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Weinland Schweiz

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Wo der Wein ruft

Die Schweizer sind Patrioten – außer beim Wein. Der größte Teil dessen, was sie trinken, kommt aus dem Ausland. Die einen erklären dies damit, daß es zu wenig Schweizer Wein gäbe. Die anderen meinen, es gäbe zu wenig guten Schweizer Wein.

 

Wegen der Vorliebe ihrer Landsleute für ausländische Weine sah sich die Schweizer Regierung schon vor Jahrzehnten gezwungen, deren Import zu begrenzen – vor allem den von Weißweinen. Dieser Protektionismus helvetischer Prägung hat dem Schweizer Wein einerseits die heimischen Absatzmärkte gesichert, andererseits dazu geführt, daß er international in die Isolierung geriet. Außerhalb des eigenen Landes war und ist er praktisch nicht anzutreffen. Die Gründe: der hohe Preis und die wenig spektakulären Qualitäten. Gäbe es nicht eine Handvoll Weinbauern, die trotz fehlenden Wettbewerbs bereit sind, außerordentliche Anstrengungen zu unternehmen, wüßte niemand, daß aus der Schweiz auch feine, charaktervolle Weine kommen können.

Glanz und Elend des Weinbaus

Die Geschichte des Schweizer Weinbaus ist Teil der europäischen Weinbaugeschichte. Zur Zeit des Römischen Reichs wurden gezielt Reben im Raum Basel und Windisch angebaut. Im Mittelalter wurde die Entwicklung der Weinbautechniken durch die Mönche vorangetrieben. Höhepunkt: die Gründung des Zisterzienser-Klosters in Dézaley und die Anlage des ersten Terrassenweinbergs im Jahre 1142 am Genfer See. Vom Beginn der Eidgenossenschaft (1291) bis ins 18. Jahrhundert nahm der Weinkonsum stark zu. Der Weinbau blühte, bis er im 19. Jahr- hundert aufgrund der starken ausländischen Konkurrenz niederging. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts brach er durch die Geißel des Mehltaus und der Reblaus zusammen. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erholte er sich wieder, nachdem die Anbaufläche um fast zwei Drittel geschrumpft war. Die ökonomische Gesundung wurde freilich mit einem rapiden Verfall der Qualität erkauft. So wurde 1977 in der Schweiz fast 200 Prozent mehr Wein erzeugt als 1957, obwohl die Rebfläche in dieser Zeit nur um weniger als zehn Prozent gewachsen war. Farbschwache Rotweine wurden und werden mit dunklen Importweinen verschnitten, die Weißweine massiv chaptalisiert (bis zu 3 Vol.%).

Das Weinland Schweiz in Zahlen

Rebfläche: 15000 Hektar
Weinproduktion: 1,2 Millionen Hektoliter
Jährlicher Weinkonsum pro Kopf: 43 Liter

Die 10 häufigsten Rebsorten
Chasselas weiß 35,2 %
Pinot Noir rot 30,6 %
Gamay rot 12,8 %
Merlot rot 5,7 %
Riesling x Silvaner weiß 4,4 %
Chardonnay weiß 1,6 %
Sylvaner (Rhin) weiß 1,4 %
Pinot Gris weiß 1,0 %
Gamaret rot 0,6 %
Pinot Blanc weiß 0,5 %

Das Schweizer Weinstatut

 

Das Schweizer Weinstatut gestattet den Weinbau in fast allen 24 Kantonen. Die Regelungen sind ziemlich großzügig. Die Traubenerträge sind für Weißwein auf 1,4 kg/m2 und für Rotwein auf 1,2 kg/m2 festgeschrieben. Das bedeutet: Es werden zwischen 84 und 110 Hektoliter pro Hektar geerntet – zuviel für den Qualitätsweinbau. Allerdings ernten gute Winzer deutlich weniger. Fast alle Schweizer Weine sind trocken. Im Wallis gibt es einige edelsüße Johannisberg-Weine. Leider hat man die Anreicherung mit Zucker zum Prinzip gemacht, obwohl dies im Wallis und im Rheintal unnötig wäre.

Wallis (Valais)

Das Wallis steuert knapp 40 Prozent zur gesamten schweizerischen Weinproduktion bei. An den abenteuerlich steilen, terrassierten Südhängen des Rhônetals von Visp bis Martigny wachsen mehr als 40 verschiedene Rebsorten. Die Hälfte der Rebfläche ist allerdings mit Chasselas-Reben kultiviert, die im Wallis Fendant heißen. Sie ergeben kräftige, vollmundige Weine mit mineralischer oder fruchtiger Prägung – je nach Boden. Aus Chamoson kommen aromatische, körperreiche und stets trocken ausgebaute Sylvaner, eine Sorte, die im Wallis Johannisberg genannt wird. Aus Fully stammt der würzige Petite Arvine und der exotische Ermitage, der aus weißen Marsanne-Trauben gewonnen wird. Im oberen Rhônetal fristen noch mehr als ein Dutzend uralte Regionalreben ein bescheidenes Dasein, deren Namen nur die Einheimischen noch kennen. Ein Drittel der Weinproduktion des Wallis besteht aus Rotwein: größtenteils Dôle, ein Verschnitt aus Pinot Noir (mindestens 51 %) und Gamay. Es werden jedoch auch reine Pinot-Noir-Weine erzeugt.

Waadt (Vaud)

Waadt ist die klassische Weißweingegend der Schweiz. Rund 80 Prozent der Rebfläche sind mit Chasselas-Reben bestückt. Das berühmteste Gebiet ist das malerische Lavaux am Nordufer des Genfer Sees. Aus dem Bezirk zwischen Montreux und Lausanne kommen die wohl feinsten Chasselas-Weißweine der Schweiz (die Chasselas wird dort oft Dorin genannt). Die besten kommen allerdings unter dem Gemeindenamen auf den Markt: Chardonnes, Saint-Saphorin, Epesses, Calamin und vor allem Dézaley. Im Gebiet zwischen Lausanne und Genf, La Côte geheißen, entstehen leichtere, blumige, fast spritzige Chasselas-Weine. Der bekannteste ist der Féchy. Die Rotweine – zumeist aus Gamay-Reben gewonnen – sind dagegen eher schlicht (Salvagnin ist ein Verschnitt von Pinot Noir und Gamay). Eine Sonderstellung nimmt das Chablais südlich von Montreux ein, wo die Nähe des Hochgebirges spürbar ist. Dort, hoch über der Rhône um die Orte Yvorne, Aigle und Bex entwickelt die Chasselas mineralisch-herbe Noten und ähnelt dem vollmundigen Walliser Fendant.

Neuenburg (Neuchâtel)

Kleines Anbaugebiet mit verstreut um den Neuenburger See liegenden Weingärten, in denen vor allem Chasselas, aber auch ein wenig Chardonnay und Pinot Noir wächst. Aus letzteren wird der roséfarbene Œil de Perdrix gewonnen.

Bündener Herrschaft

Einzig bedeutendes Anbaugebiet der Ostschweiz nahe der Stadt Chur, berühmt für seine zartfruchtigen, würzigen Blauburgunder, die nicht durch Körper, sondern durch fruchtige Finesse imponieren.

Tessin (Ticino)

Kleines und relativ junges, aber mächtig emporstrebendes Anbaugebiet, das von Giornico bis Chiasso reicht und zu 90 Prozent mit Merlot-Trauben bestockt ist. Kein anderer Schweizer Rotwein reicht an den Merlot del Ticino in seinen besten Qualitäten heran.

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