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Weinland Portugal

Land voller Geheimnisse

Portugal hat mehr zu bieten als nur Mateus Rosé und Portwein. Es besitzt mehr als 500 autochthone Rebsorten, aus denen viele gaumenschmeichelnde Industrieweine, aber auch einige charaktervolle Rot- und Weißweine erzeugt werden. Seit gut zehn Jahren herrscht unter den portugiesischen Weinproduzenten Aufbruchstimmung.

Portugal ist ein Land im Umbruch: Die neue Zeit hat schon begonnen, die alte ist noch nicht zu Ende. Im Inneren herrscht noch die alte Ordnung: rote Trauben, die mit Stielen und ohne technische Hilfsmittel gekeltert werden, um zu mächtigen, tanninherben Rotweinen auszuwachsen, die den Gaumen zusammenziehen und jahrelang ungenießbar sind. Daneben stehen saubere, fruchtig-frische Weißweine, die am Ende mit ein paar Gramm Zucker gesüßt werden, und so die Weltmärkte erobern. Ein Land der Gegensätze also: Im kühlen, atlantischen Klima gedeihen Leichtweine wie der Vinho Verde. Das Kontinentalklima im Landesinneren mit seinen trocken-heißen Sommern bringt dagegen ein Schwergewicht wie den Portwein hervor.

Handelsware Wein

In der Antike brachten Phönizier, Griechen und Römer die Reben auf die Iberische Halbinsel. Unter der maurischen Herrschaft stagnierte der Weinbau, lag aber nicht darnieder. Mit der Unabhängigkeit Portugals im Jahre 1385 entwickelte sich dann ein reger Handel mit England. Vom Minho-Fluß aus, der heute Nordportugal von Spanien trennt, wurden regelmäßig Weinfässer ins Königreich verschifft. Von Portwein war damals noch nicht die Rede. Portwein wurde erst entdeckt, als der englische König William III. im Jahre 1693 so hohe Zölle auf französische Weine erhob, daß sich die englischen Weinhändler nach anderen Quellen umsehen mußten, um Ersatz für die heiß geliebten französischen Rotweine zu finden. Das freilich dauerte.

Aufstieg mit dem Portwein

1678 schickte ein Liverpooler Weinhändler seine beiden Söhne nach Portugal. Sie fuhren den Douro aufwärts, um tief im Landesinneren bei Lamego einen Geistlichen kennenzulernen, der den örtlichen Rotwein noch während der Gärung mit Brandy aufgoß und so die Gärung stoppte. Das Resultat: ein süßer, alkoholstarker Rotwein, ganz nach dem Geschmack der Engländer, die schwere Rotweine liebten. Bald gründeten sie überall am Douro Handelshäuser, um für Nachschub zu sorgen. Um Weinfälschungen vorzubeugen, wurden 1756 die Grenzen des Anbaugebiets, das für den Portwein bestimmt ist, genau festgelegt. Auch der Madeira von der gleichnamigen Atlantikinsel erfreute sich im 18. und 19. Jahrhundert großer Beliebtheit. Hundert Jahre später verwüsteten Mehltau und Reblaus die Weinberge. Erst um 1930 begann der Wiederaufbau durch die Gründung zahlreicher Genossenschaften. Als Portugal 1986 der EU beitrat, existierten bereits zahlreiche Ursprungs- gebiete, und der weltweite Erfolg des Mateus Rosé bewies, daß der Blick der portugiesischen Winzer nicht rückwärtsgerichtet ist.

Vinho Verde

Aus dem Norden Portugals kommt der mengenmäßig bedeutendste Wein Portugals: der Vinho Verde. Den „grünen Wein“ gibt es in zwei Versionen: der roten und der weißen. Roter Vinho Verde ist spröde, tanninherb und ziemlich unbekannt, weshalb nur wenige Exemplare das Land verlassen. Der weiße Vinho Verde ist neben dem Port der wichtigste Ausfuhrwein Portugals: ein leichter, kohlensäurefrischer Wein mit 8 bis 10 Vol. % Alkohol, häufig auch mit ein paar Gramm Restzucker, der schnell auf den Markt kommt und ebenso schnell getrunken wird. Sein Anbaugebiet umfaßt die Provinz Minho von Porto bis zur spanischen Grenze. In diesem kühlen, regenreichen, zugleich fruchtbaren und deshalb dichtbesiedelten Teil Portugals werden zahlreiche weiße Sorten kultiviert. So liegen dem Vinho Verde ganz unterschiedliche Trauben oder -mischungen zugrunde: Pederñao, Trajadura, Avesso und Loureiro zum Beispiel. Die hochwertigste Sorte ist die Alvarinho, die ganz im Norden an der Grenze zu Galizien angebaut wird. Deren Weine (bis 13 Vol.% Alkohol) bleiben jedoch meist im Lande. Früher wurde der Vinho Verde stets einer malolaktischen Gärung unterzogen, wodurch die Kohlensäure entstand. Industriellem Vinho Verde, der 90 Prozent der Produktion ausmacht, wird dagegen Kohlensäure zugegeben.

Das Weinland Portugal in Zahlen

Rebfläche: 260 000 Hektar
Weinproduktion: 5 bis 6 Millionen Hektoliter
Jährlicher Weinkonsum pro Kopf: 46,3 Liter

Die häufigsten Rebsorten

In Portugal existieren noch keine exakten Erhebungen über Rebsorten und Anbauflächen. Die wichtigsten roten Trauben sind Alfrocheiro, Tinta Roriz (Aragonez), Baga, Castelão Frances (Periquita Mortága), Touriga Francesca, Touriga Nacional und Verdelho (Gouveio). Unter den weißen Trauben dominieren Alvarinho, Arinto, Avesso, Azal Branco, Bical, Encruzado, Maria Gomez (Fernão Pires), Loureiro und Trajadura.

Das portugiesische Weinrecht

Portugal war das weltweit erste Weinland, das die Grenzen eines Anbaugebietes von Gesetz wegen festlegen ließ, um Weinfälschungen vorzubeugen: das Portwein-Gebiet am Douro. Das war im Jahre 1756. Heute gibt es in Portugal fünf Weinbauzonen mit 32 Qualitätswein-Anbaugebieten. 26 davon genießen DOC-Status (entspricht dem französischen AOC-System), in sechs Regionen werden Weine mit IPR-Bezeichnung (Indicacão de Proveniência Regulamentada, entspricht den V.D.Q.S.-Weinen) erzeugt. Dazu existieren acht Landweingebiete (Vinhos Regionais, entspricht den französischen Vins de Pays). Der Rest firmiert unter Vinho de Mesa (Tafelwein). Heute werden mehr Qualitätsweine erzeugt als alle anderen Weinkategorien zusammen

Portugals Weinbezeichnungen

Verdes:

Jungweine, die gleich nach Beendigung der Gärung getrunken werden.

Maturo:

Die Bezeichnung „reife“ Weine gilt für alles, was nicht zu den Verdes gehört.

Garrafeida:

Etikettenbezeichnung für einen Spitzenwein, der lange (oft zehn Jahre) im Faß oder im Keller gelagert hat.

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