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Schnäppchen bei eBay: Hochgenuss für 2 Euro

Mit Glück und ein bisschen Weinverstand kann man bei eBay durchaus fündig werden. Ulrich Sautter hat im Online-Auktionshaus einen Wein gefunden, den niemand wollte, den nur wenige kennen und der sich als echtes Schnäppchen entpuppte: eine 1988er Riserva Copertino. Viel Mut gehörte allerdings nicht dazu mitzubieten. Für einen Euro wurde sie angeboten, für zwei Euro zugeschlagen.

eBay ScreenshoteBay ist eine Quelle, zu der man beim Weinkauf nicht vorbehaltlos raten kann. 12 Flaschen Scheurebe lieblich („neuer, unbenutzter und unbeschädigter Artikel“) zum Sofort-Kaufen-Preis für 34,95 Euro? Ach nö. Aber auch bei der Flasche Jahrgangschampagner, die für die Artikelbeschreibung im prallen Sonnenschein abgelichtet wurde, würde ich persönlich nicht mitbieten.

Ulrich Sautter mit seinem frisch ersteigerten WeinDoch mit ein klein wenig Glück und etwas Sachkenntnis kann man durchaus Volltreffer landen. Neulich fiel mein Auge zufällig auf eine Flasche Copertino Riserva, Jahrgang 1988, die kurz vor Auktionsende noch bei einem Euro stand.

Copertino ist ein Rotwein aus der Negroamaro-Traube, gewachsen in der süditalienischen Region Apulien. Ein Massenwein-Anbaugebiet, das für einen großen Teil der Weinüberschüsse Italiens verantwortlich ist und nur einen Bruchteil seiner Produktion überhaupt in Flaschen abfüllt. Und was in die Flasche kommt, ist fast immer einfacher Wein, zum schnellen Konsum gemacht, für eine längere Lagerung fast nie geeignet.

Etikett 1988 Riserva CopertinoDoch es gibt Ausnahmen. Die Genossenschaft, aus der die angebotene Riserva stammte, wurde in den achtziger und neunziger Jahren von Severino Garofano geleitet – einem Önologen, der schon früh den Trend zur kellertechnischen Gleichmacherei erkannte und gegensteuerte. Die Weine der Cantina Sociale Copertino haben seither einen sehr guten Ruf.

Während bekannte Weine bei eBay oft für Mondpreise zugeschlagen werden, die weit über dem Handelspreis liegen, interessierte sich für diesen Copertino niemand. Also bot ich mit, und erhielt den Zuschlag für 2 Euro. Zuzüglich Porto kostete mich das Experiment 6,10 Euro – und damit weniger als der aktuelle Jahrgang dieses Weins (2004; 7,60 Euro bei www.garibaldi.de). Sehr viel Wein fürs Geld, wie sich nach dem Öffnen der Flasche herausstellte: Dem Glas entströmte ein reifes, verführerisch komplexes Bukett von Eisenkraut, mediterraner macchia und Süßkirsche. Am Gaumen animierte mich ein saftiger Trinkfluss dazu, immer nochmal einen Schluck zu nehmen: mit feinem, perfekt gereiftem, griffigem Tannin, einer harmonisch eingebundenen Säure und toller Länge.

Gerade bei den weniger bekannten Herkünften lohnt es sich also, hin und wieder mal reinzusehen in die Angebote des Online-Auktionshauses. Natürlich muss man es sportlich sehen und auch mal einen Fehlgriff in Kauf nehmen. Doch in der Regel wird der Einsatz von ein klein wenig Spielgeld belohnt: mit Erkenntnisgewinn auf jeden Fall, meist auch mit Genuss, und nicht zuletzt tut auch der Entdeckerstolz das Seine.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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