Pierre Lurton von Cheval Blanc: „2011 besser als 2004 und 2006.“

Pierre Lurton | Foto: © Gerard Uferas, Chateau Cheval Blanc
Die En primeur-Woche ist vorbei. Bordeaux harrt nun der Notizen der Verkoster, die sich fünf Tage lang einen Eindruck vom Jahrgang 2011 verschaffen konnten. Andrew Black hatte vor dem Verkostungsmarathon mit Pierre Lurton, dem Direktor von Château Cheval Blanc, über den Problemjahrgang 2011 gesprochen. Dessen Fazit: „Besser als 2004 und 2006.“

Wenn es bei den Rot­wei­nen des Jahr­gangs 2011 einen Gewin­ner gab, dann heißt er Caber­net franc. Wei­ne, die aus die­ser Reb­sor­te gekel­tert sind, zeich­nen sich durch eine gesun­de Tann­in­struk­tur und eine gute Fri­sche aus. Das berich­ten nahe­zu alle Bordeaux-Châteaux.

St. Emilion besser als Pomerol

Das heißt jedoch nicht, dass die Wei­ne vom Rech­ten Ufer pau­schal bes­ser gelun­gen wären als aus dem Médoc, wo die Caber­net franc nor­ma­ler­wei­se zwi­schen fünf und zehn Pro­zent liegt. Den höchs­ten Caber­net franc-Anteil haben tra­di­tio­nell die Wei­ne von St. Emi­li­on. Auf Wei­ne die­ser Appel­la­ti­on wird sich daher ver­mut­lich das Inter­es­se der Ein­käu­fer fokus­sie­ren. Pome­rol hat dage­gen wenig Caber­net franc. Und auch die Wei­ne der Satelliten-Appellationen basie­ren meist auf Merlot.

Châ­teau Che­val Blanc ist einer der weni­gen Wei­ne, die über­wie­gend auf Caber­net franc basie­ren. In den Wein­ber­gen des Châ­teau ist sie zu 58 Pro­zent reprä­sen­tiert, im Wein des Jahr­gangs 2011 zu 52 Prozent.

Für Rekordsumme gekauft

Neuer Keller des Chateau Cheval Blanc | Foto: © Gerard Uferas, Chateau Cheval BlancChe­val Blanc, neben Aus­o­ne ein­zi­ger Pre­mier Grand Cru Clas­sé „A“ in St. Emi­li­on, besitzt 37 Hekt­ar Reben auf einem Kies­pla­teau, das sich beson­ders für den Anbau der Sor­te Caber­net franc eig­net. Besit­zer sind je zur Hälf­te die Mil­li­ar­dä­re Ber­nard Arnault und der Bel­gi­er Albert Frè­re. Sie hat­ten das Cha­teau 1998 für die Rekord­sum­me von umge­rech­net 131 Mil­lio­nen Euro aus dem Porte­feuille des Luxus­kon­zern LVMH her­aus­ge­kauft. Als Direk­tor des Châ­teau fun­giert Pierre Lur­ton, der auch den neu­en, erst im letz­ten Jahr eröff­ne­ten Kel­ler geplant hat. Andrew Black sprach am 22. März 2012 mit ihm.

Lesen Sie das Inter­view mit Pierre Lurton

Etikett Cheval Blanc | Foto: Chateau Cheval BlancAndrew Black: Man hat den Ein­druck, dass der 2011er Che­val Blanc sich seit der malo­lak­ti­schen Gärung ver­än­dert hat. Stimmt das?
Pierre Lur­ton: Er hat zuge­legt, an Kör­per, an Volu­men und an Pro­fil, wäh­rend er die Frucht, die für 2011 so typisch ist, behal­ten hat.
Andrew Black: Es gab Befürch­tun­gen, dass der Holz­kon­takt dem Wein nicht gut tun könn­te. Hat das Holz die Frucht maskiert?
Pierre Lur­ton: Unter­schied­lich. Es hängt von den Par­tien ab. Je struk­tu­rier­ter die Char­gen sind, das heißt, wenn sie von den bes­ten Ter­ro­irs von Che­val Blanc kom­men, des­to weni­ger Holz ist zu spü­ren. Leich­te­re, schlan­ke­re Par­tien absor­bier­ten das Holz weni­ger gut als in den bei­den vor­her­ge­hen­den Jahr­gän­gen. Doch am Ende gleicht sich alles aus.
Andrew Black: Erschwert die Hete­ro­ge­ni­tät des Jahr­gangs 2011 die Assemblage?
Pierre Lur­ton: Im Gegen­teil. Hete­ro­ge­ni­tät ist die Stär­ke eines Ers­ten Gewäch­ses wie Che­val Blanc. Mit unse­ren unter­schied­li­chen Par­zel­len, Böden, dem unter­schied­li­chen Alter der Reben und den ver­schie­de­nen Sor­ten sind wir in der Lage, einen kom­ple­xen, facet­ten­rei­chen Wein zustan­de zu bekom­men. Uns ist es gelun­gen, jede Par­zel­le zum opti­ma­len Rei­fe­zeit­punkt zu ern­ten und sepa­rat zu vinifizieren.
Chateau Cheval Blanc | Foto: Chateau Cheval BlancAndrew Black: Die Hete­ro­ge­ni­tät der Böden von Che­val Blanc hat, glau­be ich, sehr unter­schied­li­che Resul­ta­te gezeitigt?
Pierre Lur­ton: Che­val Blancs gro­ße Ter­ro­irs, die Kies- und Lehm­bö­den, haben in 2011 weit bes­se­re Ergeb­nis­se gebracht als die gewöhn­li­chen Sand­bö­den. 2011 ist ein Jahr­gang, in dem die Unter­schie­de zwi­schen den bes­ten und den weni­ger guten Ter­ro­irs sehr deut­lich zum Aus­druck kommen.
Andrew Black: Man hört über die 2011er, dass sie auf der einen Sei­te sehr fruch­tig, frisch und fast trink­fer­tig sei­en. Auf der ande­ren Sei­te spricht man von struk­tu­rier­ten, kom­pak­ten, unzu­gäng­li­chen Wei­nen. Wo steht Che­val Blanc?
Pierre Lur­ton: Ich fin­de, Che­val Blanc hat von bei­dem etwas. In der Nase ist er fruch­tig, blu­mig, kom­plex und frisch, auf der Zun­ge besitzt er Län­ge, ist dabei dicht und prä­zi­se, wobei Kör­per und Struk­tur eine gute Balan­ce bilden.
Andrew Black: Wie viel Wein ist nach dem Ver­le­sen und Selek­tie­ren am Ende übrig geblieben?
Pierre Lur­ton: In den Grand Vin sind 74 Pro­zent der Ern­te ein­ge­gan­gen. Das ist das Resul­tat des Umstands, dass wir par­zel­len­ge­nau lesen konn­ten zu dem Zeit­punkt, den wir für den rich­ti­gen hiel­ten. Jede klei­ne Par­zel­le hat­te ihren eige­nen Tank. Die gesam­te Ern­tepe­ri­ode zog sich über 28 Tage hin, wir haben an elf Tagen gele­sen, und zwar jeweils fünf bis sechs Stun­den pro Tag. Wir konn­ten unter­bre­chen und wie­der anfan­gen, wie wir wollten.
Cuvérie von Cheval Blanc | Foto: Chateau Cheval BlancAndrew Black: Ist 2011 ein Caber­net franc-Jahr für Che­val Blanc?
Pierre Lur­ton: Wir haben eine gute Balan­ce zwi­schen den bei­den Sor­ten gefun­den: 52 Pro­zent Caber­net franc, 48 Pro­zent Mer­lot. Aber es stimmt: Caber­net franc hat die Nase vorn, sowohl beim Bou­quet wie am Gau­men: ein­drucks­voll die blu­mi­ge Fri­sche, die rote Bee­ren­frucht, das mouth fee­ling mit der fes­ten Tann­in­struk­tur im Hintergrund.
Andrew Black: Kei­ner behaup­tet, dass 2011 so gut ist wie 2010 und 2009. Aber wie steht der neue Jahr­gang zu 2004 und 2006?
Pierre Lur­ton: Er ist anders, aber bes­ser als die bei­den erwähnten.
Andrew Black: An wel­che der jün­ge­ren Jahr­gän­ge erin­nert Sie das Geschmacksprofil?
Pierre Lur­ton: An 2008 und 2001.
Andrew Black: Wird der Jahr­gang lang­le­big sein?
Pierre Lur­ton: Mit sei­ner schö­nen Balan­ce, dem rei­chen, sei­di­gen Tan­nin, der gro­ßen Fri­sche ist, glau­be ich, sei­ne Lang­le­big­keit garantiert.

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