Der Chelti of Qvevri Amber ist offiziell ein trockener Weißwein. Allerdings sieht er anders aus und schmeckt auch anders als normale Weissweine: leicht erdig mit Noten von getrockneten Pfirsichen, Kamille und einem zarten Honigton – so könnte man seinen Geschmack beschreiben. Knackige Frucht, lebendige Säure, jugendliche Frische sind nicht die vorherrschenden Merkmale dieses Weins. Er hat mehr Körper, mehr Struktur und einen spürbaren Gerbstoff, was für Weißweine ungewöhnlich ist. Immerhin ist der Gerbstoff gut mit dem Wein verschmolzen, so dass er nicht pelzig schmeckt. Ungewöhnlich ist natürlich auch die bernsteingelbe Farbe, englisch amber. Deshalb ist sie auch Bestandteil des Namens.
Die Trauben beziehungsweise den Wein sich selbst überlassen
Ein normaler Weißwein will Chelti of Qvevri Amber gar nicht sein. Er ist ein Naturwein, bei dem der Winzer die Trauben beziehungsweise den werdenden Wein sich selbst überlassen hat, weitgehend jedenfalls. Keine zugesetzten Gärhefen, keine Schönung im Fass, keine Filtration vor der Flaschenfüllung und nur ganz, ganz wenig Schwefel. Überhaupt stellt der Herstellungsprozess alles auf den Kopf, was heute als Errungenschaft der modernen Önologie gilt und was, um im Mainstream-Jargon zu bleiben, heutige Weine so „lecker“ macht. Menschen, die leckere Weine suchen, werden vom Chelti of Qvevri Amber enttäuscht sein. Aber diejenigen, die das Unverfälschte lieben und sich auf das Abenteuer eines Weins einlassen, in dem alles drin ist, was die Natur den Trauben mitgegeben hat, die werden ihren Spaß mit diesem Wein haben.
Urtümliche Herstellungsmethode
Der Chelti of Qvevri Amber kommt aus Georgien. Georgien liegt im Kaukasus, und der Kaukasus gilt als Wiege des Weins überhaupt. Dort wurden schon knapp 6000 Jahre vor Christi Geburt Trauben gezielt vergoren und nach festen Regeln zu Wein gemacht. Dabei wurde nicht zwischen roten und weißen Trauben unterschieden. Die Trauben, egal welcher Farbe, wurden gekeltert und der Saft samt Schalen und Kernen in Tongefässe, sogenannte Qvevris, gefüllt. Dann wartete man, bis die Maische zu gären begann, und wenn nach drei oder sechs oder mehr Monaten keine Bläschen mehr aufstiegen, mithin aller Zucker vergoren war, holte man die Maische wieder aus den Qvevris raus, trennte Schalen und Kerne von der Flüssigkeit, füllte letztere in Krüge und feierte mit dem Wein rauschende Feste. Oder stillte einfach nur den Durst mit ihm.
Auf der Maische vergoren
Ein Teil der georgischen Weine wird noch heute nach dieser urtümlichen Methode hergestellt. Zwar vinifiziert man die roten und die weissen Trauben inzwischen getrennt. Aber letztlich werden die weissen genauso behandelt wie die roten, nämlich auf der Maische vergoren. Das ist der große Unterschied zu den modernen Weißweinen der westlichen Welt, bei denen nur der Saft vergoren wird. Da auch die Schalen der weißen Trauben Tannin enthalten (wenn auch sehr viel weniger als rote), enthält der Wein Gerbstoff, was bei modernen Weißweinbereitung strikt vermieden werden soll. Ausserdem bekommen maischevergorene Weißweine durch den langen Kontakt mit den Schalen ihre charakteristische Bernstein-Tönung mit den orangefarbenen Reflexen. Dieser Reflexe wegen nennt man Weißweine, die mittels Maischegärung erzeugt wurden, Orange-Weine.
Auch Amphorenweine genannt
Orange-Weine gibt es inzwischen fast überall auf der Welt. Sie müssen nicht zwangsläufig in Tongefässen vinifiziert worden sein, sind es aber in den meist Fällen. Form und Volumen des Tongefässes variieren. In Westeuropa hat das Tongefäss meist die Form einer Amphore, weshalb Weine, die darin gelegen haben, oft als „Amphorenweine“ bezeichnet werden. In Georgien haben die Qvevris die Form einer Zitrone. Die Gefäße werden in Georgien selbst hergestellt. Das Töpferhandwerk hat dort eine lange Tradition, und der georgische Ton ist der feinporigste der Welt. Damit ist er ideal zur Reifung von Weinen. Die erdigen Noten, die georgische Weine oft aufweisen, haben auch mit dem Ton zu tun, der ja nicht anderes als gebrannte Erde ist. Außerdem werden die Qvevris in Geogien traditionell in der Erde versenkt, während die Tongefässe in anderen Ländern meist in Holzgerüsten im Keller stehen.
Gegenentwurf zu den glatten Industrieweinen
Orange-Weine sind der Gegenentwurf zu den reintönigen, blitzsauberen und oft ein wenig uniformen Weißweinen, wie sie die Weinindustrie in der ganzen Welt produziert. Orange-Weine besitzen Ecken und Kanten, sind nie gradlinig, können manchmal auch etwas unrund sein – die Natur folgt ihren eigenen Gesetzen und nicht den Vorgaben der Marketingstrategen. Sie sind mehr oder weniger oxidativ angelegt, weil sie während der Verarbeitung in Kontakt mit Sauerstoff kommen. Für den Chelti of Qvevri Amber gilt das nicht. Die Qvevri, in denen er zwei Wochen lang gärt und danach noch sechs Monate auf der Maische ruht, sind luftdicht. Verschlossen werden sie mit Tonerde, und darauf befindet sich nochmals ein Verschluss, der aus Glas besteht. Der Wein hat also relativ wenig Kontakt mit Sauerstoff, kann also kaum oxidieren.
Orange-Wein – ein veganes Nischenprodukt
Er wird aus den Sorten Rkatsiteli und Kakhuri Mtsvane gewonnen, den typischen, autochthonen Kaukasus-Sorten. Durch die lange Ruhezeit auf der Maische ist der Wein sehr harmonisch mit gut integriertem Tannin und einer angenehmen Säure. Eine weitere Besonderheit ist, dass der Wein vollkommen vegan ist. Was viele nicht wissen ist, dass oftmals tierische Produkte, etwa Eiweiss, zur Klärung von Weinen eingesetzt werden – nicht so bei Chelti.
Ein Wein für Querdenker
Orange-Weine sind ein Nischenprodukt. Auch wenn sie inzwischen in vielen Ländern erzeugt werden, sind die Mengen gering. Doch immer mehr Menschen, die der standardisierten Massenware müde sind, finden Gefallen an diesen urwüchsigen, genuinen Weinen, die ohne große Eingriffe von außen entstehen. So wie die Nachfrage nach unbearbeiteten Lebensmitteln steigt, so steigt auch das Interesse an Orange-Weinen, auch wenn sie die Weinwelt teilweise auf den Kopf stellen. Sie verlangen vom Konsumenten, quer zu denken und sich auf etwas völlig Neues einzulassen.
Der Wein
2016 Chelti of Qvevri Amber, Chelti Estate Winery
Preis: 17,90 Euro
Bezug: www.wein-georgien.de
Danke für den guten Artikel. Hat mich in jeden Fall neugierig gemacht und werden den traditionellen georgischen Wein gleich bestellen.
Sehr geehrter Autor,
Grundsätzlich möchte ich meine Zweifel anbringen, dass es sich hier um Naturwein aus Georgien handelt. Sicherlich werden traditionelle georgische Methoden der Weinherstellung verwendet, jedoch bei über 80 Hektar Fläche ist es mit großer Sicherheit nicht bio bis biodynamisch behandelt. Außerdem gehe ich davon aus das hier zur Gärung Hefen eingesetzt werden und auch die Verwendung von nicht allzu geringen Mengen von Supfiten dem Wein beigesetzt werden.
Ich möchte darum bitten, um den Ruf von Naturwein nicht unnötig Schaden hinzuzufügen, besser zu recherchieren, bevor sie so einen Artikel veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Ein Kenner von Naturwein aus Georgien
Nach Rücksprache der Autorin mit dem Weingut können wir folgende Rückmeldung geben. 80 Hektar ist der gesamte Grund des Weinguts groß. Davon sind 50 Hektar reine Weinanbaufläche. Es werden keine Reinzuchthefen zur Gärung verwendet. Es werden sehr geringe Mengen an Sulfiten verwendet, was zur Herstellung von Naturweinen absolut im Rahmen ist. Daher können die Chelti-Weine auch absolut zur Kategorie Naturwein gezählt werden.