Man kann nicht jeden Tag Barolo oder Barbaresco trinken. Auch nicht Barbera. Die drei berühmtesten Weine der norditalienischen Region Piemont sind üppig, schwer und rot. Was aber, wenn man es beim Wein leichter und lockerer angehen will? Trinkt der Piemontese dann Wasser? Natürlich auch. Aber ohne Wein kriegt er keinen Bissen herunter. Es muss ja nicht immer ein Roter sein. Bei Ravioli in flüssiger Nussbutter, Gnocchi mit Castelmagno-Käse, Risotto mit Meeresfrüchten, Vitello tonnato oder Süßwasserfischen wie Aal (frittiert) und Karpfen (süß-sauer) – typischen Gerichten dieser Region – weiß jeder Sommelier zwischen Turin und Alba genau, was er seinen Gästen schuldig ist: einen Weißwein aus heimischer Produktion. Es gibt sie nämlich, die Weißweine aus dem Rotweinland. Und mit ihrer mediterranen Stilistik passen sie gut zu Antipasti und Primi Piatti.
Einige dieser Weißweine sind in auch Deutschland gut bekannt, Arneis und Gavi beispielsweise. Man findet sie auf den Weinkarten zahlloser Restaurants zwischen Sylt und Berchtesgaden – nicht nur italienischer. Viele Menschen haben sie schon getrunken, wissen aber nicht, dass sie aus dem Piemont kommen. Drei besonders gelungene Exemplare, die aus der Kellerei Vite Colte stammen und gerade auf den Markt gekommen sind, möchten wir Ihnen hier vorstellen.
2020 Gavi di Gavi „Masseria dei Carmelitani“, Vite Colte
Der wohl bekannteste piemontesische Weißwein ist der Gavi: ein relativ leichter, dezent fruchtiger Wein, der aus einem kleinen Anbaugebiet um das knapp 5000 Einwohner zählende Städtchen Gavi kommt, dem Zentrum der Gavi-Produktion (wenn die Weinberge direkt innerhalb der Grenzen der Gemeinde Gavi liegen, darf der Wein sich Gavi di Gavi nennen). Es liegt näher zu Genua als zur Barolo-Metropole Alba, was erklärt, weshalb es diesen Wein überhaupt gibt. In Genua wird viel Fisch angelandet, und Fisch braucht Weißwein. Weißwein aber gibt es traditionell nur wenig im Piemont, in der Vergangenheit noch weniger als heute. Bis in die 1950er Jahre waren auch die Hügel um Gavi überwiegend mit roten Trauben bestockt. Vielen Winzern war damals noch nicht klar, dass die relativ hoch gelegenen Weinberge (bis 500 Meter) mit ihren schiefrig-sandigen Böden für weiße Trauben viel besser geeignet sind als für rote.
Erst danach wurden die Weinberge langsam umgepflanzt und die Cortese-Traube kultiviert, aus der der Gavi reinsortig gewonnen wird. Und mit der Hafenstadt Genua lag ein riesiger Absatzmarkt direkt vor der Haustür. Inzwischen kommt mehr Fisch nach Gavi (und ins weitere Piemont) als Gavi nach Genua: Sardinen, Sardellen, Polpo (Oktopus), Branzino (Wolfsbarsch) und Scampi in jeder Form sind fester Bestandteil der piemontesischen Küche geworden. Weißwein wird da dringend gebraucht. Es dauerte dann auch nicht lange, bis der Ruf des Gavi auch nach Deutschland drang. Mit seinem trockenen, feinmineralischen Geschmack wurde dieser autochthone Weißwein nördlich der Alpen schnell populär. Der Gavi di Gavi der Masseria dei Carmelitani, benannt nach einem von Carmeliter-Mönchen im 16. Jahrhundert angelegten Weinberg, gehört zu den besten Exemplaren, die im Anbaugebiet erzeugt werden: geschmeidig-leicht mit nicht mehr als 12,5 % Vol. Alkohol, zarte Klarapfel- und Brotkruste-Note im Bouquet, am Gaumen frisch, harmonisch – ein eleganter Begleiter zu jeder Form von Fisch-Antipasti.
Preis: 9,90 Euro,
Bezug: www.la-cantina-italiana.de
2020 Roero Arneis „Villata“, Vite Colte
Auch wenn das Piemont nicht am Meer liegt: der Roero Arneis ist ein durch und durch mediterraner Weißwein. Er kommt aus dem milden Klima des Roero, einer bergigen Landschaft nördlich der Stadt Alba, die durch Rund- und Kegelhügel mit relativ steilen Hängen charakterisiert ist. Das Klima dort ist mild: moderate Winter und warme, aber nicht zu heiße Sommer. In dieser Hügelzone entstehen stoffige, herrlich saftige Weine mit frischer Säure, die sowohl zum Essen als auch zum Aperitiv getrunken werden. Der „Villata“ ist ein besonders gut gelungener Arneis, der sich durch ein zartes Blüten-Bouquet und einen präzisen, an reifen Pfirsich erinnernden Fruchtgeschmack sowie durch eine feine, pudrige Kräuterwürze auszeichnet. Er klingt lange am Gaumen nach, ist also im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltig. Die Piemontesen selbst trinken ihn gern zu Vitello tonnato, das zur klassischen Vorspeisen-Palette eines jedes Menus im Piemont gehört. Aber er passt ebenso gut zu Gemüsetartes, Fischgerichten oder einem sommerlichen Steinpilz-Risotto. Die Traube, aus der er gewonnen wird, heißt Arneis: eine uralte, nur im hügeligen Teil des Piemont wachsende Sorte, die in den 1970er Jahren schon nahezu ausgestorben war und danach langsam, aber stetig rekultiviert wurde. Der „Villata“ wird ausschließlich im Edelstahltank vergoren, liegt nach der Gärung noch ein paar Monate auf der Hefe, um danach minimal geschwefelt abgefüllt zu werden.
Preis: 9,95 Euro
Bezug: www.superiore.de
2020 Piemonte Sauvignon „Tra Donne Sole“, Vite Colte
Dieser Sauvignon ist eine der Perlen im Sortiment von Vite Colte: ein Sauvignon im mediterranen Stil – warm, würzig, mundfüllend. Seine Individualität macht es schwierig, Ihn mit anderen Sauvignons der Welt zu vergleichen. Die Trauben für ihn kommen aus dem Monferrato, diesem endlosen, grünen Hügelteppich um die Stadt Asti. Ein Teil der Trauben wird früh gelesen, um die vegetabile Würze einzufangen und die Säure zu erhalten. Der andere Teil wird erst spät geerntet, wenn die Trauben vollreif sind und einen Wein ergeben, die nach tropischen Früchten mit einem Hauch von Honigmelone schmeckt. Wenn beide Partien miteinander verschnitten werden, entsteht ein kräftiger, stoffiger Wein, der reife Zitrusaromen mit grüner Paprika und Stachelbeeren verbindet: ein Sauvignon mit breiten Schultern, der sich leicht und unkompliziert trinkt. Auch wenn man die Sauvignon-Traube relativ selten im Piemont antrifft, so zeigt der “Tra Donne Sole“-Wein (Titel eines berühmten Romans des piemontesischen Schriftstellers Cesare Pavese, zu Deutsch: Die einsamen Frauen) deutlich, dass die Sauvignon-Traube ebenfalls spannende Weine ergibt, die eine willkommene Alternative zu Gavi und Arneis darstellen. Aufgrund seiner Würze ist er der ideale Begleiter zu einer Fonduta: einer samtigen Käsesauce aus verschiedenen Almkäsen, die gern zu geschmortem Fenchel oder zu Karden gegessen wird.
Preis: 9,90 Euro
Bezug: www.sentivini.de