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Richtig einschenken

Wie viel Wein ins Glas gehört

Das Glas bis zum Eichstrich voll zu schenken, ist in Bierkneipen ein Ausdruck der unbedingten Seriosität des Wirtes. Beim Wein ist es ein Faux pas. Volle Weingläser sind genussfeindlich und die sicherste Art, sich als Weinlaie zu offenbaren. Dass viele Restaurants, die Wein glasweise anbieten, mit schlechtem Beispiel voran gehen, ist keine Entschuldigung.

Aus einem randvoll eingeschenkten Glas lässt Wein sich schwer genießen. Das Bouquet kann sich nicht sammeln. Es verfliegt sofort. Oftmals gelingt es nicht einmal, aus einem vollen Glas zu trinken. Jedenfalls dann nicht, wenn man es korrekt am Stiel anfasst und zum Mund führen will. Der volle Kelch ist zu schwer, die Grifffläche am Stiel zu klein. Ein Balanceakt für alle, die trinken möchten und dabei nichts verschütten wollen. Wer auf Nummer Sicher gehen will, fasst das Weinglas dann notgedrungen am Kelch an und führt es so zum Mund. Zurück bleiben unschöne Fingerspuren am Glas, die spätestens, wenn der Wein ausgetrunken ist, deutlich sichtbar werden. Außerdem überträgt sich die Wärme der Hand schnell auf den Wein. Dessen Temperatur steigt, besonders wenn das Glas lange in der Hand gehalten wird. Alle Mühen, ihn richtig temperiert zu servieren, waren dann vergebens. Das gilt besonders für Weißweine, die sich durch Handwärme schneller von 10°C auf 13°C erwärmen als ein Rotwein von 18°C auf 21°C.

Die richtige Weinmenge

Weißweingläser, die meist kleiner als Rotweingläser sind, sollten maximal bis zur Hälfte aufgeschenkt werden. Nur dann bleibt der Duft, den der Wein verströmt, im Glas und verfliegt nicht gleich wieder. Ob die Weinmenge, die sich im Glas befindet, einem oder zwei Dezilitern entspricht, ist vom Genuss-Standpunkt aus betrachtet unerheblich. Der Duft entwickelt sich bei einer kleinen Weinmenge genauso wie bei einer großen Menge Rebensaft. Entscheidend ist allein das Glas. Deshalb sollte, wenn großvolumige Gläser verwendet werden, eher etwas mehr als zu wenig eingeschenkt werden. Bei kleinen Gläsern, die nur eine geringe Weinmenge fassen, muss dagegen häufiger nachgeschenkt werden. Gute Restaurants behelfen sich damit, dass sie offene Weine gleich im Viertelliter-Krug servieren. Der Gast erhält die garantierte Menge Wein, kann sie sich aber selber dosieren. Bei Rotwein ist die Sache anders. Rotweingläser sind in der Regel größer als Weißweingläser. Sie sollten nur zu etwa einem Drittel gefüllt werden. So lautet jedenfalls die Faustregel. Kleinere Rotweingläser, wie sie in vielen Bistros üblich sind, dürfen auch bis zur Hälfte gefüllt werden. Mehr ist jedoch stillos – auch wenn viele Weinbistro-Besucher es anders empfinden.

Sonderfall Schaumwein

Nur bei Schaumweinen ist es statthaft, die Gläser voller als üblich zu schenken. Je nach Glastyp können sie sogar zu Dreiviertel gefüllt werden – etwa bei einer schlanken Sektflöte. Der Grund dafür ist eher optischer Natur: Die Perlage ist einfach besser sichtbar, wenn mehr Wein im Glas ist. Und die Perlage zeigt dem Kenner, wie fein ein Schaumwein ist. Flaschenvergorene Schaumweine, etwa Champagner, bilden sehr feine Perlen, die wie an einer Schnur gezogen nach oben perlen. Bei tankvergorenen Schaumweinen, also den meisten Sekten, sind die Perlen größer und unregelmäßiger. Besonders hochwertige Jahrgangs-Champagner und Prestige-Cuvées, die oft drei oder fünf oder noch mehr Jahre auf der Flasche gereift sind, werden in Gläsern serviert, die weniger hoch sind, dafür einen etwas größeren Durchmesser aufweisen. Sie müssen, nachdem die Flasche entkorkt wurde, erst mal „atmen“. Hier reicht es, die Gläser zur Hälfte, maximal zu zwei Drittel aufzuschenken. An der Perlage kann sich das Auge immer noch erfreuen.

Hilfe beim Einschenken

Wein ist kein Sprudelwasser. Er wird nicht ins Glas gegossen, sondern man schenkt ihn ein. Das heißt: langsam und vorsichtig, nicht geräuschvoll und nicht im dichten Schwall. Zu diesem Zweck ist es hilfreich, die Flasche in der Mitte des Bauches zu umfassen und über dem Glas langsam zu neigen. So lässt sich der ausfließende Wein am besten dosieren. Achtung: Das Etikett sollte immer nach oben weisen. Keine gute Figur macht man, wenn man die Flasche beim Einschenken am Hals umklammert. Außerdem lässt sich der Fluss des Weins bei dieser Einschenkhaltung nur schwer kontrollieren. Aber auch wer korrekt serviert, hat oft das Problem, dass die letzten Tropfen beim Einschenken daneben gehen. Für alle, die noch nicht den richtigen Schwung haben, empfiehlt sich daher eine Einschenkhilfe: ein zu einer Tülle zusammengerolltes Plättchen Silberfolie, das in den Flaschenhals gesteckt wird. Diese Einschenkhilfe wird in Weinfachgeschäften unter der Bezeichnung drop stop angeboten und kostet nur ein paar Cents. Mit ihr gibt es weder Weinflecken noch ungewolltes Schwallschenken.

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