Anleitung:
Ich sammle gerne. Früher Briefmarken und bis heute neben einzelnen merkwürdigen Gegenständen vor allem Bücher. Und als ich vor einiger Zeit mit einem Freund mal wieder eine Flasche “Weißes Rauschen” genossen habe, da dachten wir beide: “Es ist schade, wenn der Wein getrunken und die Flasche im Altglascontainer gelandet ist. Wir entdecken die Welt des Weins und können es nicht festhalten. Lass uns die Weinetiketten sammeln und mit Notizen zu dem Wein versehen!” Also habe ich mit verschiedenen Methoden experimentiert und fasse nun hier die Ergebnisse zusammen.
[Anzeige]
Weinettiketten Sammelablbum
Geleimte Weinetiketten
Bei klassischen, geleimten Etiketten auf Weinflaschen ist das Ablösen sehr einfach. Man legt die Flasche in ein warmes Wasserbad und lässt das Etikett einweichen. Oft löst es sich schon vom Flaschenkörper, ohne dass man von Hand nachhelfen muss. Bleibt das Etikett an dem Glas haften, reicht es aus, mit einem scharfen Küchenmesser eine Ecke leicht anzuheben und das Etikett dann langsam abzuziehen.
Dem Wasser sollte eine Portion Spülmittel zugegeben werden. Das erleichtert das sanfte Abreiben der restlichen Leimmenge von der Klebeseite. Verbleibt zu viel Leim auf dem Etikett, kann es im nächsten Schritt nämlich wieder auf der Unterlage ankleben.
Denn das feuchte Etikett muss nun getrocknet und gleichzeitig gepresst werden, damit es sich nicht wellt. Sehr gut hat bei mir immer folgende Variante funktioniert: zuunterst ein Stück fester, möglichst glatter Karton mit einem Löschpapier obendrauf. Dann das Etikett und wieder Löschpapier und Karton. Das ganze einfach mit ein paar Büchern beschwert. Um die vor Feuchtigkeit zu schützen, sollte man noch eine Plastiktüte, Alufolie o.ä. dazwischenlegen. An einen warmen Ort stellen, z.B. auf einen Heizkörper, einige Zeit warten und fertig ist das Sammlerstück!
Selbstklebende Etiketten
Selbstklebende Etiketten abzulösen ist schwieriger, aber nicht unmöglich, obgleich viele Sammler der Überzeugung sind, dass es nicht funktioniert. Bei meinem ersten Versuch, einem selbstklebenden Etikett mit einem scharfen Messer – genauer: einer Teppichmesserklinge – zu Leibe zu rücken, habe ich es gleich zerstört. Der Kleber verbindet das Papier zu stark mit dem Glas und ich habe nur einzelne Fetzen abgeschabt.
Wie erkennt man übrigens, dass es sich um ein selbstklebendes Etikett handelt? Das Papier ist meist ein wenig dicker und liegt – im Gegensatz zu den meisten geleimten Etiketten – sehr sauber und gleichmäßig an der Flasche an. Der Papierrand schließt präzise und dicht ab. Manchmal sind dort sogar Spuren von Klebstoff zu erkennen.
Ablösen im Heißwasserbad
Nach einigen Recherchen im Internet über vergeblich und geglückte Versuche anderer Sammler, habe ich mich für eine Methode mit heißem Wasser entschieden. Die Idee dahinter ist folgende: den Klebstoff kann man ohne den Einsatz giftiger Chemie nicht auf-, bzw. ablösen, wie es bei geleimten Etiketten gut funktioniert. Daher muss man ihn quasi “weichmachen”, also die Klebekraft reduzieren. Und das kann man im Regelfall – bei allen von mir getesteten Flaschen hat es wunderbar funktioniert – mit hohen Temperaturen.
Schritt 1: Erhitzen im Nudeltopf
Zuerst füllt man heißes Wasser aus dem Wasserhahn in die Flasche. Das ist wichtig, weil es die Hitze speichert und die Flasche dadurch im ganz konkreten Sinn auf dem Boden bleibt. Nämlich am Topfboden.
Ideal ist ein hoher Spaghettitopf, denn das Wasser muss das Etikett vollständig bedecken. Der wird auch mit heißem Wasser aus der Leitung gefüllt, bis der notwendige Pegel erreicht ist.
Dann wird erhitzt und zwar so stark wie möglich, ohne das Wasser zum Kochen zu bringen. 90° Wassertemperatur sollten es im Idealfall sein, damit der Kleber ordentlich weich wird.
Ein paar Tropfen Spülmittel habe ich auch dazugegeben. Das hilft beim Ablösen, weil man nicht so schnell an dem Kleber hängen bleibt.
Wichtig: Glas dehnt sich abhängig von der Temperatur aus. Bringt man eine kalte Glasflasche plötzlich mit sehr heißem Wasser in Kontakt, kann sie zerspringen.
Daher ist es wichtig, mit dem Leitungswasser vorzuwärmen und die Flaschen nicht einfach in schon fast kochendes Wasser zu stellen.
Schritt 2: vorsichtiges Abziehen
Das Abziehen erfordert etwas Fingerspitzengefühl. Um zu testen, ob das Wasser – und damit auch der Kleber – heiß genug ist, holt man die Flasche mit einem Topflappen aus dem Bad und versucht mit einem scharfen Messer vorsichtig an einer Ecke das Etikett anzuheben.
Ein wenig Druck muss man auf jeden Fall anwenden.
Funktioniert das gut, kann’s losgehen. Das heiße Wasser in der Flasche hält den Kleber nun noch eine Weile weich.
Anstatt das Etikett von einer Ecke aus abzuziehen, empfiehlt sich, zuerst eine komplette Längsseite leicht mit dem Messer anzuheben und es dann langsam und gerade von Hand abzulösen. So vermeidet man, dass es an einer Kante einreißt.
Wer es ausprobiert, wird merken, dass das Papier zügig trocknet und einigermaßen reißfest ist. Zu viel Zeit sollte man sich dennoch nicht lassen, da der Kleber mit sinkender Temperatur schnell wieder fester wird.
Schritt 3: Aufkleben und fertig!
Auch an dem abgelösten Etikett haftet noch der Klebstoff. Das Trocknen und Pressen zwischen Löschpapier funktioniert nicht: das Papier würde an dem Etikett haften bleiben. Am besten lässt man es kurz an der Luft trocknen und klebt es dann sorgfältig auf die gewünschte Sammelunterlage.
Doch Vorsicht: dabei gibt es nur einen Versuch!
Einfach an einer kurzen Seite anfangen und ohne Falten glatt festdrücken. Das war’s! Auf dem Bild unten ist auch gut zu erkennen, wie sich ein selbstklebendes Etikett wellt, bevor es auf einer Unterlage angebracht worden ist.
Alternativen
Im Internet kursieren neben zahlreichen Hiobsbotschaften immer wieder Tipps zum Ablösen selbstklebender Etiketten. Ich würde vom Einsatz starker Lösungsmittel, Benzin oder waghalsigen Versuchen mit Wasserdampf aus Espresso-Maschinen abraten. Neben dem Erfolg stehen auch die gesundheitlichen Vorteile in Frage.
Eine weitere – wenn auch kostspielige – Alternative ist eine Spezialfolie, die man für ca. 1-2 € pro Etikett erwerben kann. Diese legt man über das Etikett, drückt sie fest an und zieht sie dann mitsamt der Etikettenoberfläche wieder ab. Bei dieser Methode verbleiben allerdings große Teile des Etikettenpapiers auf der Flasche, lediglich das Motiv ist unversehrt.
Der aufmerksame Leser wird auf den Bildern wahrscheinlich den 2010 Kloster Eberbach Riesling Classic aus dem EDEKA-Sortiment wiedererkannt haben, den weinkenner.de kürzlich vorgestellt hat. Jeder, der das Ablösen ausprobieren möchte, sollte es ruhigen Gewissens mit diesem Wein üben, bevor er sich an die eigenen Einzelstücke wagt.
Sehr zu empfehlen zu diesem Thema ist die Homepage des Deutschen Freundeskreises Weinetiketten-Sammler und deren Etiketten-Schau. Von dieser Seite stammt auch der Ansatz mit dem Erhitzen.
Und ein Aufruf zum Schluss: Es würde mich sehr interessieren, Erfahrungsberichte und Hinweise auf andere Methoden, die jeder zu Hause nachvollziehen kann, hier im Kommentarbereich zu finden!
Der Etikettenleim ist wärmeempfindlich. Er lässt sich auch trocken lösen, dabei bleibt das Etikett stabil und reißt nicht ein. Einfach das Bratrohr am Herd auf 100 Grad vorheizen und die leere Flasche für ein paar Minuten ins Rohr legen. Dann lässt sich das Etikett abziehen und in der Sammlung aufkleben.
Es gibt auch abwaschbare Etiketten, die einfach in einer handelsüblichen Spülmaschine abzulösen sind. Die Informationen habe ich online gefunden bei Druckerei Flyerpilot.
Habe zuerst die Weinflasche mit ganz heißem Wasser aus dem Wasserhahn gefühlt und das Waschbecken zugekorkt. Erst noch einiges an heißem Wasser einlaufen lassen, damit die Flasche warm bleibt. Dann Wasserkocher aufgestellt und kurz vor dem Siedepunkt ausgemacht. Spüli und das heiße Wasser dazu und siehe da es hat suuper geklappt. Die eine Flasche nen Ticken schwieriger als die andere aber trotzdem problemlos. Trocknen lasse ich die Etiketten immer erst auf einer Dokumentenfolie, da lassen sie sich wieder sehr einfach lösen um sie dann nach dem Trocknen an die endgültige Stelle aufzubringen 🙂
Lieber Herr Bühl,
Ich löse nur ganz selten Weinetiketten zum Aufbewahren ab. Umso mehr hat es mich geärgert, dass ich dabei regelmässig scheiterte (genau so, wie Sie beschrieben haben). Dann habe ich Ihren Trick ausprobiert – hat bestens geklappt! Vielen Dank für’s Herausfinden und Teilen dieser einfachen und gut funktionierenden Methode!
Hallo,
der Trick hat wunderbar funktioniert. Habe soeben das Etikett von einer Whiskeyflasche abgezogen. Da ich allerdings keinen Spaghettitopf besitze, habe ich meinen Bräter benutzt und die Flasche reingelegt. Geht auch so.
Vielen Dank für den Tipp.
Gruß
Wolfgang
Leider gehts das mit den Folien auch nicht mehr – im letzten Jahr ist es mir nur noch selten geglückt – die Etiketten sind dünner und nur Teile der Oberfläche gehen ab – keine guten Ergebnisse!
Im Webshop von http://www.vinoresca.com gibt es eine Klarsichtfolie, mit der a l l e Etiketten innerhalb weniger Minuten abgelöst werden können. Es “zerteilt” die Weinetiketten in 2 Hälften, eine, die auf der Folie haften bleibt und dann in ein spezielles Weinnotizbuch eingeklebt werden kann und eine, die an der Flasche kleben bleibt. Die Folien können auch ins Restaurant oder zu Weinproben mitgenommen werden, ohne dass die leere Flasche mit nachhause genommen werden muss. Einfach mal ausprobieren!
Ich habe ein paar gute Ergebnisse mit dem kristallklaren Klebeband (dicke Rolle) eines führenden Herstellers (T…) gehabt. Dieses Klebeband scheint ähnlich wie die teure selbstklebende Folie zu funktionieren, ist aber wesentlich günstiger. Für kleinere Etiketten kann also auch auf gutes transparentes Klebeband umgestiegen werden.