Über 70 Prozent aller Weine werden in sogenannten beratungslosen Einkaufsstätten gekauft – also bei Discountern wie Aldi und Lidl oder in Supermärkten wie Rewe und Edeka. Dennoch kaufen wir Wein anders ein als Milch und Butter. Das behauptet eine neue Studie von Gergely Szolnoki von der Forschungsanstalt Geisenheim.
Die Kaufentscheidung hat beim Wein zwei Stufen: Bereits vor Betreten des Ladens fällt eine Vorentscheidung über den gesuchten Weintyp. Am Regal ist es dann der Vergleich des Angebots, der Kunden hier- oder dorthin greifen lässt.
Testaufgabe: den besten trockenen Weißwein für 4 Euro aussuchen
Aber was genau gibt bei diesem Vergleich den Ausschlag? Um das herauszufinden, ließ Szolnoki eine Einkaufssituation simulieren. Dabei wurden 521 Probanden in Befragungsstudios gebeten: 189 in Berlin, 165 in Düsseldorf und 167 in München. Ihre Aufgabe: die Auswahl eines trockenen Weißweins für einen Freitagabend mit Freunden. Zielpreis: 4 Euro.
Vor dem simulierten Kauf war eine Verkostung vorgesehen. Die maliziöse Pointe: Die Probanden bekamen viermal denselben Wein – einen Riesling Classic aus dem Rheingau vorgesetzt. Einmal blind, einmal als (vorgeblichen) Mosel-Riesling in moosgrüner Schlegelflasche, einmal als (vorgeblichen) Pinot grigio in weißer Bordeauxflasche, einmal als Rheingau-Riesling in antikgrüner Bordeauxflasche.
Als Pinot grigio etikettiert, schmeckt Riesling am besten
Nun wurden die Probanden gebeten, die vier angeblich unterschiedlichen Weine zu bewerten, wobei sie als Kriterien die Flaschenausstattung, die Herkunft, die Rebsorte und den Geschmack des Weins heranzuziehen hatten. Bei einer neutralen Beurteilung hätte die Bewertung des Geschmacks den höchsten Beitrag zur gesamthaften Beurteilung der Weine leisten müssen, denn die Probanden bekamen ja viermal denselben Wein serviert.
Doch die statistische Auswertung des Datenmaterials brachte ein ganz anderes Ergebnis: Den höchsten Einfluss auf das Gesamturteil hatten die Flaschenausstattung und die (vorgebliche) Information über die Rebsorte. Im Klartext: Als Pinot grigio etikettiert, erhielt der Riesling der Tendenz nach bessere Bewertungen.
Vorteil für ältere Weintrinker
Die Studie zeitigte jedoch noch ein zweites interessantes Resultat: Ältere Weinkenner, die bevorzugt beim Winzer kaufen, ließen sich signifikant weniger häufig aufs Glatteis führen. Diese „kleine Verbrauchergruppe”, so resümiert der Autor der Studie in seiner Zusammenfassung der Resultate in der Zeitschrift „Weinwirtschaft” (22/2011) „repräsentiert folglich diejenigen Konsumenten, die Weine tatsächlich nach dem Faktor Geschmack beurteilen können”.
Innerhalb der älteren Konsumenten fielen jedoch wiederum die „einkommensstärkeren” auf – und zwar negativ: Für sie spielte der Geschmack überhaupt keine Rolle bei der Beurteilung des Weins. Ausstattung und Rebsorte waren ihnen sogar noch wichtiger als den „jungen Unerfahrenen”.
Fazit:
Alter macht weise – aber nur, wenn einem das Geld nicht allzu locker sitzt (und wenn man etwas von seinem Vertrauenswinzer gelernt hat).
[…] der Konsument fast ausschließlich vom Design beeinflussen. Auch erfahrenen Weintrinkern konnte die Untersuchung nachweisen, das Wissen um Jahrgang, Anbaugebiet und Sorte beim Blick aufs Etikett verblasst. Diese […]