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Riesling aus der Pfalz: Klassiker und Junge Wilde

Auf einem Viertel der knapp 24.000 Hektar Rebfläche der Pfalz steht der König der weißen Reben. Damit ist die Pfalz auch das größte Riesling-Terrain auf dem Globus. Der weltweite Ruhm begründet sich vor allem auf den berühmten Lagen der Mittelhaardt, die schon von der bayerischen Steuerverwaltung im 19. Jahrhundert klassifiziert wurden.

Die oft unterschätzte Südpfalz hat sich längst auf Augenhöhe hinaufgearbeitet und mitverantwortlich für das hohe Ansehen der trockenen Pfälzer Rieslinge. Drei junge Wilde und drei Klassiker-Betriebe mit je zwei Weinen im Blitzportrait.

Drei Junge Wilde

Lukas Hammelmann: An der langen Leine

Der junge Winzermeister Lukas Hammelmann ist vom Wesen her eher ruhig und reflektiert. Als wild kann man aber mit gutem Recht seine Weine bezeichnen, die er an der langen Leine zu Charakterdarstellern reifen lässt. Mit dem Jahrgang 2016 startete er seine eigene Kollektion, die sich in stetigem Wandel befindet und den Weinfreund mitunter schon beim Lesen der Etiketten herausfordert.

Lukas Hammelmann im Einsatz. © Jameswendtler

2020 Riesling vom Löss trocken, Lukas Hammelmann

Vom Alkohol her ein Leichtgewicht (11,5 %). Würzig-mineralischer Duft, ordentlich Gripp am Gaumen, trocken und fordernd im Abgang.

Um 13,50 Euro, etwa bei www.freiheit-vinothek.de

2020 Riesling Zimkaes trocken, Pfälzer Landwein, Lukas Hammelmann

Zimkaes ist ein Buchstabenrätsel. Die Lösung: Zeiskam, der Standort von Lukas Hammelmanns Weinmanufaktur. Er deklariert seinen „großen“ Riesling als Landwein, also ohne Ort und Lage. Die Trauben werden zum Teil als Ganztrauben gepresst. Nach einer Maischestandzeit vergärt der ungeklärte Most in alten Moselfudern und absolviert dort auch den biologischen Säureabbau. Nach langem Hefelager wird der Wein unfiltriert mit minimal Schwefel gefüllt. Das Resultat ist ein komplett eigenständiger Wein, der bereits am Anfang seiner Entwicklung keine klassische Rieslingfrucht zeigt, sondern kräuterige Würze, zupackende Mineralik, markante Gerbstoffen und einen langem Nachhall.

Um 28 Euro, etwa bei www.conceptriesling.com

Weingut Mehling: Unterschiede erspüren

Kathrin Otte und ihre Lebensgefährte Christoph Knebel haben viel bewegt. Nicht nur die Biozertifizierung für das Gut im Jahr 2014. Ihre Philosophie: Neben dem Charakter der Lage soll durchaus auch der Witterungsverlauf des Jahrgangs zu erspüren sein. „Unsere Weine schmecken nicht jedes Jahr gleich, und das sollen sie auch nicht“ sagen die beiden.

Kathrin Otte und Christoph Knebel. © Anna Ziegler

2020 Ruppertsberger Riesling trocken, Weingut Mehling

Mit weinbergseigenen Hefen vergoren und unfiltriert gefüllt. Geradliniger, schlanker, animierender Riesling mit Anspruch. Knochentrocken und dabei sehr harmonisch.

9,90 Euro bei www.weingut-mehling.de

2019 Königsbacher Ölberg Riesling trocken, Weingut Mehling

Steinig, markant, zupackend. Komplexe, reife Aromatik ohne Primäraromen. Kann noch Jahre reifen und verdient dann ein großes Glas und Aufmerksamkeit.

26 Euro bei www.weingut-mehling.de

Gebrüder Schwedhelm: Kühles vom Kalk

Der nördlichste Zipfel der Weinpfalz wurde lange übersehen. Dass das Zellertal nach über 100 Jahren wieder als Top-Terroir wahrgenommen wird, ist (auch) das Verdienst der Brüder Schwedhelm. Ihre Rieslinge zeigen geradeheraus, dass sie aus der kühlsten Ecke der Pfalz kommen – und von Böden, die von Kalkfels dominiert werden.

Stephan und Georg Schwedhelm. © Weingut Schwedhelm

2020 Riesling Zellertal, Weingut Schwedhelm

Geradlinig, straff, aber nicht streng zeigt sich der Ortswein. Die feine Zitrus-Frucht trägt ihren Teil zum frischen Auftritt bei.

Um 9,95 Euro, etwa bei www.ludwig-von-kapff.de

2020 Schwarzer Herrgott Riesling trocken, Weingut Schwedhelm

Der Schwarze Herrgott ist eine der ältesten Weinlagen Deutschlands. Die Interpretation der Schwedhelms ist dezent fruchtig, konzentriert, dabei schlank und von tiefgründiger Mineralik geprägt.

Um 27 Euro, etwa bei www.club-of-wine.de

Drei Klassiker

Ökonomierat Rebholz: konsequenter Weg

Der „Ökonomierat“, Eduard Rebholz postulierte bereits in den 1950erJahren, was heute als Konsens gilt: Echte Qualität entsteht im Weinberg. Er stellte die Weichen für die Entwicklung, die das Gut zu einem der besten in ganz Deutschland machte. Mit der biodynamischen Bewirtschaftung der Reben gehen sein Enkel Hans Jörg Rebholz und dessen Kinder Hans, Valentin und Helene diesen Weg konsequent weiter.

Die neue Generation: Valentin und Hans Rebholz. © Peter Bender

2020 Riesling trocken, Weingut  Ökonomierat Rebholz

Hier legt schon der „Einstiegswein“ die Latte hoch: Feinfruchtig- mineralisch, dank Maischestandzeit sehr griffig am Gaumen, durch und durch trocken mit lebendigem Nachhall.

11,40 Euro bei www.oekonomierat-rebholz.com

2020 Riesling trocken Vom Rotliegenden, Weingut Ökonomierat Rebholz

Die vielschichtige Aromatik reicht von klassischer Rieslingfrucht über Kräuteraromen zu steinigen Akzenten. Ein Wein, der gut noch auf eine besondere Gelegenheit warten kann.

19,80 Euro bei www.oekonomierat-rebholz.com

Philipp Kuhn: Kraft und Eleganz

Als Philipp Kuhn den elterlichen Betrieb übernahm, war er jung (20) und sicher auch ein wenig wild. Immerhin hatte er zuvor schon den Vater überzeugt, im Laumersheimer Kirschgarten Huxelrebe zu roden und Spätburgunder zu pflanzen. In den 25 Jahren im Betrieb hat Kuhn sein Weingut in die Spitze der Pfalz geführt. Vor allem dank akribischer Auseinandersetzung mit dem Charakter seiner verschiedenen Lagen.

Philipp Kuhn bei der Weinbergspflege © Andre Kuntz Pfalzweinfoto

2020 Riesling Laumersheimer Vom Kalksteinfels VDP.Ortswein trocken, Philipp Kuhn

Feine Frucht, Mineralik, Lebendigkeit: Dieser Riesling zeichnet ein komplettes Bild in schöner Balance.

Um 13,80 Euro, etwa bei www.gute-weine.de

2020 Kallstadter Steinacker VDP.Erste Lage Riesling trocken, Philipp Kuhn

Der Steinacker umgibt den berühmten Saumagen. Philipp Kuhns Parzelle liegt etwas erhöht  und damit kühler. Der Wein präsentiert sich komplex und klar, eine Liaison von Kraft und Eleganz.

21,50 Euro bei www.weinshop-philipp-kuhn.de

Koehler-Ruprecht: Tradition und Qualität

Saumagen, trockener Riesling, Koehler-Ruprecht – diese drei Begriffe gehören schon  sehr lange zusammen. Entsprechen traditionell wird hier auch gearbeitet: Die Moste vergären mit weinbergseigenen Hefen weit überwiegend in großen Holzfässern, in denen sie viel Zeit bekommen. Traditionell ist auch die gutseigene Hierarchie, die nach wie vor auf die Prädikatsstufen von Kabinett aufwärts setzt.

© Sven Paustian

2019 Kallstadter Saumagen Riesling Kabinett trocken, Weingut Koehler-Ruprecht

Vom Mostgewicht her locker eine Spätlese, aber stilistisch eben schlanker, leichter. Mit reifer Frucht und harmonischer Säure traditionell im beste Sinne.

Um 12 Euro, etwa bei www.wirwinzer.de

2019 Kallstadter Saumagen Riesling Spätlese trocken, Weingut Koehler-Ruprecht

Barock? Eher Rokoko! Reif und mundfüllend, aber nicht fett oder gar überladen. Zweifellos ein Klassiker aus einer der berühmtesten Weinlagen der Pfalz.

Um 22 Euro, etwa bei www.gute-weine.de

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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