Sensationeller Fund: Älteste Lagenkarte der Welt gefunden

Alte Lagenkarte Rheingau
Auf der Mainzer Weinbörse wurde am Wochenende nicht nur der Jahrgang 2010 vorgestellt. Ein Sensationsfund wurde erstmals der Öffentlichkeit präsentiert: die älteste Wein-Lagenkarte der Welt. Sie zeigt den „nassauischen Rheingau“ von 1867. Ein Dokument von unschätzbarem Wert, das dem VDP möglicherweise helfen könnte, die geplante Neu-Klassifikation der Weinbergslagen auf ein belastbares, historisches Fundament zu stellen.

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Lagenkarte Rheingau von 1867Erstellt wur­de die „Weinbau-Karte des Nas­saui­schen Rheingau’s“ von Dr. Fried­rich Wil­helm Dün­kel­berg, dem Direk­tor der König­lich Preu­ßi­schen Land­wirt­schaft­li­chen Aka­de­mie in Bonn-Poppelsdorf. Der preu­ßi­sche Beam­te hat­te 1867 die bes­ten Wein­ber­ge in die Lagen I. und II. Klas­se ein­ge­teilt. Ers­te­re waren dun­kel­rot, letz­te­re hell­rot mar­kiert und in eine Kar­te ein­ge­fügt, die wahr­schein­lich von dem mili­tä­ri­schen Gene­ral­stab aus dem Preußisch-Österreichischen Krieg von 1866 stammt. So ver­mu­tet zumin­dest Dani­el Deckers, FAZ-Redakteur und der­je­ni­ge, der die­sen Sen­sa­ti­ons­fund im Febru­ar auf­ge­stö­bert hatte.

Fast 150 Jah­re lang lag die­se Kar­te unent­deckt im Maga­zin der Hes­si­schen Lan­des­bi­blio­thek in Wies­ba­den. Bis zu ihrer Ent­de­ckung galt die Wein­la­gen­kar­te der Mosel von 1869 als ältes­te deut­sche Klas­si­fi­ka­ti­ons­kar­te – und zugleich der Welt. Sie war von einem preu­ßi­schen Steu­er­be­am­ten namens Clot­ten ange­fer­tigt wor­den. Er hat­te die bes­ten Wein­bergs­la­gen im Regie­rungs­be­zirk Trier auf der Basis der lang­jäh­rig gezahl­ten Grund­steu­ern in drei Grup­pen unter­teilt – einer mehr als der Kol­le­ge Dün­kel­berg zwei Jah­re vor­her. Die Grund­steu­ern hin­gen von den Erlö­sen ab, die die Win­zer für ihre Wei­ne erziel­ten. Die­ser Maß­stab hat ein recht objek­ti­ves und noch heu­te weit­ge­hend gül­ti­ges Bild von der Güte der ein­zel­nen Mosel­la­gen gezeichnet.

In der aktu­el­len Aus­ga­be der Wein­fach­zeit­schrift „Fine“* hat Deckers die Ent­ste­hungs­ge­schich­te der bei­den Weinlagen-Karten genau beschrie­ben. Aller­dings kann auch er nicht genau sagen, auf wel­che Kri­te­ri­en sich Dün­kel­berg stütz­te, als der sei­ne Klas­si­fi­ka­ti­on ent­wi­ckel­te. So ist unklar, ob sie ledig­lich die damals vor­herr­schen­de Mei­nung unter Ken­nern wider­gibt oder ihr objek­ti­ve Kri­te­ri­en  zugrun­de lagen. Das Her­zog­tum Nas­sau stand in dem Kon­flikt mit Preu­ßen auf öster­rei­chi­scher Sei­te und war nach der sieg­rei­chen Ent­schei­dungs­schlacht bei König­grätz von Preu­ßen annek­tiert worden.

Über­ra­schend ist, dass Dün­kel­bergs Rheingau-Klassifikation deut­lich restrik­ti­ver ist, was die Lagen der Kate­go­rie I im Ver­gleich zu den heu­ti­gen Ers­ten Lagen des Ver­bands der Prä­di­kat­wein­gü­ter (VDP) angeht. Vie­le Ers­te Lagen sind damals nur zwei­te Lagen gewe­sen, etwa Bai­ken in Rau­en­thal sowie Höl­le und Kir­chen­stück in Hoch­heim. Ande­re Ers­te Lagen tau­chen in Dün­kel­bergs Klas­si­fi­ka­ti­on über­haupt nicht auf: Wis­sel­brun­nen und Nuss­brun­nen in Hat­ten­heim oder Schloss Voll­rads in Win­kel. Umge­kehrt sind eini­ge von Dün­kel­bergs Lagen der Kate­go­rie I heu­te über­haupt nicht als Ers­te Lage klas­si­fi­ziert (etwa der Rothe­berg in Geisenheim).

Klas­si­fi­ka­ti­on der Lagen nach Dün­kel­bergs Nas­saui­schem Rheingau

Gemein­de1. Klas­se2. Klas­se
Rau­en­thalOeh­ren
Wieshell
Rothenberg
Bai­ken
Elt­villeTau­ben­berg
Kied­richGrä­fen­berg
ErbachMar­co­brunn
Hat­ten­heimStein­bergMann­berg
Hall­gar­tenSchön­hell
OestrichEisen­berg
Win­kelJohan­nis­ber­ger­berg
Dachsberg
Opferberg
Johan­nis­bergSchloss Johan­nis­bergHell
Gei­sen­heimRothe­bergMorsch­berg
Rüdes­heimHin­ter­haus
Rottland
Berg
Enger­weg
Bischofsberg
Ass­manns­hau­senHin­ter­kirchHel­le­berg**
LorchBoden­thal
Hoch­heimDom-DechaneyWand­kraut
Victoriaberg
Neuberg
Hölle
Stein
Kirchenstück
WickerNon­ne­berg
Junker

* erschie­nen im Tre Tor­ri Ver­lag, Wies­ba­den, Preis 16 Euro
** mit der Spe­zi­fi­ka­ti­on „Rother Wein“

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