Der Weißwein, aus dem Sherry erzeugt wird, ist flach und ziemlich belanglos. Erst durch Aguardente, jenen Branntwein, der ihm in kleinen Mengen zugegeben wird, erhält er seinen vollen, würzigen Geschmack und sein unnachahmliches Feuer.
Sherry existiert in zahlreichen Varianten. Er kann trocken oder vollsüß sein, dunkel oder hell, stark oder mäßig alkoholreich. Man unterscheidet zwei Grundtypen: den stroh- gelben, trockenen Fino und die dunklen Oloroso. Diese beiden Grundtypen sind der Ausgangspunkt für Dutzende von Spielarten, in denen der Sherry auf den Markt kommt: mal als sirupartiger Likör, mal als hochfeiner, in Würde gereifter, trockener Wein.
Fino und Manzanilla
Der Fino ist der klassische, trockene Sherry aus dem Anbaugebiet von Jerez de la Frontera, auch wenn er mengenmäßig nicht an oberster Stelle der Sherry-Produktion steht. Er wird zunächst wie ein normaler Weißwein vergoren und zum Reifen ins Faß gelegt. Im Faß bildet sich dann eine graugelbe Florhefe auf der Weinoberfläche, die immer weiter wächst. Schließlich legt sie sich wie ein wächserner Film über den ganzen Wein, so daß dieser praktisch unter Luftabschluß reift. Florhefe macht die Besonderheit des Sherrys gegenüber anderen alkoholverstärkten Weißweinen aus. Sie hinterläßt charakteristische Geschmacksnuancen von Bittermandeln im Wein, weshalb sie sorgfältig gepflegt wird. Zum Beispiel reagiert sie empfindlich auf zuviel Alkohol. Deshalb wird ein Fino-Sherry nur vorsichtig aufgespritet und weist selten mehr als 15 Vol. % Alkohol auf. Ähnliches gilt für den Manzanilla, die Fino-Variante aus der benachbarten Stadt Sanlúcar de Barrameda an der Mündung des Flusses Guadalquivir. Der Manzanilla ist im Vergleich zum Fino zarter. Die Einheimischen in Sanlúcar trinken ihn zu Fisch und Langusten.
Der Amontillado
In den heißen andalusischen Sommern wird es auch in den oberirdischen Lagerhallen der großen Sherryhäuser ziemlich warm. Dann kann es passieren, daß die Florhefeschicht auf dem Wein zusammenbricht. Florhefe ist nämlich wärmeempfindlich. In diesem Fall gelangt Sauerstoff an den Wein und oxydiert ihn. Der Fino wird zum Amontillado. Er entwickelt mehr Fülle und nimmt eine bernsteinfarbene Tönung an. Ein echter Amontillado ist also ein ohne Florhefe gealterter Fino und vollkommen trocken: ein köstlicher Tropfen mit feinem Aroma von Orangen und Haselnüssen. Allerdings sind echte Amontillados selten, weil die wenigsten Sherrymacher auf den zufälligen Zusammenbruch der Florhefe warten, sondern diesen bewußt fördern. Meistens spriten sie den Fino auf 16 Vol.% auf, so daß die Hefe abstirbt. Dann werden sie in der Solera verschnitten und mit Vinos Dulces gesüßt: Süßreserve. Der handelsübliche Amontillado ist medium dry.
Der Oloroso
Oloroso ist ein Sherry ohne Florhefe. Der Wein wird nämlich nach der Gärung auf 18 Vol.% angereichert, so daß diese sich gar nicht erst entwickeln kann. Ein Oloroso reift also unter Sauerstoffkontakt. Durch diese oxydative Ausbauweise erhält er seine karamellig-dunkle Farbe und den würzigen Geschmack mit Anklang an Trockenfrüchte. Da während des jahrelangen Ausbaus in der Solera Flüssigkeit verdunstet (drei bis sechs Prozent pro Jahr und Faß), kann der Alkoholgehalt bis auf über 23 Vol.% ansteigen. Auch Olorosos sind von Natur aus trockene Sherrys. Alte, gereifte Olorosos gehören sogar zu den exquisitesten und teuersten Sherrys überhaupt. In der Praxis wird jedoch der größte Teil der Oloroso mit süßem Most verschnitten, um als Cream Sherry in die Regale der Supermärkte zu gelangen. PX wird diese Süßreserve – spanisch: mistela – genannt, nach der Traube, aus der sie gewonnen wird: Pedro Ximénez. Sie war einst in Jerez weit verbreitet, ist heute aber nur noch selten zu finden. Sherry-Produzenten haben sich deshalb das Recht erstritten, PX-Trauben von außerhalb ihrer Zone verwenden zu dürfen: aus dem Gebiet von Montilla-Moriles.
Das Solera-System
Die zweite Besonderheit des Sherry ist das System der Reifung. Es heißt Solera. Dabei werden junge und alte, gereifte Sherry-Jahrgänge über mehrere Jahre hinweg miteinander verschnitten. In sehr alten Manzanillas können bis zu 19 verschiedene Jahrgänge enthalten sein. Das System garantiert, daß bei jeder Abfüllung ein Sherry gleichen Stils entsteht. Entwickelt wurde die Solera jedoch aus einem anderen Grund: Damit die Florhefe nicht abstirbt, muß alten Fässern immer wieder jüngerer Wein zugesetzt werden. Da der Alkoholgehalt alter Sherrys steigt und die Florhefe zu zerstören droht, muß ihm immer wieder jüngerer Wein mit niedrigerem Alkoholgehalt beigefügt werden.
Palo Cortado:
Rarer, hochklassiger Sherry-Typ, aus einem Querverschnitt mehrerer kleiner Partien Olorosos aus der Solera entstanden. Selten zu finden, weil Sherry normalerweise entweder als Fino oder als Oloroso angelegt wird.
Pale Cream:
Heller, kommerzieller Sherry, der mit Mistela gesüßt wurde.
Manzanilla Pasada:
Hochfeiner, gereifter Manzanilla, der nur kurz unter der Florhefe gelegen hat. Er zeigt eine salzige Note.
Raya:
Schlichtsüßer Sherry-Typ, der aus getrockneten Trauben hergestellt und praktisch nie abgefüllt, sondern nur als Verschnittwein verwendet wird.