig­jäh­ri­ger hat­te er sich mit dem Wein­ba­zil­lus infi­ziert. Nach Lehr­jah­ren in Dres­den (Bülow Resi­denz) und Wan­der­jah­ren in Pfinz­tal (Vil­la Ham­mer­schmie­de), Ber­lin (Bran­den­bur­ger Hof), Paris (59 Poin­ca­ré) und Lon­don (Mariott Han­bu­ry Man­or House & Coun­try Club) kam er vor drei Jah­ren nach Bergisch-Gladbach.

Der beken­nen­de Ries­ling­fan hat für das Gour­met­re­stau­rant Ler­bach die bes­te Ries­ling­kar­te Deutsch­lands zusam­men­ge­stellt. Den Bericht des Hes­si­schen Fern­se­hens über den Wett­be­werb zur Som­me­lier Tro­phy 2011 kann man als Video auf der Web­site der Som­me­lier Uni­on Deutsch­land ansehen.


Thomas Sommer im Interview

Thomas Sommer

Fra­ge: Von einem Som­me­lier erwar­tet man, dass er sich mit Wei­nen gut aus­kennt, um sei­ne Gäs­te indi­vi­du­ell bera­ten zu kön­nen. Muss er auch Kopf­rech­nen können?
Tho­mas Som­mer: Nicht dass ich wüss­te. War­um fra­gen Sie?
Fra­ge: Weil Sie im Fina­le der Sommelier-Trophy gefragt wur­den, für wie vie­le Gäs­te eine Jero­boam­fla­sche Cham­pa­gner reicht.
Tho­mas Som­mer: Stimmt. Die Kan­di­da­ten soll­ten aus einer Jero­boam­fla­sche jeweils 0,1 Liter ein­schen­ken und sagen, wie­vie­le Glä­ser sie brau­chen. Da eine Jero­boam drei Liter ent­hält, kann man damit gut 30 Glä­ser füllen.
Fra­ge: Eine ein­fa­che Rech­nung. Was war für Sie die größ­te Her­aus­for­de­rung im Finale?
Tho­mas Som­mer: Das Zeit­ma­nage­ment. Wir hat­ten nur cir­ca 15 Minu­ten Zeit, um einen Rot­wein zu dekan­tie­ren, pas­sen­de Geträn­ke für ein 4-Gänge-Menu aus­zu­su­chen und eine Wein­kar­te auf Feh­ler hin zu durch­su­chen. Bei der Wein­emp­feh­lung habe ich lei­der Zeit ver­lo­ren, weil ich zu viel gere­det habe. Die fehl­te mir am Ende bei der Kor­rek­tur der Weinkarte.
Fra­ge: Stimmt es, dass Johann Lafer, der in der Jury saß, Sie beim Dekan­tie­ren mit einer alber­nen Fra­ge aus dem Kon­zept zu brin­gen versuchte?
Tho­mas Som­mer: Es gehört dazu, dass die Jury mit teils situa­ti­ons­un­pas­sen­den Fra­gen die Kan­di­da­ten auf die Pro­be stellt. So frag­te Herr Lafer, ob er einen Rist­ret­to bekom­men könn­te und was das eigent­lich sei. Natür­lich wuss­te ich, was ein Rist­ret­to ist (Anm.: ein Espres­so mit wenig Was­ser). Inso­fern stell­te die Fra­ge für mich kei­ne gro­ße Hür­de dar.
Fra­ge: Dann woll­te das Jury­mit­glied Gün­ter Jauch genau wis­sen, war­um der Wein, den er bestellt hat­te, unbe­dingt dekan­tiert wer­den müsse.
Thomas Sommer Tho­mas Som­mer: Es war ein 1997er Baro­lo. So einem Wein tut das Dekan­tie­ren gut. Zudem war das Dekan­tie­ren Teil der Auf­ga­be, so dass ich mich gar nicht davor drü­cken konn­te. Aber mei­ne Erklä­run­gen waren wohl etwas zu umfang­reich, so dass ich viel Zeit ver­lor. Und gleich­zei­tig muss­te ich vor 160 kri­ti­schen Augen­paa­ren im Saal den Wein kor­rekt in die Karaf­fe umfül­len und durf­te natür­lich kei­ne Feh­ler machen. Die Kon­kur­renz nutzt jedes Miss­ge­schick aus. Unter Zeit­druck artet das in Stress aus.
Fra­ge: Wie­viel Wei­ne trin­ken Sie im Lau­fe eines Jahres?
Tho­mas Som­mer: Ich schät­ze, es sind zwei- bis drei­tau­send, wobei ich die lei­der fast nur pro­bie­re. Die Tage, an wel­chen ich wirk­lich einen Wein genüss­lich trin­ke, sind lei­der selten.
Fra­ge: Über­wie­gend Riesling?
Tho­mas Som­mer: Ich trin­ke alles, was gut ist. Aller­dings nicht im Dienst, son­dern nach Fei­er­abend. War­um mei­nen Sie, dass ich über­wie­gend Ries­ling trinke?
Fra­ge: Weil Sie ein eige­nes Riesling-Shirt kre­iert haben, das Sie auf Ihrer Home­page vertreiben.
Tho­mas Som­mer: Ries­ling ist tat­säch­lich ein Wein, der mich sehr fas­zi­niert, und, seit er das Altherren-Image ver­lo­ren hat, nicht nur mich, son­dern vie­le jun­ge Som­me­liers. Er ist ein zugäng­li­cher Wein, der stark kom­mu­ni­ka­tiv und sehr sexy ist. Vie­le jun­ge Leu­te haben erkannt, dass man beim Ries­ling die The­ma­tik Wein gut anfi­xen kann.
Fra­ge: Es gibt aber noch vie­le ande­re sexy Wei­ne auf der Welt, auch in Deutschland…
Tho­mas Som­mer: Ich fin­de zum Bei­spiel den Sil­va­ner unter­schätzt. Die Wei­ne von Horst Sau­er aus dem Eschern­dor­fer Lump – das sind Sil­va­ner, die rich­tig Spaß machen. Ich glau­be, dass dem Sil­va­ner eine gro­ße Zukunft bevorsteht.
Fra­ge: Und wie ist es mit aus­län­di­schen Weißweinen?
Tho­mas Som­mer: Ein gereif­ter Puligny-Montrachet oder auch ein Chen­in Blanc sind immer etwas Feines.
Fra­ge: Wann und wie wur­den Sie per­sön­lich mit dem The­ma Wein angefixt?
Thomas SommerTho­mas Som­mer: Nach dem Gym­na­si­um habe ich eine Hotel­fach­aus­bil­dung in der Bülow Resi­denz in Dres­den absol­viert und bin danach unter ande­rem in der Vil­la Ham­mer­schmie­de in Pfinz­tal und in Ber­lin im Bran­den­bur­ger Hof gewe­sen. Damals war ich Anfang 20 und Bier­trin­ker. Eines Abends saßen wir mit den Wein­freaks des Hau­ses zusam­men und hat­ten eine Fla­sche 1989er Caber­net Sau­vi­gnon von Sil­ver Oak aus dem Napa Val­ley vor uns. Die wei­ner­fah­re­nen Kol­le­gen fin­gen an, den Wein zu beschrei­ben mit Aus­drü­cken wie Blau­bee­ren, Johan­nis­bee­ren, Scho­ko­la­de und so wei­ter. Der übli­che Fir­le­fanz, dach­te ich. Als ich dann selbst den Wein kos­te­te, konn­te ich tat­säch­lich all die­se Aro­men deut­lich wahr­neh­men. Seit­dem bin ich vom Wein infiziert.
Fra­ge: Was sind für Sie heu­te Wei­ne mit einem guten Preis-/Leistungsverhältnis?
Tho­mas Som­mer: Für den Genie­ßer ist vor allem das Lieb­lings­wein­gut um die Ecke der bes­te Anlauf­punkt für Wei­ne im indi­vi­du­ell guten Preis-Leistungsverhältnis. Ich bin davon über­zeugt, dass hoch­qua­li­ta­ti­ver deut­scher Wein noch zu oft weit unter Wert ange­bo­ten wird. Es gibt aber auch gigan­ti­sche Wei­ne von der Rhô­ne für wenig Geld. Oder die por­tu­gie­si­schen Bairrada-Weine aus der auto­chtho­nen Reb­sor­te Baga. Auch aus Chi­le kom­men teil­wei­se Super­wei­ne, die sehr preis­wert sind. Lei­der hat Chi­le ein Image­pro­blem, weil die Wei­ne all­zu oft auf der Bil­lig­schie­ne lau­fen. Auch Spa­ni­en soll­te man nicht ver­ges­sen, wobei man sich von den teil­wei­se völ­lig über­höh­ten Punkt­be­wer­tun­gen der Wein­füh­rer nicht irri­tie­ren las­sen darf.
Fra­ge: Benut­zen Sie auch das Adjek­tiv „lecker“, um einen Wein zu beschreiben?
Tho­mas Som­mer: Eigent­lich nicht. Kann sein, dass es mir mal raus­rutscht, aber nicht vor dem Gast. Lecker kann ja alles Mög­li­che sein…
Fra­ge: Gibt es für 5 Euro Wei­ne, die mehr als einen Rausch bieten?
Tho­mas Som­mer: Es kommt auf die Ansprü­che an. Für fünf Euro kann man viel­leicht einen attrak­ti­ven Ter­ras­sen­wein fin­den. Aber fes­seln­de Begeis­te­rung kommt in die­ser Preis­klas­se sel­ten auf.

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