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Schlemm’ mer mal: Pommery & Kaviar

Dieser Weg wird kein leichter sein, ahnte ich, obwohl uns ein schneller Aufzug auf jene 181 Meter brachte, die die mittlere Plattform des Münchener Fernsehturms hoch ist. Dort oben befindet sich Otto Kochs berühmtes Restaurant „181“, und bei ihm hatte sich an jenem Novembertag eine Handvoll berufsmäßiger Esser und Trinker eingefunden, um sich auf den Weg der Erkenntnis zu begeben und zwei der teuersten Dinge unserer Zivilisation im Selbstversuch auf ihre Kompatibilität hin zu untersuchen: Champagner und Kaviar.

Ich gehörte zu dieser Handvoll von Leuten. Der Weg zur Erkenntnis war genauso steinig und schwer, wie es Xavier Naidoo in seinem Sommermärchenhit von 2006 prophezeit hatte. Aber die Erkenntnis, die wir am Ende des Nachmittags zu Tage gefördert hatten, lohnte die Mühe und war erfreulich klar: Kaviar und Champagner bilden ein gutes Paar.

Es ging um mehr als Kaviar und Champagner

Zugegeben, wir ahnten es schon vorher. Otto Koch auch, und die Veranstalter ebenso. Wäre es nämlich nicht so, hätte es diese Probe nie gegeben. Ich wäre an meinem Schreibtisch geblieben und hätte wie jeden Tag versucht, irgendwelche Haupt- und Nebensätze sinnvoll aneinanderzureihen, um Leser zu erfreuen, die sich für Wein interessieren.

Wolfgang Lautz und Otto Koch
Wolfgang Lautz und Otto Koch

Doch droben auf dem Fernsehturm sollte es um mehr als bloß um Kompatibilität gehen. Welcher Kaviar passt am besten zu Champagner? Vor allem: zu welchem Champagner? Brut, Jahrgang, Blanc de Blancs und was es sonst noch alles gibt. Das Champagnerhaus Pommery hatte so ziemlich alles aufgeboten, was sein Sortiment hergibt, bis hin zur famosen Jahrgangs-Cuvée Louise.

Und der Kaviarerzeuger Caviar House & Prunier, bekannt durch seine Shops an den Flughäfen London, Frankfurt, Zürich und Kopenhagen, hatte vier seiner besten Kaviarsorten aufgeboten, um sich mit dem Champagner zu messen. Denn Kaviar ist nicht gleich Kaviar. Er unterscheidet sich nach Farbe, Korngröße und Reife des Rogens. Und nach Menge und Art des Salzes, das ihm hinzugefügt wird. Dinge, die ich selbst erst lernen musste.


Die verschiedenen Kaviar-Qualitäten

Paris Kaviar

„Paris“ heißt der jüngste, am kürzesten in der Dose gereifte Kaviar. Er ist leicht mehlig auf der Zunge, weist den typischen, kräftigen Rogen-Geschmack des Sibirischen Störs auf und ist mild gesalzen. Dieser Kaviar wird besonders von den Franzosen geschätzt (die 50-Gramm-Dose kostet 191,90 Euro).


Tradition Kaviar

„Tradition“ ist der ideale Kaviar für Einsteiger, weil er gut und relativ preiswert ist. Auch er ist nur mit wenig Salz gewürzt, aber eher dem russischen Kaviarstil nachempfunden. Sie benutzen traditionell feines Steinsalz. Heute lieben vor allem Amerikaner diese Kaviar-Qualität (die 50-Gramm-Dose kostet 95,90 Euro).


Saint James Kaviar

„Saint James“ ist einem iranischen Kaviar vergleichbar. Er ist mehrere Monate in der Dose gereift, schmeckt leicht nussig und wird kräftig gesalzen: aber nicht mit Steinsalz, sondern mit dem noch feineren Borsalz (Borax). Ein edler Kaviar für Kenner (die 50-Gramm-Dose kostet 191,90 Euro).


Malossol Kaviar

„Malossol“ heißt der am stärksten gesalzene Kaviar von Prunier. Er besteht aus kleinen, schwarzen, knackigen Körnern, schmeckt ebenfalls nussig und reif und gilt als absoluter Kennerkaviar (die 50-Gramm-Dose kostet 191,90 Euro).

Kaviar ist heute Zuchtkaviar

Übrigens: Fast der gesamte Kaviar, der heute auf dem Markt ist, ist Zuchtkaviar. Die Fangquoten im Schwarzen Meer, im Kaspischen Meer und im Azovschen Meer sind wegen der Gefahr der Ausrottung der Störe gering. Wildkaviar ist also äußerst rar. Geschätzte 95 Prozent der Kaviarproduktion kommen heute aus der Zucht.

Vier unterschiedliche Kaviar-Qualitäten
Vier unterschiedliche Kaviar-Qualitäten

Aquakulturen zur Störzucht finden sich in vielen Ländern der westlichen Welt. In Deutschland befinden sich Stör-Aufzuchtstätten in Mecklenburg-Vorpommern und bei Fulda. Gezogen werden dort zum größten Teil Sibirische Störe (Acipenser baerii), während Sevruga-Störe, Ossietra-Störe und vor allem der Beluga-Stör eher selten sind.

Kaviar reift in der Dose

Die Firma Caviar House & Prunier besitzt große Aquakulturen zur Kaviarproduktion in Südwestfrankreich. Bis zu 150.000 Störe werden dort in Bassins unter freiem Himmel gehalten. Nach fünf bis sechs Jahren tragen die Störe zum ersten Mal Rogen. 800 bis 1200 Gramm gibt ein Störweibchen, wenn es geschlachtet wird.

Frank Brömmelhaus und Jens Priewe (im Hintergrund)
Frank Brömmelhaus und Jens Priewe

„Kaviar soll nicht fischig schmecken und nicht prizzeln“, erklärte Frank Brömmelhaus, der Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von Caviar House & Prunier. „In luftdichten Dosen hält er sich bis zu einem Jahr und wird dabei immer besser.“

Geniale Kaviar-Gerichte

Große Küchenchefs haben spezielle Kaviar-Gerichte entwickelt. Berühmt wurde zum Beispiel das Rezept von Gualtiero Marchesi, Italiens erstem 3-Sterne-Koch, der in seinem Mailänder Restaurant einst Spaghetti mit Kaviar servierte. Dieter Kaufmann vom Restaurant „Zur Traube“ in Grevenbroich serviert Störmousse zu Kaviar. Peter Maria Schnurr vom „Falco“ in Leipzig bringt Rote Bete-Macarons und Kaviar zusammen. Johannes King vom „Söl’ring Hof“ auf Sylt verabreicht Kaviar pur, löffelweise. Klassiker sind Kaviar mit lauwarmem Kartoffelschnee oder auf Weideochsentartar.

Doch stets wird zu Kaviar Champagner gereicht. „Es muss nicht immer Pommery sein“, gab Wolfgang Lautz von der deutschen Niederlassung des Champagnerhauses zu. „Aber es ist nie ein Fehler, diese Marke zu wählen.“ Die feine Mineralität des Schaumweins, der bekanntlich auf stark kalkhaltigen Böden wächst, über denen einst das Urmeer tobte, passt perfekt zu dem salzig-nussigen Geschmack des Störrogens.

Optimale Kombinationen

Wir bekamen zu den vier Kaviaren nur Crème Fraîche serviert. Dazu standen sechs Champagner-Qualitäten von Pommery und eine von Vranken zur Auswahl. Probiert wurde der Kaviar wie üblich mit Perlmutt-Löffelchen. Otto Koch, der Patron des „181“, wachte darüber, dass alles ordnungsgemäß ablief.

Perlmuttlöffel
Perlmuttlöffel

Über die besten Kaviar-Champagner-Kombinationen tauschten sich die Teilnehmer lebhaft aus. Zu ihnen gehören Renaud Kieffer, langjähriger Sommelier in Heinz Winklers Residenz Post in Aschau im Chiemgau, Birgit Micha, Herausgeberin der Kochzeitschrift „Meine Familie und ich“ sowie Patricia Bröhm, Chefredakteurin des Gastroführers Gault Millau Deutschland. Die Erkenntnis über die optimalen Kombinationen ist also eine Gemeinschaftsleistung.

Optimale Kaviar-/Champagner-Kombinationen


Pommery Brut Apanage

Beschreibung: Knackig-frischer Champagner mit hohem Chardonnay-Anteil, viel Zitrusaromen, lebendige Säure, geschmeidig, 3 bis 4 Jahre auf der Hefe gelegen (ab 32 Euro).

Kaviar-Qualität: Richtig gut passte kein Kaviar zu diesem blumig-frischen Champagner, am ehesten noch die Qualität „Paris“.


Pommery Rosé Apanage

Beschreibung: Zwiebelfarbener Champagner, ähnlich wie der Apanage Brut mit viel Chardonnay assembliert, jedoch mit einem kleinen Teil rot vinifiziertem Pinot Noir: eleganter, nach roten Beeren und Granny Smith schmeckender Champagner (ab 45 Euro).

Kaviar-Qualität: Rosé Champagner und Kaviar ist eine heikle Sache, ein guter Balik-Lachs wäre hier eher angezeigt. Am besten passte noch der „Saint James“-Kaviar.


 Pommery Summertime (Blanc de Blancs)

Beschreibung: Nur im Sommer angebotener Saison-Champagner, der ausschließlich aus Chardonnay gekeltert wird: leichter, spielerischer Wein mit Weißdorn- und Zitrusaromen, drei Jahre auf der Hefe gelegen und sehr erfrischend (ab 40 Euro).

Kaviar-Qualität: Dieser kräftige, aber auch finessereiche Champagner ist der ideale Begleiter für die mild-salzige „Tradition“-Qualität, solange er noch jung ist, eventuell auch zur „Paris“-Selektion.


 Pommery Wintertime (Blanc de Noirs)

Beschreibung: Saison-Champagner für den Winter, der nur aus Pinot Noir- und Pinot Meunier-Trauben gewonnen wird: füllig mit Quitten-, Johannisbeer- und Himbeeraromen, goldgelber Schimmer, drei Jahre auf der Hefe (ab 40 Euro).

Kaviar-Qualität: Dieser opulente, füllige Champagner passt am wenigsten gut zu Kaviar, er verlangt nach kräftigeren Speisen.


Pommery Cuvée Louise 1999

Beschreibung: Luxus-Cuvée aus den besten Grand Cru-Lagen der Champagne, je zur Hälfte aus Chardonnay- und Pinot Noir-Trauben hergestellt, überwältigende Fülle, cremig, 8 Jahre auf der Hefe gelegen, sehr trocken (ab 110 Euro).

Kaviar-Qualität: Zu Pommerys reifsten Champagner empfiehlt es sich, den jüngsten, unverfälschesten Kaviar zu genießen: „Paris“


Pommery Grand Cru Vintage 2000

Beschreibung: Nur aus Grand Cru-Lagen erzeugter Jahrgangschampagner, extraktreich, hochmineralisch, leicht nussig, bestehend zu Pinot Noir und Chardonnay zu gleichen Teilen, vielschichtig, subtile Kraft (ab 50 Euro).

Kaviar-Qualität: Dieser gereifte, cremige Jahrgangschampagner hält sowohl dem „Saint James“ als auch dem kräftig gesalzenen „Malossol“ stand.


Vranken Diamant Brut

Beschreibung: Tête de Cuvée des Hauses aus Chardonnay und Pinot Noir je zur Hälfte, komplex und aromentief, frisch geschnittenes Gras und Trockenobst, feiner Hefeduft, sehr cremig, nur im Stahltank gereift (ab 45 Euro).

Kaviar-Qualität: Ein klarer Fall für den „Tradition“-Kaviar.


 

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1 Kommentar

  1. […] Zum schwarzen Gold trinkt man Champagner sagen die einen. Andere raten zu einem milden Weißwein, damit er den Eigengeschmack des Kaviars nicht überdeckt. Auf jeden Fall sollte der Wein trocken sein, vielleicht ein Chardonnay. Ein guter trockener Sekt geht natürlich auch. Zusätzlich wird Creme Fraiche zu den edlen Störeiern serviert, damit der Rogen cremig bleibt und den Salzgeschmack gemindert wird. Die Russen trinken statt Wein lieber Vodka zum Kaviar. Gelöffelt wird am besten mit einen Kunststoff- oder Perlmutlöffel, denn Metall oder Silber würde den Geschmack zu sehr verändern. Serviert wird das schwarze Gold auf kühlem Eis. […]

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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