No Make Up Needed: Sauvignon Blanc vom Weingut Tauss zu Linsensalat mit Grünkohl

© cucinapiccina
Auf der Suche nach gutem Wein und vitalen Rezepten hat sich Sophia Schillik diesmal in der Südsteiermark herumgedrückt. Gelandet ist sie schliesslich bei Roland Tauss.

Wenn man in Leutschach das Restau­rant Liepert’s Kuli­na­ri­um links lie­gen lässt und kurz danach an der Weg­ga­be­lung rechts abbiegt, steht man, den Pöß­nitz­bach und eine Braue­rei pas­sie­rend, nach weni­gen Minu­ten mit­ten in den Wein­ber­gen von Roland und Ali­ce Tauss. Und muss erst ein­mal tief Luft holen, weil es hier tat­säch­lich so aus­sieht wie auf einer Post­kar­te: sanft geschwun­ge­ne Hügel, mit Zucker­wat­te­wol­ken gespick­ter Him­mel, dazwi­schen immer wie­der ein­zel­ne kar­min­ro­te Häu­ser­dä­cher, wie läs­sig in die­se Land­schaft ein­ge­streut. Ein paar Meter wei­ter gibt es eine Kern­öl­pres­se. Ich zücke die Kame­ra, mit der ich eben noch ein Kla­po­tetz, jene im süd­stei­ri­schen Wein­land über­all zu fin­den­den „Wind­radl“, eigent­lich Vogel­scheu­chen, fest­ge­hal­ten habe. Sie sind das Wahr­zei­chen der Süd­stei­er­mark. ihr laut­ma­le­ri­scher Name stammt aus dem Nach­bar­land. Als wir mit Roland Tauss durch die Reb­an­la­gen spa­zie­ren, springt auf dem Smart­phone ein slo­we­ni­scher Netz­be­trei­ber an.

Der Win­zer Roland Tauss © cucinapiccina 

Sparringspartner für herbstliche Gemüseküche

Auch der Boden, auf dem wir ste­hen – Opok – trägt einen Namen, bei dem die Gren­zen zwi­schen Deutsch­land und Slo­we­ni­en ver­wi­schen. Opock(en) bedeu­tet auf slo­we­nisch „Mer­gel­bo­den“, ist aber kein sla­wi­sches Wort, son­dern ver­mut­lich ein sehr altes Lehn­wort aus dem Deut­schen, nach einem Umweg über das Sla­wi­sche wie­der in den deut­schen Sprach­raum zurück­ge­kehrt. Wie so vie­les hat man sich die­sen Begriff bezie­hungs­wei­se die­se Bodentyp-Bezeichnung irgend­wann geteilt. Kalk­mer­gel, je nach Stand­ort auch mit einer Auf­la­ge aus Lehm, ist die Grund­la­ge für die Wei­ne von Roland Tauss. Er ist ver­ant­wort­lich für jene Sal­zig­keit und geschmei­di­ge Mine­ra­li­tät, die die Tauss’schen Wei­ne prä­gen. Vor allem der Sau­vi­gnon Blanc H (das „H“ steht für die Steil­la­ge Hohen­egg, auf den Eti­ket­ten darf Tauss die Lagen nicht erwäh­nen) hat es mir, auf der Suche nach einem guten Spar­rings­part­ner für herbst­li­che Gemü­se­kü­che, angetan.

Eine reine Vitalstoffkur

Dabei bin ich kein Sau­vi­gnon Blanc-Fan. Der Wein, der zwei Jah­re in gebrauch­ten Holz­fäs­sern rei­fen durf­te, ist gleich­zei­tig cre­mig und zit­risch, sei­ne fei­ne Aro­ma­tik liegt nicht wie so häu­fig unter einer dicken Schicht aus über­zo­ge­nen Stachelbeer- und Cassis-Noten begra­ben. No Make Up nee­ded. Statt­des­sen catcht der Wein mit fili­gra­ner Gelb­fruch­tig­keit, einem prä­zi­se gestrick­ten Säu­re­ge­rüst und einer unge­mein saf­ti­gen Fri­sche. Man macht die Augen zu, nimmt einen Bis­sen vom Lin­sen­sa­lat, trinkt einen Schluck Wein und steht mit­ten in der süd­stei­ri­schen Tos­ka­na. Ein sehr har­mo­ni­scher, ani­mie­ren­der Wein, der  es – wer es weni­ger vege­ta­risch möch­te – auch mit einem Stück auf der Haut gebra­te­nen Zan­der dazu oder aber ein paar knusp­ri­gen Speck­strei­fen über dem mit Ver­jus, Raps­öl und ein klein wenig stei­ri­schem Gold ange­mach­ten Hülsenfrüchte-Salat auf­neh­men kann. Die reins­te Vitalstoffkur.

Die Südsteiermark bei Leutschach © ÖWM/Anna Stöcher

Natural beauty mit natürlicher Sortenaromatik

Mit Vital­stof­fen kennt sich auch Roland Tauss bes­tens aus. Es ist sein Leit­mo­tiv, ein ele­men­ta­rer Teil sei­ner Phi­lo­so­phie. „Alles was wächst“, erklärt er, „hat eine gewis­se Lebens­vi­ta­li­tät in sich. Sie hängt davon ab, wie leben­dig die Böden und das Umfeld sind. Mir ist als Win­zer wich­tig, die­se Vita­li­tät im Boden, in der Natur zu erhal­ten und somit auch in mei­nen Wei­nen. Des­we­gen rei­fen die Wei­ne bei mir im Holz­fass, arbei­te ich im Wein­berg bio­dy­na­misch und bin ich im Kel­ler nur Impuls­ge­ber.“ Alle Wei­ne wer­den spon­tan mit natür­li­chen Hefen ver­go­ren, nicht ein­ge­stellt oder nach­ge­bes­sert, nicht fil­triert und nicht uni­for­miert und machen von selbst einen natür­li­chen bio­lo­gi­schen Säu­re­ab­bau. Mitt­ler­wei­le, sagt er, set­ze er auch kei­nen Schwe­fel mehr zu. Ein Pro­zess, bei dem man beob­ach­ten und sich lang­sam her­an­tas­ten müs­se: „Ich habe, wie mit den Jah­ren die Vita­li­tät im Wein­berg und in den Trau­ben immer mehr zunahm, die Schwe­fel­men­ge suk­zes­si­ve redu­ziert, bis sie bei Null lag. Wenn die Wein­ber­ge abso­lut gesund sind, braucht man kein Gramm Schwefel.“

Auch ohne Schwefel stabil

Die Wei­ne, ver­si­chert er, sind auch ohne Schwe­fel sta­bil. Schön ist, dass man die­se Vita­li­tät, von der Roland Tauss so viel spricht, auch wirk­lich schme­cken und spü­ren kann. Sei­ne Wei­ne machen einen nicht müde, sie sind ech­te Ener­gi­zer, man kann sie immer wei­ter und wei­ter trin­ken. Auch in hei­ße­ren Jah­ren schme­cken sie nicht mol­lig oder fett. Roland Tauss lässt den Wei­nen ihre Eigen­hei­ten, ver­sucht nicht ande­re Wei­ne zu kopie­ren. Auch hier wie­der bestä­tigt sich wie­der die The­se, nach der ein Wein immer auch Aus­druck des Cha­rak­ters sei­nes Machers ist. Roland Tauss’ Wei­ne sind viel­schich­tig, tief­grün­dig und anders, ein wenig lei­ser viel­leicht als die sei­ner Kol­le­gen der „Schmecke-das-Leben“-Gruppe, aber trotz­dem kraft­voll, ohne anstren­gend zu sein. Oder um es auf stei­risch zu sagen: „Es wird einem dabei nie fad.“

Das Weingut und seine Philosophie

Seit 1991 erzeugt Roland Tauss Wein. Er arbei­te­te 14 Jah­re lang kon­ven­tio­nell, bevor er 2005 kom­plett auf bio­dy­na­mi­sche Bewirt­schaf­tung umstieg und auch die Vini­fi­ka­ti­on umstell­te. Das Wein­gut ist Demeter-zertifiziert. Knapp 6 Hekt­ar Wein­gar­ten­flä­che bewirt­schaf­tet Tauss mehr oder weni­ger im Allein­gang und ver­zich­tet  dabei auf den Ein­satz von Her­bi­zi­den, Pes­ti­zi­den und Kunst­dün­ger. Die Wein­gär­ten lie­gen alle ober­halb des Wein­guts und sind teil­wei­se bereits von den Eltern und Groß­el­tern ange­legt wor­den. Der ältes­te Reb­stock ist 60 Jah­re alt. Im Schnitt haben die Reb­stö­cke ein Alter von 40 Jah­ren. Ein Drit­tel sei­ner Reb­flä­chen sind mit roten Trau­ben bestockt, was unge­wöhn­lich für die Stei­er­mark ist. Beson­ders emp­feh­lens­wert sind sein Rosé-Sekt sowie der Rote Tra­mi­ner H, der Grau­bur­gun­der H und der Sau­vi­gnon Blanc. Alle Trau­ben wer­den per Hand gele­sen, alle Wei­ne spon­tan ver­go­ren, nicht fil­triert und nicht geschwefelt.

2017 Sauvignon Blanc H

Preis: 20,70 Euro

Bezug: www.weingut-tauss.at (ab 12 Fla­schen Gratis-Verschickung der Wei­ne nach Deutsch­land möglich)

Lin­sen­sa­lat mit Grün­kohl, Oli­ven und Verjus/Kürbiskernöl

Zuta­ten (für 4 Personen):

300 g Puy-Linsen
1 Möhre
1 Stan­ge Staudensellerie
1 Scha­lot­te oder rote Zwiebel
1 Knoblauchzehe
2 EL Verjus
3 EL Rapsöl
1 TL Akazienhonig
Meersalz
schwar­zer Pfef­fer, frisch gemahlen
etwa 250-300 g Grünkohl

Zum Ser­vie­ren:
Kürbiskernöl
schwar­ze Oliven
knusp­ri­ges Weißbrot

Zube­rei­tung:

1. Die Lin­sen nach Packungs­an­wei­sung garen. Abgie­ßen, abtrop­fen las­sen und etwas aus­küh­len las­sen, dann in eine Schüs­sel geben.

2. Möh­re und Stau­den­sel­le­rie waschen, put­zen und fein wür­feln, Scha­lot­te oder Zwie­bel eben­falls fein würfeln.

3. Knob­lauch schä­len und fein rei­ben oder pres­sen. Mit Ver­jus, Raps­öl, Honig, Salz und Pfef­fer zu einem Dres­sing ver­rüh­ren. Das Dres­sing zusam­men mit den Gemü­se­wür­feln unter die Lin­sen heben, alles gut durch­mi­schen, mit Salz und Pfef­fer wür­zen und ca. 10-15 Minu­ten durch­zie­hen lassen.

4. In der Zwi­schen­zeit den Grün­kohl waschen, die Mit­tel­rip­pen ent­fer­nen und die Blät­ter in mund­ge­rech­te Stü­cke zup­fen. In spru­delnd kochen­dem Was­ser kurz blan­chie­ren. Abgie­ßen, sofort eis­kalt abschre­cken, dann unter den Lin­sen­sa­lat mischen.

5. Den fer­ti­gen Salat mit etwas Kür­biss­kern­öl beträu­feln und mit schwar­zen Oli­ven und knusp­ri­gem Weiß­brot servieren.

Vari­an­te 1: Dazu passt auf der Haut gebra­te­ner Zan­der oder ein ande­rer weiß­flei­schi­ger Fisch.
Vari­an­te 2: Schmeckt auch gut mit aus­ge­las­se­nen Speck­strei­fen oder -würfeln.

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